Der 35-jährige Andreas Henrich hat bereits vor einigen Monaten in Fellbach seine 50-Prozent-Stelle angetreten. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist der kommunale Wärmeplan.

Es gibt eine Grünstrategie und einen Schwammstadt-Ansatz, Blumenwieseninitiativen und Grundwasseranalysen, Luftschneisenkonzepte und Biodiversitätsstärkungen, Dachbegrünungsideen und Regenwasserauffangbecken. All diese Ideen gehören in den meisten Kommunalverwaltungen längst zum täglichen Brot. Doch die in einer Person gebündelte Expertise zu diesen Teilbereichen kann nicht schaden – weshalb im Rems-Murr-Kreis zahlreiche Städte und Gemeinden mittlerweile auf einen Klimamanager oder eine Klimamanagerin setzen. Sicher kein Fehler in einer Zeit, in der am Reformationstag Temperaturen fast wie im Hochsommer herrschen.

 

Auch in der Stadt am Fuße des Kappelbergs ist dies ein Schwerpunktthema. Und so stellte Oberbürgermeisterin Gabriele Zull jetzt unter der Überschrift „Klimafreundliches Fellbach“ mit Andreas Henrich den neuen Klimamanager vor. Mit ihm habe man eine „kompetente Fachkraft“ an Land ziehen können, dies sei ein „Glücksfall“, sagte Zull.

Bereits als Kind eine eigene Wetterstation

Denn der in Esslingen aufgewachsene 35-Jährige hatte nicht nur bereits als Kind eine eigene Wetterstation. Vielmehr hat er an der Universität Hohenheim den interdisziplinären, englischsprachigen Studiengang Earth and Climate System Science, also Erd- und Klimasystemwissenschaft, absolviert. Während die Fellbacher Stadträtin Simone Lebherz, die ganz aktuell ihre Stelle als Backnanger Klimamanagerin antritt, recht häufig mit ihrem neuen E-Bike in die Murr-Metropole strampeln möchte, bevorzugt Henrich für seinen Weg vom Heimatort Esslingen nach Fellbach die Variante des öffentlichen Nahverkehrs – also S-Bahn nach Cannstatt und von dort mit der Stadtbahn direkt vors Rathaus.

Arbeiten in der „Gärtnerstadt“ Fellbach

Henrichs Aufgabe wird es nicht nur sein, dass er beim Klimaschutz „mahnend den Zeigefinger hebt“, wie es sein direkter Chef, Stadtplaner Christian Plöhn, umschreibt. Vielmehr bearbeitet der Klimamanager parallel auch den neuen kommunalen Wärmeplan. Denn ganz grundsätzlich hat das Thema eine besondere „Dringlichkeit“, wie die Oberbürgermeisterin es ausdrückt – gerade in einer Gärtnerstadt wie Fellbach, mit den vielen Wengertern und Obstbauern, „die sehen ja genau, was da draußen los ist“. Wobei ihrer Einschätzung nach Fellbach durchaus schon einiges auf den Weg gebracht hat, erklärt Zull mit dem Blick auf das Areal südlich der Schmidener Siemensstraße, wo in den kommenden Jahren ein „grünes Gewerbegebiet par excellence“ entstehe. Auch soll es etwa bei Sporthallen „nicht nur darum gehen, dass wir die Dächer flicken, sondern wir wollen das grundsätzlich behandeln“.

Wichtigste Unterstützerin sind dabei die Stadtwerke Fellbach als „verlängerte Werkbank“ der Stadt, wie deren Geschäftsführer Gerhard Ammon es umschreibt. Ammon wird gelegentlich als „Macher bei der Energiewende“ in Fellbach bezeichnet und ist verantwortlich für das auch von OB Zull hochgelobte Projekt Neubaugebiet Wiesenäcker, bei dem das Abwasser in Richtung Kläranlage für die Wärmeversorgung genutzt wird.

Ernteausfall, Dürre, Niedrigwasser

Öffentlichkeitswirksam werden solche Ziele natürlich auch durch besonders auffällige Aktionen – wie es seit einigen Wochen Spaziergänger am Feldweg zwischen der Esslinger Straße und dem Stadtteil Lindle auf der Rückseite der Gärtnerei Welz nicht übersehen können. Als Teil des Fellbacher Beitrags zur Internationalen Bauausstellung (IBA 27) in der Stadtregion Stuttgart ist dort unter der Überschrift „Stadt, Feld, Bach“ die Installation „Der Weg ist das Ziel“ errichtet worden. Themen wie Ernteausfall, Dürre, Niedrigwasser betreffen auch die Landwirtschaft. Die Straßenschildskulptur will dabei die möglichen Konflikte etwa zwischen Traktoren auf der einen Seite und Radlern oder Spaziergängern auf der anderen Seite künstlerisch aufgreifen – als Denkanstoß, dass die Folgen klimatischer Veränderungen uns alle betreffen.