Die Deutschen stehen Homöopathie und auch der Naturheilkunde grundsätzlich eher positiv gegenüber. Das zeigt eine aktuelle Allensbach-Umfrage. Doch wollen sie auch, dass die Kassen dafür zahlen?

Homöopathie ist in Wissenschaftskreisen ein umstrittenes Thema. „Es gilt in der Bevölkerung aber als weitaus weniger kontrovers und aufgeladen als in der öffentlichen Diskussion“, sagt Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD). Dies zeige eine aktuelle IfD-Umfrage, die unserer Redaktion vorliegt und nun vorgestellt wurde.

 

Mit 60 Prozent hat die Mehrheit der Umfrage zufolge bereits persönlich Erfahrungen mit homöopathischen Mitteln gemacht. Die Wirksamkeit, die wissenschaftlich über den Placeboeffekt hinaus nicht nachgewiesen ist, wird jedoch differenziert betrachtet: 51 Prozent der Befragten halten sie teilweise für wirksam, 23 Prozent generell für erfolgreich und nur 14 Prozent für völlig unwirksam. Bei der Naturheilkunde sieht es bei den Werten ähnlich aus.

Mehrheit für Kassenerstattung

Das Vertrauen in die Homöopathie ist damit zwar etwas gesunken – im Jahr 2009 waren noch 32 Prozent ganz von der Wirksamkeit überzeugt und 45 Prozent zum Teil. Dennoch spricht sich mit 48 Prozent eine Mehrheit dafür aus, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Behandlungen weiter als Satzungsleistungen erstatten. 32 Prozent der Befragten sind unentschieden, 20 Prozent gegen eine Kostenübernahme.

Als Satzungsleistungen werden Erstattungen bezeichnet, die Krankenkassen freiwillig zu den gesetzlich festgeschriebenen Leistungen gewähren können. Da die Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist, fordern Verfechter der evidenzbasierten Medizin, dass die Kosten künftig von den Patienten selbst getragen werden müssen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im Oktober 2022 angekündigt, zu prüfen, ob die Homöopathie als Satzungsleistung gestrichen werden kann. „Die Prüfung dauert an“, heißt es dazu auf Anfrage unserer Redaktion aus dem Ministerium.

Wen spricht Homöopathie an?

Mit seinem Vorhaben könnte Lauterbach aber auf Widerstand stoßen, in seiner eigenen Partei, vor allem aber bei den Wählerinnen und Wählern. Denn die meisten Deutschen bewerten naturheilkundliche Ansätze insgesamt als Ergänzung zur Schulmedizin – und nicht als Konkurrenz. Auch für die Homöopathie sehen nur fünf Prozent der 1046 Befragten ab 16 Jahren keinen Platz in der modernen Medizin.

Da die Kassen für homöopathische Arzneimittel zudem im Jahr 2020 nur etwa 6,7 Millionen Euro ausgegeben haben, was mit 0,03 Prozent einem Bruchteil an den Gesamtkosten von 47 Milliarden Euro entspricht, wird das Thema nicht nur in der SPD, sondern parteiübergreifend als wenig dringlich eingestuft.

Doch wer vertraut der alternativen Medizin am meisten? Vor allem Frauen sind von der Naturheilkunde generell und der Homöopathie im Besonderen überzeugt. In der Allensbach-Umfrage gaben 69 Prozent an, schon derartige Mittel eingenommen zu haben, bei den Männern sind es nur 50 Prozent. 30 Prozent der Frauen haben keinen Zweifel an der Wirksamkeit, bei den Männern sind es nur 14 Prozent. Von den Verwendern homöopathischer Arzneimittel sagen 41 Prozent der Frauen, sie habe ihnen geholfen und 42 Prozent, sie habe „nicht immer“ geholfen. Bei den Männern sind es 28 beziehungsweise 46 Prozent.

Unterschiede in West und Ost

Unterschiede gibt es laut der Umfrage auch in den Bundesländern: 63 Prozent der Bevölkerung im Westen haben bereits selbst homöopathische Mittel genommen, im Osten sind es nur 44 Prozent. Zudem greifen nach Angaben der IfD-Geschäftsführerin Renate Köcher in Schichten mit „höherem sozioökonomischem Status“ 65 Prozent zur Homöopathie, in den schwächeren Schichten sind es 47 Prozent. „Was wohl auch damit zu tun hat, dass man einen Großteil selbst zahlen muss“, so Köcher.

Es gibt auch Vorbehalte

Obwohl die Homöopathie laut der Umfrage grundsätzlich eher ein positives Image hat, gibt es auch Vorbehalte. So sagen 66 Prozent, dass es in der Branche „viele Pfuscher und Scharlatane“ unterwegs sind, „die die Ängste der Kranken ausnutzen“. 51 Prozent sind davon überzeugt, dass die Methoden bei schweren Krankheiten nicht helfen, und 40 Prozent halten die klassische Medizin durch nichts ersetzbar.

Andererseits finden 63 Prozent, dass sowohl Verfahren wie Heilmittel der sogenannten alternativen Medizin „sanfter“ sind und somit weniger Nebenwirkungen haben. Knapp die Hälfte der Befragten, nämlich 48 Prozent, bewertet es als positiv, dass „der ganze Mensch gesehen wird, nicht nur die Krankheit“.

Das Thema polarisiert

Ein Kernproblem ist dennoch, dass zur Wirksamkeit homöopathischer Mittel der wissenschaftliche Nachweis fehlt – auch wenn das die Befürworter anders sehen. In Deutschland gibt es Heilpraktiker, die sich auf verschiedenste Naturheilverfahren und auch die Homöopathie spezialisiert haben. Aber auch Ärzte können sich im Fach Homöopathie weiterbilden lassen. Allerdings haben zwölf von 17 Landesärztekammern diesen Zweig inzwischen wegen fehlender Wissenschaftlichkeit aus ihrer Weiterbildungsordnung gestrichen.

Was ist Homöopathie?

Ansatz
Die Homöopathie ist eine Behandlungsmethode aus dem Bereich der Alternativmedizin. Grundsätzlich wird der Mensch dabei als ein ganzheitliches System gesehen, das bei einer Erkrankung im Ungleichgewicht ist. Sie stellt den Patienten und seine individuellen Bedürfnisse in den Mittelpunkt.

Mittel
Bei den Behandlungen kommen unter anderem extrem verdünnte Stoffe zum Einsatz, die etwa in Form von Kügelchen, so genannten Globuli, oder als Tropfen verabreicht werden.

Wirksamkeit
Die Frage, ob homöopathische Mittel wirken, wird schon immer sehr kontrovers diskutiert. Bisher gibt es aber keine wissenschaftlichen Studien, die die Wirkung über den Placeboeffekt hinaus nachweisen. Vom Placeboeffekt spricht man, wenn nach der Verabreichung eines Medikaments oder der Anwendung einer Therapie eine erwünschte Reaktion erfolgt, die jedoch nicht auf im Mittel enthaltene Wirkstoffe oder ein Wirkprinzip der Therapie zurückgeht.