Probleme mit dem Autoverkehr gibt es fast überall im dicht besiedelten Landkreis Ludwigsburg. Die möglichen Lösungen sind aber nicht in jedem Ort unstrittig. In Vaihingen/Enz ist eine Umfahrung sogar Wahlkampfthema.

Ludwigsburg - Dass der dicht besiedelte Landkreis Ludwigsburg ein Problem mit dem Individualverkehr hat, merkt jeder, der hier zu Stoßzeiten mit dem Auto, beispielsweise zwischen Ludwigsburg und Bietigheim-Bissingen unterwegs ist. Vor allem die B 27 und die B 10 sind – neben der Autobahn 81 – Hauptverkehrsadern des Landkreises. Zehntausende Fahrzeuge brettern hier täglich entlang, Tendenz steigend. Auch wenn die Kommunalwahl hierbei wenig ändern kann – Baulastträger für die Bundesstraßen ist nämlich der Bund – so ist das Thema Autoverkehr doch ein Thema in jenen Kommunen, die besonders stark von ihm betroffen sind.

 

B-10-Umfahrung Enzweihingen

Enzweihingen ist ein 3800 Einwohner zählender Stadtteil der Großen Kreisstadt Vaihingen/Enz. Täglich brettern hier bis zu 28 000 Autos durch. Seit knapp 40 Jahren warten die Einwohner auf eine Ortsumfahrung der Bundesstraße. 2013 gab es eine Bürgerbefragung, bei der sich die überwältigende Mehrheit der Enzweihinger für eine Umgehungsstraße aussprachen. Der Alternativplan, einen Tunnel durch den Ort zu bauen, war schon vorher in der Schublade verschwunden. Im kommenden Jahr könnte endlich der Bau der Umgehungsstraße beginnen, die Frist für Stellungnahmen zum Planfeststellungsverfahren lief im September 2017 aus. Doch in diesem Frühling kam wieder Schwung in die Sache: Diverse Umweltverbände, darunter Nabu und Bund, sowie die Schutzgemeinschaft Mittleres Enztal sprechen sich gegen die aktuellen Pläne einer Umfahrung inklusive „Monsterkreuzung“ mit Viadukt übers Enztal aus und wollen stattdessen einen Tunnel. Die Fraktionen des Vaihinger Gemeinderats halten das Thema für erledigt, seit sie 2017 beschlossen haben, das Planfeststellungsverfahren einzuleiten. Doch nun tritt eine weitere Liste zur Wahl an, die das in Frage stellt: „Bürger bewegen Vaihingen“ ist gegen die Umfahrung und fordert einen großen Tunnel, die „umweltverträglichste Lösung“, wie ihr Mitglied Michael Braun sagt. Die Wählervereinigung ging aus dem Protest gegen Neubaupläne der Stadt hervor, der in einem erfolgreichen Bürgerentscheid mündete.

B-27-Umfahrung Kirchheim

Weniger umstritten, dafür ebenso dringlich ist die Lage in Kirchheim am Neckar. Hier kämpfen Bürger und Stadträte seit Jahren für eine Umfahrungsstrecke der B 27. 20 000 Fahrzeuge pro Tag kommen hier durch. Februar 2018 starb eine alte Frau, als sie beim Versuch, die Straße zu überqueren, von einem Kleinlaster erfasst wurde. Daraufhin gründete sich die Bürgerinitiative „B 27 raus aus Kirchheim“. Ihr Vorsitzender Rolf Riecker erklärt das Problem: „Wir sind am Rande des Landkreises, uns hat niemand richtig auf dem Schirm, man fährt halt einfach durch.“ Noch sei die Umfahrung im Bundesverkehrswegeplan ganz weit hinten angesiedelt. Das will die Initiative durch öffentlichen Druck ändern. Die Landtags- und Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises sind schon da gewesen, auch der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Steffen Bilger (CDU) hat sich ein Bild von der Lage gemacht. Riecker ist sich sicher: „Wenn wir die Trasse bekommen, ist unser Ort wieder lebensfähig.“ Mit einer eigenen Liste für die Kommunalwahl antreten muss die Bürgerinitiave nicht: die Umgehungsstraße wird von allen Gruppierungen im Gemeinderat gefordert.

Westrandbrücke Remseck

Noch einen anderen Weg geht die Stadt Remseck am Neckar. Sie lässt die Bürger über ein großes Verkehrsprojekt entscheiden – und trägt so die Diskussion aus dem Gemeinderat hinaus. Im Frühjahr 2020 sollen die Bürger entscheiden, ob die umstrittene Westrandbrücke kommen soll oder nicht. Die 140 Meter lange Brücke über den Neckar soll Entlastung bringen für die wichtige Verbindung zwischen dem Kreis Ludwigsburg und dem Rems-Murr-Kreis. Bis zu 40 000 Autos täglich sollen hier einmal fahren. Kritiker der örtlichen Bürgerinitiative „Wir für morgen“ sehen in dem Bauwerk, das sie gerne auch „Monsterbrücke“ nennen, eine Art Ersatz-Nordostring. Die Diskussion über dieses Verkehrsprojekt wiederum entzweit bereits seit Jahrzehnten die Gemüter in der Region Stuttgart.