Der Iran kommt nicht zur Ruhe: Bei anhaltenden Demonstrationen gibt es immer mehr Tote. Das Staatsfernsehen meldet neun Opfer, die allein in der Nacht zu Dienstag getötet wurden. Hunderte werden festgenommen.

Teheran - Bei den Protesten im Iran hat es weitere Tote gegeben. In der Nacht zu Dienstag seien neun Menschen ums Leben gekommen, meldete das Staatsfernsehen. Damit stieg die Zahl der Toten auf mindestens 20. Der stellvertretende Sicherheitschef von Teheran meldete indes die Festnahme von 450 Demonstranten in den vergangenen drei Tagen. Das Revolutionsgericht des Landes drohte mit der Todesstrafe für Protestierende.

 

Seit Donnerstag sind Iraner zunächst in Maschhad und seither auch in mehreren anderen Städten gegen jüngst gestiegene Preise für Grundnahrungsmittel auf die Straße gegangen. Die Protestierenden erheben auch politische Forderungen. Es sind die größten Demonstrationen im Iran seit der umstrittenen Präsidentenwahl 2009.

Festnahmen am Samstag, Sonntag und Montag

Der Vorsitzende des Revolutionsgerichts in Teheran, Moussa Ghasanfarabadi, zog am Dienstag die Todesstrafe für manche Demonstranten in Erwägung. Die halbamtliche Nachrichtenagentur Tasnim zitierte ihn mit den Worten, ein Vorwurf gegen sie könne „Moharebeh“ sein - zu Deutsch „Feindschaft gegen Gott“; ein Vergehen, auf das im Iran der Tod steht. Einige Demonstranten würden demnächst vor Gericht gestellt, weil sie die nationale Sicherheit gefährdet und öffentliches Eigentum beschädigt hätten, sagte Ghasanfarabadi.

Er betonte, die Teilnahme an nicht genehmigten Protesten sei illegal. Im Iran erlaubt oder verbietet das Innenministerium Demonstrationen, unter seiner Verwaltung steht auch die Polizei.

Die Nachrichtenagentur Ilna meldete unterdessen unter Berufung auf Teherans Sicherheitschef Ali Asghar Nasserbacht, dass am Samstag 200, am Sonntag 150 und am Montag 100 Demonstranten festgenommen worden seien.

Das Staatsfernsehen berichtete von sechs Demonstranten, die bei einem Angriff auf eine Polizeistation in Kahdaridschan getötet wurden. Die Ausschreitungen seien durch Unruhestifter angestachelt worden, die Waffen von der Polizeistelle stehlen wollten.

Tödliche Schüsse mit Jagdgewehren

In Khomeini Schahr seien ein elf Jahre alter Junge und ein 20-Jähriger ums Leben gekommen. In der Stadt Nadschafabad tötete ein Bewaffneter ein Mitglied der iranischen Revolutionsgarde. Unklar war, ob es sich bei diesem Opfer um den gleichen Toten handelte, von dem zuvor die halbamtliche Nachrichtenagentur Mehr berichtet hatte.

Alle seien mit Jagdgewehren umgebracht worden, hieß es im Staatsfernsehen. Die betroffenen Städte liegen in der Provinz Isfahan, die rund 350 Kilometer von Teheran entfernt ist.

Viele Demonstranten gehen aus Frust auf die Straße, weil Inflation und Arbeitslosigkeit im Land hoch sind. Sie kritisieren die Regierung von Präsident Hassan Ruhani oder den obersten geistlichen Führer der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chamenei.

Ruhani hat zwar die Wut in der Bevölkerung über die wirtschaftliche Lage des Landes anerkannt, zugleich aber deutlich gemacht, dass seine Regierung Verstöße gegen das Gesetz nicht dulden werde. Am Montag rief Justizchef Ajatollah Sadegh Laridschani die Behörden auf, hart gegen Demonstranten vorzugehen.