Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Womöglich – und das bereitet Michl und seinen Mitstreitern nicht wenig Sorge – wird die Haltung des Landes aber auch gar nicht mehr so entscheidend sein. Denn in langwierigen Verhandlungen hat der Bund den Ländern die Schaffung einer Bundesfernstraßengesellschaft abgetrotzt. Die Behörde würde die Planung und den Bau von Straßen von überregionaler Bedeutung erledigen. „Wenn der Planer in Berlin sitzt, spielen lokale Betroffenheiten vielleicht keine so große Rolle mehr“, fasst Michl seine Befürchtungen zusammen. Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag heißt es: „Das Land schafft seinerseits bei Planung und Bau die Voraussetzungen, die Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplans in seiner Laufzeit umzusetzen.“ Und in diesem Bundesverkehrswegeplan steht der Nord-Ost-Ring nun eben drin – wenn auch nicht in der höchsten Priorisierung.

 

90 Mitglieder hat die von Joseph Michl vertretene Arge Nord-Ost, viele davon sind Vereine oder Verbände, darunter auch der Bürgerverein Mühlhausen. Dessen Vorsitzender Heinz Morhard erinnert an den fast vier Jahrzehnte währende Kampf seines Vereins gegen den Nord-Ost-Ring. Ebenfalls mit ihm in der Arge ist der Bürgerverein Kornwestheim – und nimmt dabei dieselbe Haltung ein wie die Rathaus-Mehrheit der Stadt im Landkreis Ludwigsburg. Fellbach und Stuttgart lehnen das Vorhaben ebenfalls ab. Der Planungsausschuss der Region Stuttgart hat hingegen Ende Januar beschlossen, der Ausweitung eines Landschaftsschutzgebiets bei Hegnach und Oeffingen nicht zuzustimmen – die Erweiterung würde auch die Trasse des Nord-Ost-Rings umfassen.

Auch die Neubaubefürworter sortieren sich

Die politische Gemengelage ist also nicht ganz einfach. Das Vorhaben hat dennoch auch außerhalb von politischen Gremien Anhänger – und die organisieren sich mittlerweile. „Es kann ja nicht sein, dass immer nur die Argumente der Arge in der Öffentlichkeit diskutiert werden“, sagt Dieter Schreiner, Sprecher des Vereins Wir für morgen, Untertitel Initiative Pro Nord-Ost-Ring. Den Vereinsstatus hat die noch junge Gruppierung aus Remseck am Neckar seit September 2016. Aktuell stehen knapp 70 Namen in der Mitgliederliste.

Schreiner steht mit Otto Sudrow in der Nähe der Sportanlagen des TV Oeffingen. Der Blick geht Richtung Nordwesten. Aus dieser Richtung käme die Trasse des Nord-Ost-Rings aus dem Neckartal wieder heraufgeklettert, nachdem sie den Fluss überquert hat. Die beiden Männer bekennen, „sehr überrascht“ gewesen zu sein, als die Entscheidung gefallen war, das Projekt im Bundesverkehrswegeplan wieder mit dem Zusatz „mit Planungsrecht“ zu versehen. Dass diese Planungen womöglich künftig von einer Bundesfernstraßengesellschaft vorangetrieben werden könnten, sehen Schreiner und Sudrow als Vorteil. „Dann herrscht da vielleicht mehr Objektivität“, sagt Schreiner.