In diesen Tagen treiben Corona und der politische Umgang mit der Pandemie mal wieder besonders seltsame Blüten. Im Wochenrhythmus gelten neue Regeln – wer steigt da noch durch?

Stuttgart - Von einer Pandemie lassen sich die Fußballfans in England den Boxing Day noch lange nicht verderben. Die Spiele am zweiten Weihnachtstag gelten auf der Insel schließlich als sportliches Nationalheiligtum. Infektionszahlen sind da eher nachrangig zu betrachten, also waren die Stadien zwischen Manchester und London mehr oder weniger ausverkauft. Corona hat natürlich trotzdem eine Rolle gespielt. So voll wie die Tribünen waren sonst nur die Krankenstände der Clubs. Zahlreiche Profis mussten passen, auch für Aston-Villa-Coach Steven Gerrard ging es kurzfristig noch in die Isolation. Bis am Morgen war nicht klar, welche Spiele überhaupt stattfinden können.

 

Corona-Alarm in der NBA und beim Tennis

Nicht viel besser ergeht es derzeit der NBA. Der Deutsche Dennis Schröder ist nur einer von vielen infizierten Profis, weshalb die nordamerikanische Basketballliga den Notstand ausgerufen hat. Was nicht bedeutet, dass pausiert wird. Vielmehr statten die erfindungsreichen Amerikaner Spieler ihrer Farmteams kurzfristig mit Zehn-Tages-Verträgen aus, um noch vollzählige Teams aufs Feld schicken zu können.

Und auch vor der Tenniswelt macht die grassierende Omikron-Variante nicht halt. Das Turnier in Abu Dhabi erwies sich für mindestens vier Profis als Infektionsherd. Nach Rafael Nadal, Ons Jabeur und Belinda Bencic wurde auch der Kanadier Denis Shapovalov positiv auf das Virus getestet.

Show must go on!

Doch auch hier gilt: The Show must go on! Der Tennistross zieht weiter Richtung Australien, wo bald der erste Grand Slam des Jahres auf dem Programm steht.

Und in Deutschland? Empfiehlt Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Verschiebung des Karnevals in den Sommer, während König Fußball eine Verschnaufpause einlegt, ehe es am zweiten Januarwochenende weitergehen soll. Ob ohne oder mit Fans, und wenn ja, wie vielen, lässt sich Stand heute so seriös vorhersagen wie das Wetter in zwei Wochen.

Vorhersagen so verlässlich wie für das Wetter in zwei Wochen

Wo die internationale Sportwelt Kopfstände macht, um die Show am Leben zu halten, brüten Fans und Funktionäre hierzulande über Verordnungen und fragen sich, wer wann noch zu welcher Veranstaltung darf. In diesen Tagen mehr denn je. Nach Weihnachten ist bekanntlich die Hochzeit klassischer Hallensportarten. Vor Corona war die Rechnung einfach: Volles Haus gleich volle Kassen. Heute herrschen Chaos und Unsicherheit. Beschlossen Bund und Länder am 21. Dezember noch, dass Großveranstaltungen ab Montag gänzlich ohne Publikum stattfinden müssen, öffnete sich wenig später doch noch ein Türchen – zumindest in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Hamburg und Berlin. 500 Zuschauer sind hierzulande nun erlaubt, obwohl die Ansage der Bund-Länder-Runde kaum Interpretationsspielraum ließ. Die Nordländer gehen sogar noch einen Schritt weiter. Hier soll die Obergrenze zwischen 2500 (Halle) und 5000 bei Freiluftveranstaltungen liegen.

In Baden-Württemberg dürfen jetzt doch 500 Fans in die Hallen

Markus Buchmann, Zweiter Vorsitzender des Basketball-Bundesligisten MHP Riesen Ludwigsburg, erfuhr von der Verordnung mit den erlaubten 500 Fans in Baden-Württemberg kurz vor Heiligabend. Am Morgen des 24. Dezember blieb ihm immerhin noch Zeit, die Fans der Riesen für das Heimspiel am Mittwoch gegen Gießen zu instruieren.

Buchmann klagt: „Die ständigen Änderungen sind für uns alles andere als zufriedenstellend, das hätte man auch besser regeln können. Den Vereinen fehlt so eine Planungssicherheit, vor allem auch im Hinblick auf die Sponsoren, die ja wiederum Gäste einladen wollen.“ Der Basketball-Funktionär verbreitete die Information, dass wenigstens ein paar Fans kommen dürfen, über die sozialen Netzwerke, und hofft, die 500 Karten auch los zu bekommen. Anders als für einen Fußballbundesligisten haben Einnahmen dieser Größenordnung im Oberhaus des Basketballs, Handballs oder Eishockeys zumindest einen kleinen Wert.

Club-Verantwortliche reagieren mit Kopfschütteln

Aurel Irion vom Volleyball-Bundesligateam von Allianz MTV Stuttgart ergeht es ähnlich. Für den Geschäftsführer sind 500 Fans deutlich besser als nichts. Das ständige Hin und Her lässt aber auch ihn langsam verzweifeln: „Da man heute nicht weiß, was in einer Woche ist, kann man auch nicht planen.“ Genauso unverständlich erscheint dem Volleyballfunktionär der bundesweite Flickenteppich – auch nach bald zwei Jahren der Pandemie. „Ich habe mit einer bundesweit einheitlichen Regelung gerechnet. Das ist nicht nachvollziehbar und auch nicht mehr vermittelbar.“

Wen all das noch nicht in den Wahnsinn treibt, dem bleibt, die Coronaverordnung bezüglich der jeweiligen Zutrittsregeln zu studieren. Denn ob 2G, 2G plus, geboostert oder nicht, FFP- oder normale Maske – auch hier können die Regeln von Stadt zu Stadt, von Bundesland zu Bundesland variieren. Und zwar jeden Tag aufs Neue.