Beim Kaffee sind Einwegbecher längst in Verruf geraten und werden mehr und mehr durch umweltfreundlichere Alternativen ersetzt. Doch beim Straßeneisverkauf auf den Fildern ist das Plastik- oder Pappgefäß nach wie vor salonfähig.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Filder - So schmeckt der Sommer, auch wenn er in diesem Jahr etwas kühler war. Doch Eis gehört einfach dazu. Und wenn es mal schnell gehen muss, dann eben einfach auf die Hand. To go – zum Mitnehmen – heißt das auf Neudeutsch. Traditionell will der Eisverkäufer dann wissen: „Im Becher oder in der Waffel?“

 

In Zeiten, in denen alle Welt über Klimaschutz und Müllvermeidung spricht, wird das zur Gretchenfrage. Nicht jeder mag Waffel, manche bevorzugen den unverfälschten Eisgeschmack. Und kleine Kinder tun sich mit den Hörnchen oft schwer, halten es schief, und das Eis landet wahlweise auf dem T-Shirt oder dem Boden. Andererseits verursacht eine Waffel keinen Müll. Die Becher und die kleinen Eisspatel gibt es in verschiedenen Varianten. Von 100 Prozent Plastik bis hin zu 100 Prozent biologisch abbaubar – so zumindest die Versprechen der Hersteller.

Beim Verkauf von Lebensmitteln entsteht viel Müll

Carmine Napolitano, der Junior-Chef des Eiscafés Fantasia am Vaihinger Markt, setzt seit dieser Saison, wenn es um Eisbecher geht, auf Schalen und Löffel aus Maisstärke. Diese sehen aus, als wären sie aus Plastik. Sie lösen sich aber auf, wenn sie lange genug in heißem Wasser liegen. Im Straßenverkauf gibt es bei ihm neben der klassischen Waffel unbeschichtete Pappbecher.

Auch in anderen Eisdielen wird die Müllvermeidung mehr und mehr zum Thema. Der studierte Agraringenieur Sebastian Kern hat vor einigen Monaten seine Eiswerkstatt in Degerloch eröffnet. Bei der Herstellung seiner Leckereien setzt er auf eigene Rezepte und qualitativ hochwertige Zutaten. Das Eis im Straßenverkauf gibt es bei ihm in der Waffel und im Becher. „Wir versuchen alles, um den Müll zu reduzieren. Aber bisher sind wir noch nicht da, wo wir gerne hin wollen“, räumt Kern ein. Er habe früher mal in einem großen Supermarkt gearbeitet und sei dort für das Thema Verpackungen zuständig gewesen. „Daher weiß ich aus eigener Erfahrung, welche Unmengen an Müll beim Verkauf von Lebensmitteln entstehen“, sagt der junge Unternehmer.

Auf Becher und Löffel zu verzichten, ist schwierig

Wer bei ihm ein Eis zum Mitnehmen im Becher möchte, bekommt bisher ein Modell aus Pappe, das Innen beschichtet ist. Diese wolle er aber demnächst durch eine umweltfreundlichere Alternative ersetzen. Kerns Eisspatel sind schon jetzt aus einem biologisch abbaubaren Material aus Maisstärke oder aus Holz. Da könne der Kunde entscheiden. Kern hat auch von einem Start-up-Unternehmen an der Uni Hohenheim gehört, das essbare Eisspatel produziert. „Bisher habe ich mich aber da noch nicht dran gewagt“, gibt er zu. Und eine Eisdiele im Stuttgarter Osten biete einen kleinen Metalllöffel an, den der Kunde dauerhaft als Anhänger an seinem Schlüsselbund befestigen kann, weiß Kern und ergänzt: „Das ist eigentlich eine ziemlich coole Idee.“

Ganz auf Becher und Löffel verzichten, das kann sich der Degerlocher Eishersteller nicht vorstellen. Damit würde er wahrscheinlich viele Kunden vergraulen, befürchtet er. „Viele haben nach wie vor keine Skrupel, einen Becher aus Pappe oder auch Plastik zu nehmen“, sagt er. In manchen Eisdielen zahlen Kunden sogar einen Aufpreis für Pappbecher und Plastiklöffel, um dem Umweltbewusstsein ein wenig auf die Sprünge zu helfen. „So etwas könnte ich mir vielleicht vorstellen“, sagt Sebastian Kern. Aber auch ganz ohne erzieherische Maßnahme merke er beim Straßeneisverkauf immer häufiger, dass das Umweltbewusstsein der Menschen auf den Fildern steige. „Manche entscheiden sich explizit für die Waffel mit dem Hinweis, dass sie nicht noch mehr Müll produzieren wollen.“ Die Sache hat allerdings einen kleinen Haken. Denn auch das Hörnchen wird mit einer Serviette umwickelt. Aus Hygienegründen, denn die Eisverkäufer kassieren auch das Geld und können nicht ständig Handschuhe an- und ausziehen.

Einweg-Eisbecher sind Teil des dualen Systems

Dass das Umweltbewusstsein der Eiskäufer steige und sie deshalb häufiger Waffeln nehmen, kann Ioannis Tsiloglanidis nicht bestätigen. Er ist der Inhaber des Eiscafés Zuckerschlecken an der Adolf-Murthum-Straße in Echterdingen und verkauft seine süßen Portionen in der Waffel, im beschichten Pappbecher und im Plastikbecher mit Plastiklöffel. Die Entscheidung seiner Kunden, ob Hörnchen oder Gefäß habe in der Regel nichts mit Umweltschutz zu tun, so Tsiloglanidis. Viel mehr würden zum Beispiel Eltern ihren Kindern hauptsächlich Becher geben, damit diese nicht rumkleckern.

Aus ökologischen Gründen einen Aufpreis für die Becher zu verlangen, kann sich der Echterdinger Eisverkäufer nicht vorstellen. „Ich bezweifel, dass dies beim Kunden positiv aufgenommen wird“, sagt er. Tsiloglanidis weist auch darauf hin, dass er als Unternehmer an den Kosten für den Müll beteiligt wird. Denn Einweg-Eisbecher sind Teil des dualen Systems. Und das heißt, dass die Unternehmen, die Verpackungen in Umlauf bringen, an den Kosten für deren Verwertung beteiligt sind. In der Praxis bedeutet das, dass Händler dokumentieren müssen, was sie an Verpackungen verkaufen. Dafür zahlen sie eine Gebühr.

Tsiloglanidis betont, dass es vor seiner Eisdiele ausreichend Mülleimer gebe, sodass nur ein geringer Anteil der Becher und Löffel woanders entsorgt werde. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass ein Großteil der Verpackungen tatsächlich wiederverwertet werden könnte.