Die Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus ist vom Norden in die Breitscheidstraße gezogen und öffnet demnächst ihre Türen für die Öffentlichkeit. Die Nähe zu zahlreichen Schulen will die Stiftung für Kooperationen nutzen.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-West - Nicht jeden würde es freuen, müsste er von einer umgrünten Villa in Halbhöhenlagen in ein Hochhaus im Talkessel ziehen. Aber Gudrun Kruip schwärmt von der Adresse Breitscheidstraße 48, von der urbanen Lage und der Möglichkeit, sich endlich räumlich ausbreiten zu können. „Die schönen breiten Flure in der Villa Im Himmelsberg waren zwar repräsentativ, aber wir konnten sie nie recht nutzen.“ Die wissenschaftliche Angestellte residiert nun mit acht weiteren Kollegen der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus in den oberen Etagen eines 60er-Jahre-Baus.

 

Anders wie die Theodor-Heuss-Stiftung, die ebenfalls ins Gebäude gezogen ist und den meisten Leuten durch die alljährliche Verleihung des renommierten Theodor-Heuss-Preises ein Begriff ist, versteht sich die Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus als eine Bildungseinrichtung, die auch Publikum empfängt. Schüler, Studenten und Wissenschaftler durchforsten das Archiv der Stiftung, besuchen im Haus Vorträge, Workshops und Seminare. Zielsetzungen der Stiftung sind es, im Theodor-Heuss-Haus an den ersten Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland zu erinnern, politische Bildung zu fördern und zeitgeschichtliche Forschung betreiben. Sie veranstaltet Kolloquien, gibt Publikationen heraus und betreibt eigene wissenschaftlichen Projekte. Zudem unterhält die Stiftung ein Archiv und eine Bibliothek, die beide öffentlich zugänglich sind.

An der schönen Adresse Himmelsberg platzte es aus allen Nähten. Als dann noch der Mietvertrag auslief, war die Zeit reif für einen Ortswechsel. „Wir hatten ursprünglich einen Standort in der Nähe des Theodor-Heuss-Hauses gesucht, wo wir ja unsere Ausstellung haben“, sagt Kruip. Aber nicht nur, dass die Lage Am Bismarckturm zu den teuersten der Stadt gehört, ließ die zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vom ursprünglichen Plan abrücken. Der Standort, den man im Westen fand, eröffnet ungeahnte Möglichkeiten: „Drumherum liegen zahlreiche Schulen und Institutionen - etwa das Institut Français. Auch die Uni, mit der wir ohnehin schon Kooperationen haben, ist nicht weit. Wir sind hier jetzt mittendrin“, so Kruip. Man wolle anbandeln mit der Umgebung.

Beispielsweise wolle sich die Stiftung an die Fachlehrer in den umliegenden Schulen wenden, sie ins Haus einladen und ihnen zeigen, was die Stiftung zu bieten hat. Das Archiv beispielsweise besteht nicht nur aus Briefen und anderen Schriftstücken aus dem Nachlass des ersten Bundespräsidenten. Es umfasst auch Tondokumente, Plakate, Reklame oder auch Musik, die die Epoche beleuchten. Das Archiv liefert gewissermaßen den Sound und die Optik der Ära Heuss gleich mit. „Quellenarbeit geht hier großartig!“ Auch zu Elly Heuss-Knapp gebe es jede Menge Material, sagt Kruip. Letztlich sei sie wohl dafür verantwortlich gewesen, dass das Paar seinen Alterssitz in Stuttgart fand. „Sie war in Straßburg aufgewachsen und hatte lange in Berlin gelebt. Elly war eine moderne Frau. Sie war einfach ein Großstadtmensch.“ Heuss selbst wäre wohl auch eine kleinere Stadt recht gewesen, schätzt Kruip.

Die Historikerin kann sich gut vorstellen, dass im Haus ganze Schülergruppen recherchieren. Wichtig sei dabei auch, von den Lehrern zu erfahren, welcher Bedarf besteht. „Ich könnte mir gut vorstellen, dass wir zum Beispiel einen Handapparat für den Unterricht zusammenstellen – beispielsweise über das Parteiensystem in der Weimarer Republik. Oder einer von uns kommt mal an die Schule und referiert über die Entstehung der Bundesrepublik.“Die neue Immobilie bietet den Platz das Material auszubreiten und darüber zu forschen. Es gibt einen Veranstaltungsraum, Räume für Arbeitsgruppen und auch die Bibliothek bietet Platz zum Arbeiten, was insofern wichtig ist, da man die Bücher nicht entleihen kann. Sie ist mit historisch-politischer Literatur bestückt. „Es kommen überwiegend Studenten zu uns, die zu einem bestimmten Thema forschen“, sagt Kruip. Ein Schwerpunkt der Präsenzbibliothek liegt auf der Forschung zu Intellektuellen.

Noch sind die Maler und Elektriker in dem Hochhaus zugange. Bis vor kurzem hatte noch der deutsche Kirchentag hier residiert, nun ist er weitergezogen nach Berlin, wo der nächste Kirchentag stattfindet. Die 49 Jahr davor hatten das Oberschulamt und diverse Dienststellen des Landes ihr Quartier in der Breitscheidstraße. Während sich die beiden Stiftungen derzeit dort schon einrichten, werden für die drei unteren Geschosse derzeit noch Büromieter gesucht.