Bei seinem erstmaligen Auftritt in der Fellbacher Lutherkirche hat das Heeresmusikkorps Ulm rund 430 Zuhörer begeistert. Kritische Stimmen wegen der Veranstaltung gab es im Vorfeld wie beim Konzert am Montag – nicht nur vor der Kirchentür.

Fellbach - Ein knappes Dutzend Demonstranten hat sich unter die 430 Konzertbesucher in der Lutherkirche gemischt. Als der Kommandeur des Landeskommandos Baden-Württemberg, Oberst Christian Walkling, am Montagabend seinen Spendenaufruf startet, setzen von der Empore Protestrufe gegen den Auftritt des Heeresmusikkorps Ulm ein. „Ich bitte Sie und fordere Sie auf, die Kirche zu verlassen“, sagt der Pfarrer Eberhard Steinestel, der im Gegensatz zur Bundeswehr das Hausrecht hat. Wie aus Polizeikreisen verlautet, könnte den Protestierern noch ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruch oder Nötigung drohen.

 

Friedlicher Verlauf der Demonstration

Bereits gut eine Stunde vor dem Beginn des Adventskonzerts hatten sich 30 bis 50 Gegendemonstranten an der Südostecke der Lutherkirche um einen Infostand zu einer Kundgebung versammelt. Einige von ihnen hatten zeitweise den ihnen zugewiesenen Platz verlassen und waren vor den Kircheneingang gezogen. Ob auf auf den Veranstalter Thomas Haschke deswegen ein Verfahren wegen dieser Ordnungswidrigkeit zukommt „prüfen wir noch“, sagt Fellbachs Ordnungsamtsleiter Peter Bigalk, der ebenso wie die lokale Polizei von einem friedlichen Verlauf der Demonstration sprach.

Aufgerufen dazu hatte ein Bündnis mehrerer Gruppen, darunter die Linkspartei, die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Unter den Teilnehmern waren der Stadtrat Karl Würz (Grüne) und seine ehemaligen Kollegen Christian Hinrichsen (F2- für Fellbach) und Michael Vonau (Grüne).

Die Bundeswehr hat indes die Intention, sich mehr zu präsentieren

Dieter Keller, 79, der Vorsitzende des DGB-Ortsverbands Fellbach, war dabei, „weil wir als DGB kein Verständnis dafür haben, dass eine Militärkapelle in der Kirche spielt“. Er bezweifelte angesichts des milliardenschweren Verteidigungshaushalts gleichzeitig den Charakter der Veranstaltung als Benefizkonzert.

In die gleiche Kerbe schlug Thomas Haschke von der Stuttgarter Ortsgruppe der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen. „Wir haben die Bundeswehr aus Stuttgart und Cannstatt vertrieben, und es wird uns auch in Fellbach gelingen“, sagte der 46-Jährige in Anspielung auf die vergangenen drei ebenfalls vom Landeskommando Baden-Württemberg veranstalteten Adventskonzerte.

Die Bundeswehr hat indes die Intention, sich mehr zu präsentieren. Während bis vor wenigen Jahren die zweimal pro Jahr stattfindenden Benefizkonzerte in der Theodor-Heuss-Kaserne lediglich vor geladenen Gästen stattfanden, strebt die Bundeswehr nunmehr mit dem Adventskonzert in die breite Öffentlichkeit. Im Zuge dessen haben sich die Spendenerlöse stark erhöht. Beim erstmals in der Lutherkirche stattfindenden Konzert wurden exakt 3851,47 Euro eingenommen. „Das ist ein Rekord für das Landeskommando Baden-Württemberg“, sagt der Stabsfeldwebel Frank Dittrich von der Pressestelle des Verbands. Jeweils hälftig wird davon die evangelische Kirchengemeinde und das Soldatenhilfswerk profitieren.

Die rund 50 Berufsmusiker beherrschen ihr Handwerk

Abgesehen von der kurzen Störung zu Beginn verlief das Konzert in überaus harmonischer Stimmung. Der neue Leiter und Dirigent der Profimusiker in Uniform, Hauptmann Dominik Koch, hatte zur Premiere seines Adventsprogramms einen bunten Strauß an Melodien mit mehr oder weniger weihnachtlichem Bezug gepflückt. Zwischendurch rezitierte der in Fellbach als ehemaliger Leiter des Bundesstützpunkts für Rhythmische Sportgymnastik bekannte Stabsfeldwebel und Querflötist Thomas Schütte besinnliche Geschichten und ein heiteres Gedicht. Nach „Amazing Grace“ und dem aus der Wagner-Oper „Lohengrin“ stammenden „Elsas Zug zum Münster“ gab es in der Kirche gar Bravorufe aus dem gebannt lauschenden Publikum. Dass die rund 50 Berufsmusiker ihr Handwerk beherrschen und ihr Repertoire nicht auf Marschmusik beschränkt ist, wurde schon beim einleitenden Stück „Tochter Zion“ von Georg Friedrich Händel deutlich. Nicht oft dürfte in Fellbach eine solche musikalische Kraft und Qualität zu hören sein. Das Publikum dankte es vor dem zum Abschluss gemeinsam gesungenen „Macht hoch die Tür“ mit Ovationen im Stehen.