Die Uni Stuttgart ist bei der Entwicklung superschneller Quantencomputer vorne mit dabei. An potenziellen Anwendungsgebieten herrscht kein Mangel.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Computer vollbringen mittlerweile Dinge, die vor nicht allzu langer Zeit undenkbar schienen. Sie schreiben sogar selbsttätig passable Texte. Dabei kennen sie nur zwei Zeichen: Null und Eins. Alle eingegebenen Daten – seien es Umsatzzahlen, Laborwerte oder Urlaubsfotos – werden in lange Ketten aus diesen beiden Zeichen übersetzt und derart verarbeitet und gespeichert. Die kleinste Einheit ist ein Bit, das den Zustand Null oder Eins haben kann.

 

Dieses vergleichsweise übersichtliche System hat in der Welt der Quantencomputer ausgedient. Sie rechnen mit Quantenbits. Solche Qubits können nicht nur die Zustände Null und Eins annehmen, sondern auch alle erdenklichen Stufen dazwischen – und das zudem gleichzeitig. Dadurch können sie weit mehr Daten als herkömmliche Rechner verarbeiten. Mögliche Einsatzgebiete sind etwa die Entwicklung zielgenauerer Pharmawirkstoffe, Künstliche Intelligenz, komplexe Modellrechnungen oder die sichere Datenverschlüsselung.

Rechnen mit einzelnen Atomen

Am globalen Wettlauf um praxistaugliche Quantencomputer sind auch Forschende aus Baden-Württemberg beteiligt. Ein Team der Uni Stuttgart will bis 2025 einen neuartigen, extrem schnellen Quantencomputer bauen. Er soll mit einzelnen Atomen rechnen, die durch Laserstrahlen kontrolliert werden. Das 2021 begonnene Projekt ziele darauf ab, „die Quanteninformation sehr schnell zu verarbeiten und die Algorithmen schnell ablaufen zu lassen“, sagt der Koordinator Tillmann Pfau vom 5. Physikalischen Institut der Uni Stuttgart.

Es gibt mehrere Ansätze für Quantencomputer. Zu den aussichtsreichsten zählen den Angaben zufolge Supraleiter – also Materialien, die praktisch keinen elektrischen Widerstand haben –, Ionenfallen und Fallen für neutrale Atome. Die Stuttgarter Forscher setzen auf die letztgenannte Variante. Sie nutzen dazu sogenannte Rydberg-Atome. Das sind Atome, die durch Energiezufuhr in einen hoch angeregten Zustand versetzt werden, wodurch sich ihre Elektronen sehr weit vom Atomkern entfernen. Das soll auch eine sogenannte Verschränkung zwischen den Atomen und damit noch höhere Rechenleistungen ermöglichen. An dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt QRydDemo sind die Universitäten Stuttgart und Ulm sowie das Unternehmen Toptica Photonics beteiligt.

Empfindlich für Störungen

Vom breiten praktischen Einsatz sind Quantencomputer allerdings noch ein gutes Stück entfernt. Sie sind sehr teuer und reagieren empfindlich auf äußere Einflüsse – etwa durch elektrische oder magnetische Felder. Experten gehen daher davon aus, dass Quantencomputer zunächst vor allem für aufwendige Berechnungen im Bereich der Forschung eingesetzt werden.