Der Hemminger Dominik Stelzner zeigt seine Werke im Freien in der Hochdorfer Straße – und geht auch sonst gern eigene Wege.

Hemmingen - Stau vor seiner Haustür in der Hochdorfer Straße gegenüber des früheren Gasthauses zum Schiff kommt Dominik Stelzner neuerdings gelegen. Denn beim Warten haben die Menschen in ihren Fahrzeugen die Möglichkeit, an besagter Stelle in aller Ruhe seine Bilder zu betrachten. „Eine Freude machen“ will der 33-Jährige aber auch denen, die zur Bushaltestelle oder zum Bahnhof laufen, von dort kommen – oder aus anderen Gründen vorbeispazieren. Zwei Werke hat Dominik Stelzner an den Holzlatten entlang des Gehwegs aufgehängt. Es sind nicht die Originale, sondern Drucke auf Acrylglas. Damit trotzt die Kunst sowohl Wind und Regen als auch UV-Strahlung.

 

Vom Restaurant in den Garten zum Zaun

Natürlich denkt Dominik Stelzner auch an sich selbst, wenn er seine abstrakten, farbenprächtigen Kunstwerke im öffentlichen Raum zeigt. Pandemiebedingt habe er überlegt, was er tun könne, um sichtbar zu sein, schließlich waren viele Einrichtungen lange zu. Auch das Restaurant in Bietigheim-Bissingen, dessen Wände die Bilder des Hemminger zierten. „Es mussten Alternativen her.“

Aber nicht nur als Künstler will Dominik Stelzner trotz und in der Coronakrise sichtbar sein, sondern auch unabhängig. Also präsentierte er vor gut einem Jahr, in der Lockdown-Pause, seine Kunst im heimischen Garten. Die Ausstellung sei gut besucht gewesen, berichtet der junge Mann, der in Bietigheim-Bissingen geboren ist.

Fertigkeiten selbst beigebracht

„Freiheitsgedanken“, wie Dominik Stelzner es nennt, habe er gerade im Job immer

Kunst im öffentlichen Raum mal anders: Dominik Stelzner vor einem seiner Bilder am Zaun in der Hochdorfer Straße in Hemmingen. Foto: Simon Granville
gehabt. „Ich arbeite viel und gern, aber am liebsten für mich“, sagt er. So fackelte er nicht lange und machte sich selbstständig, als er 2019 ohne Arbeit dastand. Der Grafikdesigner, der auch ein Diplom als Digital Artist in 3D-Visualisierung hat, arbeitete in der Werbebranche, als seine Abteilung erst verkauft und dann geschlossen wurde, weil die neue Firma kein Interesse daran hatte. Während der Jobsuche habe er beschlossen, seinen eigenen Weg zu gehen. Er habe schon immer daran gedacht, sich selbstständig zu machen, regelmäßig kleine Aufträge von Freunden und Bekannten angenommen wie Logos zu entwerfen, sagt Dominik Stelzner. Doch erst vor rund zwei Jahren sollte es der richtige Zeitpunkt sein, dass er seine Gedankenspiele in die Realität umsetzt.

Bis dato hatte er sich bereits mit Kunst und Malerei beschäftigt, allerdings vielmehr gezeichnet. Er fing an, sich mit Acryl auseinanderzusetzen, brachte sich die abstrakte Malerei selbst bei. Rasch merkte er, wie viel Spaß ihm das Malen mit Acrylfarben bereitet. Seine Kenntnisse über Formen und Farben hätten ihm bei der Arbeit geholfen. „Auch das Feedback der anderen war positiv, und so hat alles begonnen.“

Verbindungen haben geholfen

Aber auch die Coronakrise begann, das war kurz nach dem beruflichen Neustart. Immerhin zwei Ausstellungen hatte der Hemminger da schon gehabt. Wie viele andere Künstler ist auch Dominik Stelzner in der Krise erst mal mit seinen Schauen online gegangen. Kurz vor dem zweiten Lockdown eröffnete er eine Ausstellung in Berlin. Lediglich eine Woche lang waren seine Bilder zu sehen.

Trotzdem habe sich die Ausstellung gelohnt, sagt Dominik Stelzner: Zwei Bilder habe er in der kurzen Zeit verkauft. Er sei froh, dass er Verbindungen zu Personen hat, die ihm gerade am Anfang Plattformen boten. Er sei insgesamt sehr aktiv gewesen. Sonst wäre sein Start als Künstler deutlich schwerer gewesen.

Kräftige Farbe, starke Kontraste

In seinem Atelier – im Gewölbekeller, aber da ist es auf Dauer zu feucht – greift der 33-Jährige zu kräftigen Farben, um starke Kontraste zu erzeugen, sagt er. Die grafischen Elemente würden für die Spannung sorgen und viel Freiraum zur eigenen Interpretation lassen. Manchmal hat er ein klares Bild vor Augen, manchmal malt er einfach drauf los. So oder so: Mit seinen Bildern will Dominik Stelzner beim Betrachter Gefühle wecken – welche auch immer das sein mögen. „An der abstrakten Kunst ist schön, dass man auf Reisen gehen kann, und jeder darin seine eigenen Gefühle, Träume und Sehnsüchte sieht oder findet.“

Der Traum ist ein Kunstcafé

Der Vater einer sieben Monate alten Tochter hofft, dass er bald von seiner Kunst leben kann. Momentan wirft sie noch zu wenig ab, weshalb er in der städtischen Galerie in Bietigheim-Bissingen als Aufsicht arbeitet. Auf lange Sicht hätte er gern ein Kunstcafé oder -bistro. Seine Vision: Er kümmert sich um die Kunst, die anderen sorgen fürs leibliche Wohl. Bis dahin sucht Dominik Stelzner weiter nach Orten für Ausstellungen. Dabei bevorzugt er weniger Museen und Galerien als vielmehr den heimischen Garten, Restaurants und Arztpraxen. Dort könne er seine Werke kostenlos präsentieren, es gebe mehr Publikumsverkehr, und außerdem erreiche er Menschen, die nicht die Kunst im Kopf haben. Zunächst jedenfalls.

Kunst im öffentlichen Raum mal anders

Die Bilder in der Hochdorfer Straße will Dominik Stelzner jedes halbe Jahr wechseln. Gedanken darüber, dass sie jemand zerstört oder beschmiert, hat er sich zwar gemacht. Doch es wäre schade, sagt er, würde man sich davon abhalten lassen. Er setzt darauf, dass die Betrachter wie bisher bloß gucken, möglicherweise aus Respekt vor dem Werk.