Aus wenigen ausgesetzten Exemplaren wurden schnell Hunderte: Im Stollenhauweiher ist die Goldfischpopulation förmlich explodiert. Das schadet der heimischen Fauna. Nun wurden einige Fische abgefischt und in den Esslinger Tierpark Nymphaea gebracht. Die Filderstädter Umweltschutzreferentin richtet noch einen dringenden Appell an die Bürger.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Bonlanden - Dutzende der Fischchen purzeln vom Eimer in den grünen Tank. Die meisten sind zwischen fünf und zehn Zentimeter groß, einige wenige Exemplare aber sind richtige Kaventsmänner mit annähernd 20 Zentimetern Länge. Die einen sind knallig orange, andere dunkel gefärbt, wieder andere gescheckt oder fast weiß. Allerdings: so schön die Goldfische aussehen, so schädlich sind sie für die heimische Natur. „Sie haben im Wasser keine natürlichen Feinde“, erklärt Simone Schwiete, eine der beiden Leiterinnen des Filderstädter Umweltschutzreferats. Und so könnten sich die Goldfische ungehindert vermehren.

 

Aus vermutlich nur einer Handvoll Fische, die im Stollenhauweiher südlich von Bonlanden, im Wald nahe der Kläranlage, ausgesetzt wurden, wurden so schnell Hunderte, „vielleicht sogar Tausend, so genau lässt sich das nicht sagen“, sagt Schwiete. Und die Goldfische sind gefräßig: Sie dezimieren den Amphibienbestand im Teich, in dem sie den Laich von Teichfrosch, Molch und Co. fressen.

Der Goldfischbestand ist förmlich explodiert

„Das Problem haben wir hier im Teich immer wieder“, sagt Schwiete. Vor ein paar Jahren allerdings nicht; damals habe ein Schwarzmilan für wenige Wochen Station am Stollenhauweiher gemacht. Der Greifvogel habe etliche Goldfische gefressen. Dieses Jahr allerdings war kein Milan da, und der Fischbestand ist förmlich explodiert. Nun wurden einige Hundert Goldfische abgefischt. Etwa 400 Tiere, schätzt Joachim Thonhofer, der in Tübingen sein Büro für Gewässerökologie Limnobiota hat und am Donnerstag zusammen mit zwei Kollegen am Stollenhauweiher mit dem Boot unterwegs war, seien nach zwei Stunden im Tank gelandet. Weitere Fische sollten noch folgen.

Zum Abfischen nutzen die Fänger ein sogenanntes Elektrofischereigerät, das mit 600 Volt ein elektrisches Feld unmittelbar um das Boot herum erzeugt. Die Fische werden leicht betäubt und schwimmen beinahe von selbst in den Kescher, sagt Thonhofer. Schadet der Strom den Fischen nicht? „Es stresst die Tiere schon, aber weit weniger als die Netzbefischung.“ Tatsächlich wirken die Goldfische nur einen Moment benommen, dann schwimmen sie im Eimer beziehungsweise in dem Tank, in dem sie später zum Nymphaea reisen, wieder ihre Runden.

Umweltschutzreferat appelliert, keine Tiere auszusetzen

Simone Schwiete freut sich, dass der Esslinger Tierpark sich bereit erklärt hat, gleich Hunderte Goldfische aufzunehmen. Ein Teil der Tiere werde von dort auch vermittelt. Und etwa 20 Fische finden gleich am Donnerstag ein neues Zuhause: Ein Mann aus Neuhausen ist mit einem großen Eimer und einem Kescher in den Wald gekommen und fragt, ob er ein paar Fische für seinen Gartenteich haben dürfe. „Ich habe im Radio von der Abfisch-Aktion gehört“, sagt er. Und nachdem er die Erlaubnis bekommen hat, sucht er sich aus dem Tank die Fische aus, die ihm am meisten gefallen.

Überhaupt ist das Interesse an der Aktion groß. Zeitung, Hörfunk und Fernsehen sind vor Ort, immer wieder halten Spaziergänger und Radfahrer an und fragen, was am Weiher passiert. Dem Umweltschutzreferat kommt das Interesse entgegen. Simone Schwiete betont, dass es kein Kavaliersdelikt, sondern illegal sei, Goldfische in den nächstbesten Teich zu bringen. „Ich appelliere dringend, Haustiere nicht in Gewässern auszusetzen“, sagt sie. Stattdessen könne man auch Zierfische in Tierheimen, Auffangstationen oder Tierschutzvereinen abgeben. „Sie bringen in unseren Gewässern das ökologische Gleichgewicht durcheinander“, sagt Schwiete. Joachim Thonhofer ergänzt, dass viele Menschen vermutlich dächten, ihrem Tier noch etwas Gutes zu tun, wenn sie es in die Natur brächten statt es im Klo runterzuspülen. „Aber das ist zu kurz gedacht“, sagt Thonhofer.

Goldfische schaden anderen Tierarten massiv

Der Stollenhauweiher ist ein gutes Beispiel dafür. Er ist eigentlich fischfrei. Das bedeutet, dass die ausgesetzten Goldfische keinerlei Konkurrenz haben und sich stark vermehren können. Und damit anderen Tierarten massiv schaden. Der Weiher ist ein Naturdenkmal und streng geschützt. Eingriffe sind damit nicht erlaubt – und das Aussetzen von Fischen ins Wasser ist ein Eingriff. Auch das Abfischen natürlich, „dafür haben wir eine Genehmigung vom Regierungspräsidium“, sagt Schwiete. Und das Abfischen ist letztlich auch nur nötig, weil Menschen vorher in das Naturdenkmal eingegriffen haben.

„Die Alternative zur Abfischung wäre eine Winterung“, sagt Simone Schwiete. Dabei wird das Wasser aus dem Teich abgelassen – das wiederum schade den Tieren, die im Schlamm lebten und, wenn die Bereiche trocken lägen, sterben würden. Mit der jetzigen Entnahme der Goldfische wolle man den Amphibien am Stollenhauweiher einen guten Start in die kommende Laichsaison ermöglichen, sagt die Umweltschutzreferentin. Sie hofft, dass weniger Goldfische Molchen und Fröschen eine größere Chance geben, sich erfolgreich zu vermehren.