Die EU-Kommission schwächt ihre Pläne. Die Autoindustrie stellt angesichts des Ausbaus der E-Mobilität den Sinn der Norm infrage.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Die Autoindustrie hat mit einigem Bangen auf die Brüsseler Entscheidung gewartet. Nun ist der Entwurf der EU-Kommission über die neue Euro-7-Abgasnorm öffentlich geworden, und die Autobauer können zumindest etwas aufatmen. Denn die geplante Regelung zur Begrenzung von gesundheitsschädlichen Stoffen wie Stickoxide und Feinstaub wird an manchen Stellen sogar entschärft.

 

Als Grund für diesen Schritt führt die Brüsseler Behörde unter anderem die aktuelle geopolitische und wirtschaftliche Lage in Europa an, die die Kosten für Energie und Rohstoffe steil nach oben getrieben hat. Massive Kritik an dem Papier kommt von den Umweltverbänden, sie halten die in ihren Augen schon zu laschen Vorgaben für noch weiter verwässert. „Die Profite der Hersteller haben Vorrang vor der Gesundheit von Millionen von Europäern“, schreibt der Verband Transport & Environment. Nach dem Willen der Brüsseler Behörde soll die geplante Abgasnorm Euro 7 einige zusätzliche Kategorien erhalten. Demnach ist etwa die Kategorie Euro 7+ für Autos vorgesehen, deren Batterie mindestens zehn Prozent länger hält als gesetzlich vorgegeben. Besondere Regelungen soll es auch für Hybridautos geben, die in Umweltzonen automatisch in den elektrischen Null-Emissions-Modus umschalten. Oder auch für Fahrzeuge mit flexiblem Abgasreinigungssystem, um etwa in Umweltzonen den Ausstoß zu senken.

Keine Entwarnung bei der Automobilindustrie

Völlige Entwarnung gibt es für die Autoindustrie allerdings nicht. So plant Brüssel etwa, Testverfahren zu verschärfen und Messtoleranzen zu verringern. Für Diskussionsstoff sorgt auch, dass sich die EU-Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren das Recht verschaffen will, Grenzwerte per „delegierten Rechtsakt“ anzupassen. Das heißt, dass das Europaparlament und die EU-Mitgliedstaaten kein Mitspracherecht hätten. Kritiker befürchten einen Blankoscheck für die Brüsseler Behörde, um die Normen nachträglich doch noch zu verschärfen. Offiziell vorstellen will die Kommission ihre Vorschläge zur Überarbeitung der Schadstoffklassen von Autos und Lkw am 9. November. Die Fahrzeugbauer haben immer wieder versucht, die Einführung der neuen Euro-7-Norm zu verhindern. Nachdem die EU inzwischen das Aus für den Verbrennermotor im Jahr 2035 beschlossen hat und alle Unternehmen mit Hochdruck an alternativen Antrieben arbeiten, ist ihre Kritik noch lauter geworden.

Kritik von Daimler an der geplanten Euro-Norm

Till Oberwörder, Chef von Daimler Buses, fand dazu jüngst auf einer Lkw-Messe in Brüssel klare Worte: „Wir werden im City-Segment nicht in Euro 7 investieren.“ Ziel sei es, die Stadtbusse ab 2030 nur noch mit Elektroantrieben auszustatten. Er hält es aus diesem Grund nicht für sinnvoll, jetzt noch Geld und Energie in den Versuch zu investieren, mit einer neuen Norm den Schadstoffausstoß etwas zu verringern. „Man muss eine klare Entscheidung fällen und dann konsequent investieren“, erklärte der Daimler-Manager. Auch seine Kollegen aus anderen Bereichen halten es für wesentlich sinnvoller, die noch im Verkehr befindlichen schmutzigen Dieselfahrzeuge schnell auf Euro-Norm-6 hochzurüsten.

Auch im Europaparlament ist die Entscheidung der EU-Kommission zur Verschärfung der Abgasnorm umstritten. So kritisiert der Abgeordnete Markus Ferber: „Obwohl ab 2035 de facto kein Verbrennermotor mehr auf dem Markt sein darf, reguliert die Kommission den Benziner und Diesel mit neuen Abgasnormen“ weiter. Die Firmen seien deshalb zu „kostspieligen Investitionen“ in ein „Auslaufmodell“ gezwungen, so der CSU-Politiker.