Grenzen sichern, Flüchtlinge zurückweisen: der Stuttgarter CDU-Kreisvorstand stützt in der aktuellen Debatte den Innenminister. Doch sein Beschluss sollte zunächst geheim bleiben – aus Rücksicht auf Kanzlerin Merkel und deren Unterstützerin Karin Maag.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Im unionsinternen Streit über die Flüchtlingspolitik stützt die Stuttgarter CDU-Spitze den Kurs von Innenminister Horst Seehofer (CSU). Einen entsprechenden Beschluss hat der Kreisvorstand in seiner jüngsten Sitzung am Freitag einstimmig gefasst. Dies erfuhr unsere Zeitung aus Parteikreisen.

 

Mit Rücksicht auf Bundeskanzlerin Angela Merkel sollte der Beschluss aber erst in zwei Wochen bekannt gemacht werden, sofern dann keine europäische Lösung in Sicht ist. Damit wurde auch der Vizekreischefin und Bundestagsabgeordneten Karin Maag, die als Unterstützerin Merkels gilt, die Zustimmung ermöglicht.

Als Initiatoren des Beschlusses gelten der CDU-Vizekreischef Benjamin Völkel und der Chef der Jungen Union, Maximilian Mörseburg. In ihrem Antrag heißt es, die CDU Stuttgart plädiere in der aktuellen Debatte „für eine entschlossene Politik des Grenzschutzes und der Sicherheit“. Solange der Schutz der EU-Außengrenzen nicht gelinge, müsse die Bundespolizei „den Zustrom von Flüchtlingen an der deutschen Grenze in den Griff bekommen“. Dazu gehöre insbesondere die Zurückweisung von Flüchtlingen und Asylsuchenden, die bereits in anderen EU-Staaten registriert wurden oder deren Asylantrag in der Bundesrepublik schon einmal abgelehnt worden sei. Ebenso sollten Personen ohne gültige Ausweisdokumente zurückgewiesen werden. Dies entspricht im Wesentlichen den Vorstellungen von Seehofer.

Abgeordnete Maag gerät in die Defensive

In der Diskussion über den Beschluss geriet laut Teilnehmern vor allem die Vizekreischefin Maag in die Defensive. Sie gilt einerseits als treue Anhängerin Merkels, hatte die Stimmung in der Bundestags-CDU zur Flüchtlingspolitik aber kürzlich als ziemlich eindeutig geschildert: „Ich denke, dass neunzig Prozent der Fraktion das so sehen wie Seehofer.“ Auch im Kreisvorstand soll sie eine Entfremdung zwischen der CDU-Chefin und der Basis thematisiert haben. Merkels Positionen seien mit dem Verstand nachvollziehbar, aber sie müsse auch das „Herz der Partei“ berücksichtigen. Die Mitglieder erwarteten eine rasche Lösung der offenen Fragen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts.

Maag sagte unserer Zeitung, der CDU-Kreischef Stefan Kaufmann und sie hätten in der Sitzung über die aktuelle Situation in Berlin berichtet. Es herrsche „absolute Einigkeit“ in der Union, Schutzbedürftige zu integrieren, Flüchtlinge ohne Bleiberecht zurückzuführen und den Zuzug zu begrenzen. Sie habe darauf verwiesen, dass mit drei Asylgesetzen und zuletzt mit den Regeln zum Familiennachzug entsprechend gehandelt worden sei. Wer ohne gültige Papiere einreisen wolle, müsse an der Grenze zurückgewiesen werden.

In Seehofers „Masterplan“, den sie nicht kenne, gehe es offenbar um ein „anderes oder besseres Verfahren zur Zurückweisung“ von Flüchtlingen, die bereits anderswo in der EU registriert seien. Es sei richtig, dies rasch zu regeln. Wenn die Kanzlerin aber zwei Wochen Zeit für bilaterale Verträge erbitte, „hat das meine volle Unterstützung“.

Warnung vor einem „Führungsversagen“

Maag bestätigte, dass sie den Ausdruck „Führungsversagen“ verwendet habe. Dieser sei aber nicht auf Merkel gemünzt gewesen. Ein solches sähe sie bei allen Beteiligten für den Fall, dass wegen des Streits die bewährte Fraktionsgemeinschaft aufs Spiel gesetzt werde.

Der Sprecher des CDU-Kreisverbands schloss sich den Ausführungen der Stuttgarter Bundestagsabgeordneten an.