Zigarettenfilter werden meist achtlos weggeworfen. Dabei sind sie hochgiftig und eine Hauptquelle für die Verschmutzung von Gewässern. Bundesumweltministerin Svenja Schulze will die Tabakindustrie künftig für die Beseitigung weggeworfener Kippen zur Kasse bitten.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Berlin/Stuttgart - Bundesumweltministerin Svenja Schulze will die Tabakindustrie an den Kosten für Reinigungsarbeiten von weggeworfenen Zigaretten beteiligen. „Wer Wegwerfartikel wie Zigaretten herstellt, wird künftig mehr Verantwortung für den Müll übernehmen müssen“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. So könnte die Zigarettenindustrie zum Beispiel an den Kosten für die Reinigung von Stränden oder Parks beteiligt werden.

 

Drastische Mittel gegen Wegwerf-Wahn gefordert

Das Europaparlament hatte dem Bericht zufolge zuerst eine Kostenbeteiligung der Tabakbranche als verschärfende Maßnahme zur geplanten Einweg-Plastik-Richtlinie gefordert. Über die Richtlinie diskutieren an diesem Dienstag (18. Dezember) die EU-Kommission, das Europaparlament und der Ministerrat.

Schulze erklärte, sie hoffe, dass „noch in diesem Jahr ein europaweites Verbot von überflüssigem Einweg-Plastik auf den Weg“ gebracht werde. Dabei sei Europa nicht alleine gefordert. Stattdessen müsse man „weltweit zu drastischeren Mitteln greifen als bisher“.

750 000 Tonnen weggeworfene Kippen weltweit

Zigarettenkippen sind der häufigste Müll in der Landschaft. In Deutschland gibt es rund 22 Millionen Raucher. Einer aktuellen Studie des Instituts für Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement der Justus-Liebig-Universität Gießen zufolge werden jährlich weltweit 5,6 Billionen Zigaretten geraucht und etwa 4,5 Billionen davon unsachgemäß entsorgt. Das summiert sich zu einem gigantischen Müllberg, der rund 750 000 Tonnen wiegt.

In der Untersuchung „Tobacco and its environmental impact“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) heißt es, dass Zigarettenfilter durchschnittlich 30 bis 40 Prozent des Gesamtmülls ausmachen, der in Städten und an Stränden vom Boden gesammelt wird. In manchen Großstädten machen Zigarettenstummel sogar bis zu 60 Prozent des weggeworfenen Mülls aus.

Giftcocktail in den Stummeln

Zigarettenstummel bestehen größtenteils aus einem Filter aus Kunststoff. Das Material aus Cellulose-Acetat ist mit Chemikalien angereichert und zersetzt sich nach zehn bis 15 Jahren. In den Stummeln sammeln sich allerdings bis zu 7000 verschiedene Giftstoffe, mehr als 50 davon sind krebserregend.

Neben Nikotin sind dies Arsen und Schwermetalle wie Blei, Kupfer, Chrom und Cadmium wie Thomas Novotny, Professor der Division of Epidemiology and Biostatistics an der San Diego State University, in einer Studie nachgewiesen hat. Die Filter können außerdem bis zu 50 Prozents des im Zigarettenrauch enthaltenen Teers zurückhalten.

Eine Kippe verseucht 40 Liter Grundwasser

Belastet werden vor allem Gewässer und das Grundwasser. Aus einem Stummel können knapp zwei Milligramm Nikotin in Böden und Gewässer gespült werden.

Laut Novotny verseucht ein Zigarettenstummel ungefähr 40 Liter Grundwasser. Bereits ein Zigarettenstummel pro Liter Wasser reicht aus, um die Hälfte der darin schwimmenden Fische zu töten.

Strafen für Umweltsünder

Wer Zigarettenstummel wegwirft – und dabei erwischt wird –, muss in Deutschland ein Bußgeld von bis zu 55 Euro zahlen. In Stuttgart werden 20 Euro Bußgeld zuzüglich Verwaltungsgebühren fällig.

In München sind es sogar 55 Euro plus einer schriftlichen Verwarnung mit einem Verwarnungsgeld, das bei Wiederholungstätern bis zu 1000 Euro hoch sein kann.