Seit mehr als 20 Jahren deponieren Unbekannte im Wald hinter dem Campingplatz Aichelberg Massen an Unrat. Die Eigentümer sowie die betroffenen Gemeinden und Landkreise sehen sich nicht für die Beseitigung verantwortlich.

Holzmaden - Eigentlich liegt der kleine Wald direkt hinter dem Campingplatz Aichelberg (Kreis Göppingen) recht malerisch eingebettet am Fuß der Schwäbischen Alb. Demnächst werden dort tausende Anemonen blühen. Kleine Trampelpfade durchziehen das Gelände, auf dem sich ein ehemaliger Schieferbruch befindet. Doch die Idylle trügt. In den vergangenen mehr als 20 Jahren hat sich dort, in freier Natur, massenhaft Müll angesammelt, darunter alte Küchengeräte, Altreifen, Betonröhren, Bauschutt, Kanister mit unbekanntem Inhalt, Teppichreste, ausrangierte Möbelstücke, eine ausgemusterte Waschmaschine und ein großer schrottreifer Lastwagenanhänger, den man sogar auf dem Google-Satellitenbild erkennt. Zudem stehen dort ein einsturzgefährdetes, für jedermann frei zugängliches Häuschen, in dem sich der Unrat bis unter das Dach stapelt. Für die Beseitigung der illegalen Müllhalde scheint sich niemand zuständig zu fühlen, denn das im Privatbesitz befindliche Gelände ist auf die drei Gemarkungen der Gemeinden Holzmaden, Aichelberg und Zell unter Aichelberg sowie die beiden Landkreise Göppingen und Esslingen verteilt.

 

„Es tut sich absolut nichts“

Sabine Sonn lebt seit 1992 in der Gemeinde Aichelberg. Und fast genau so lange ärgert sie sich bei ihren Spaziergängen über die „Müllschande“, wie sie den Unrat inmitten des biotopähnlichen Gebiets nennt. Schließlich gefährdeten die Scherben und scharfen Kanten Mensch und Tier und sollten spielende Kinder vom Campingplatz das Haus betreten, begäben sie sich in große Gefahr. Sie habe den Aichelberger Bürgermeister Martin Eisele darauf angesprochen, „aber es tut sich absolut nichts. Im Gegenteil, es kommt immer mehr Müll hinzu“. Der Rathauschef habe darauf verwiesen, dass ein Großteil des Waldes zur Gemarkung der im Kreis Esslingen liegenden Nachbargemeinde Holzmaden gehört. Martin Eisele erklärt auf Nachfrage, die illegale Deponie sei „was Größeres“, das schon „relativ lange ein Thema“ sei. Vor allem für die Landratsämter in Esslingen und Göppingen.

Susanne Irion, die Bürgermeisterin von Holzmaden, bestätigt das. Beide Landratsämter seien schon „seit Jahren an der Geschichte dran“. Tatsächlich liege ein Großteil der Fläche auf Holzmadener Gemeindegebiet, sagt Susanne Irion. Zuständig sei aber „im Grunde ausschließlich das Landratsamt Esslingen“ als Baurechtsamt und untere Naturschutzbehörde. „Wir sind über den Zustand dort alles andere als glücklich“, sagt Irion und verweist darauf, dass abfallrechtliche Verfahren „zum Teil recht langwierig“ seien. In ihrem Rathaus fülle der Vorgang bereits mehrere Aktenordner. Früher habe die Gemeinde von der Kreisbehörde Abschriften zum aktuellen Verfahrensstand erhalten, „das ist seit einiger Zeit leider nicht mehr der Fall“.

Werner Link, der Bürgermeister der Kommune Zell unter Aichelberg, weiß ebenfalls: „Beide Landratsämter sind an der Sache dran.“ Tatsächlich stelle sich die Frage, wer für die Beseitigung des Mülls, der dort schon seit mehr als 20 Jahren ein Problem darstelle, zuständig sei. Warum es in dieser Frage bisher nicht voran gegangen sei? „Da bin ich überfragt.“

Das Areal befindet sich im Besitz einer dreiköpfigen Erbengemeinschaft. Einer der Eigentümer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, weist seine Verantwortlichkeit zurück. Er schiebt den schwarzen Peter dem Esslinger Landratsamt zu. Dieses habe vor Jahren, als der Wald noch im Besitz seiner inzwischen verstorbenen Mutter gewesen sei, sämtliche Vorschläge für eine andere Nutzung des ehemaligen Schieferbruchs oder dessen Rekultivierung abgelehnt, sagt er. Er könne den Müll nicht ständig wegschaffen und er könne auch nicht das baufällige Haus absichern. Dieses sei ursprünglich abgeschlossen gewesen, zudem hätten Schilder das Betreten des Geländes untersagt. „Ich kann nichts dafür, wenn von Vandalen die Schilder dauernd abmontiert und die Türen und Wände eingetreten werden“, sagt er und merkt an, dort seien von Unbekannten auch schon Schießübungen abgehalten worden.

Landratsamt: Gelände wurde Ende Januar inspiziert

Das Landratsamt in Göppingen erklärt auf Nachfrage, dass der Bereich zwar teilweise auf dem Göppinger Kreisgebiet liege. Doch befänden sich „die relevanten Ablagerungen“ auf der Holzmadener Gemeindemarkung im Kreis Esslingen. Dessen Landratsamt teilt mit, „die als akut umweltgefährdeten Abfälle sind mittlerweile alle von dem Gelände beseitigt worden“. Dies sei seitens der Erben geschehen, nachdem die Behörde aufgrund verschiedener gescheiterter Anordnungen gedroht habe, die Gegenstände auf Kosten der Eigentümer abräumen zu lassen. Die Erste Landesbeamtin Marion Leuze-Mohr erklärt per E-Mail zudem, das Landratsamt inspiziere das Gelände in unregelmäßigen Abständen, zuletzt sei das Ende Januar der Fall gewesen. Im besten Behördendeutsch teilt die stellvertretende Landrätin mit, der Erbe zeige sich „kooperativ in der Zusammenarbeit mit dem Landratsamt, welche darauf abzielt, die noch vorhandenen Gegenstände in absehbarer Zeit vollständig zu entfernen“. Vor diesem Hintergrund habe bisher keine Veranlassung für weitere abfallrechtliche Anordnungen bestanden.