In Japan und Südkorea ist Uniqlo Marktführer. Nach dem ersten Aufschlag in Berlin will das Label nach einer Testphase in Stuttgart ganz Deutschland erobern. Die Eröffnung auf der Königstraße steigt noch im Oktober.

Stuttgart - Die japanische Modemarke Uniqlo kommt nach Stuttgart. Und will mit der Eröffnung nun auch den deutschen Markt erschließen. Takao Kuwahara, UK-Chef der Marke, gibt im Interview Einblicke, warum es die Marke nach Stuttgart zieht.

 
Herr Kuwahara, machen Sie Mode oder machen Sie Kleidung?
Wir machen keine schnelle Mode. Wir nennen es Lifewear. Kleidung für das Leben, die eine gute Qualität hat. Wir wollen nichts produzieren, was im nächsten Jahr nicht mehr getragen werden kann.
Uniqlo – unique Clothing – geht in Richtung Uniformität. Ist Mode nicht genau das Gegenteil? Ein Ausdruck von Individualität?
Viele Firmen orientieren sich an den großen Modenschauen und greifen diese Trends auf. Das machen wir nicht. Unsere Kleidung sollen möglichst viele Menschen täglich tragen können.
Also doch keine Individualität?
Individualität ist sehr wichtig. Aber die wird von der jeweiligen Persönlichkeit bestimmt. Kleidung kann diesen Charakter durch verschiedene Kombinationen von Kleidung unterstreichen.
Ist dies die eine neue Form des urbanen Menschen, sich auszudrücken?
Wie Sie wissen, kommen wir ja aus Japan. Dort haben wir mehr als 800 Geschäfte. In der Stadt und auf dem Land. In Japan hat sich dieser Style überall durchgesetzt.
Mit welchen Attributen wird Ihre Marke von den Menschen wahrgenommen?
Qualität, Funktionalität, Lebensdauer und Detailreichtum.
Wer ist wichtiger in ihrem Konzern: der Designer, der Vermarkter oder der Kaufmann?
Es hört sich vielleicht etwas banal an: alle Mitarbeiter. Bei uns gibt es dazu einen japanischen]Begriff: zen-in keiei. Wir nennen es Management durch und mit allen. So wird jeder zu einer wichtigen und verantwortlichen Person.
Gleichzeitig sind Ihre Waren sehr preiswert. Da drängt sich die Frage auf: Wie fair und ökologisch produzieren Sie?
Wir produzieren zu 75 Prozent in China, aber auch in anderen asiatischen Ländern. Mit diesen Fabriken haben wir teilweise schon jahrzehntelange Verträge. Andere Unternehmer wechseln diese Fabriken im Drei- oder Fünfjahresrhythmus, um die Kosten zu minimieren. Das machen wir nicht. Zudem entsenden wir Mitarbeiter aus Japan in die Fabriken, die die Produktion und die Arbeitsbedingungen überwachen. Wir haben diese Standards auch veröffentlicht.
Von Japan nach Stuttgart. Warum starten Sie ihren deutschen Expansionskurs gerade auf der Königstraße?
Zunächst hat die Region eine hohe Kaufkraft. Zudem hat die Königstraße eine hohe Attraktivität. Stuttgart ist für uns aber auch der Test für eine weitere Expansion. Wir wollen sehen, wie unsere Produkte angenommen werden.

Schwaben und Japaner haben viel gemein

Wie schätzen Sie die Stuttgarter ein?
Die Menschen sind sehr qualitätsbewusst, sie sind umgeben von Qualitätsmarken. Bosch, Mercedes, Porsche. Das heißt, sie verstehen, was uns wichtig ist: Qualität und langlebige Kleidung. Ich glaube, die Schwaben sind uns Japanern sehr ähnlich. Sie sind fleißig, diszipliniert und wertebewusst.
Gleichwohl ist der Handelsplatz Stuttgart seit der Eröffnung von zwei Einkaufscentern schwieriger geworden. Haben Sie das einkalkuliert?
Wettbewerb ist gut.
Haben Sie die Lage an der oberen Königstraße gegenüber von Zara und in Nachbarschaft zu H & M sowie ab Herbst 2017 zu Primark bewusst ausgesucht? Fürchten Sie nicht, in diesem Dreieck unterzugehen?
Das haben wir alles ganz bewusst so entschieden. Den Standort und die Wettbewerbssituation.
Was unterscheidet Sie von Zara, H & M, aber auch von Primark?
Deren Priorität liegt auf Mode. Für uns ist es nicht wichtig, was in diesem Jahr angesagt ist. Wir haben natürlich nichts dagegen, wenn die Menschen unsere Basics mit der Mode von anderen Marken kombinieren.
Diese Anbieter halten es für überlebenswichtig, Schuhe, Textil und Accessoires zu kombinieren. Sie nicht?

Der stationäre Handel wird nie untergehen

Wir sollten es tun. Aber wir tun es noch nicht, weil wir in diesen Bereichen noch nicht unseren hohen Qualitätsanspruch einlösen können.
Wo sehen sie die Zukunft des stationären Handels? Gibt es ihre Produkte in zehn Jahren noch in einem Laden, oder kann man diese dann nur noch im Internet kaufen?
Es geht nur in der Kombination von Online und Offline. Aber glauben Sie mir, den stationären Handel wird es noch lange geben. Der Mensch muss die Ware fühlen, testen, sehen.
Aber werden nur die großen Filialisten überleben und die Kleinen sterben?
Erfolg ist keine Frage der Größe.
Sondern?
Eine Frage der Einzigartigkeit. Und es liegt auch am Charakter eines Unternehmens.
Was würden Sie einem inhabergeführten Textil-Einzelhändler raten, wenn er im Wettbewerb mit den großen Filialisten und dem Onlinehandel überleben will?
Es kommt gar nicht so sehr auf das Produkt an, sondern wie ich es anbiete. Man sollte dafür sorgen, dass die Kunden entspannt und ohne Stress einkaufen können. Menschen wollen beim Einkaufen keine Zeit verschwenden. Aber wissen Sie was, jetzt habe ich mal eine Frage.
Bitte.
Was muss ich mir in Stuttgart unbedingt anschauen?
Ich würde Ihnen einen Besuch des Mercedes-Museums empfehlen.
Dann muss ich versuchen, dass ich mir dafür Zeit freischaufeln kann. Mir ist es wichtig, über solche Gelegenheiten etwas über die Stadt und die Menschen zu lernen. Und ich habe noch eine Frage: Woher kommt dieses Qualitätsbewusstsein und der Erfinderreichtum der Schwaben?
Sie haben ein Tüftler-Gen und dazu den rechten Glauben.
Ah, das muss ich mir unbedingt näher anschauen.