An den Schulen drohen Unterrichtsausfälle, aber die meisten Lehrer arbeiten Teilzeit. Weil es an Lehrern fehlt, prüft die Kultusministerin Anträge auf Teilzeit nun kritisch.

Stuttgart - Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will die Teilzeitbeschäftigung von Lehrern eingrenzen. Im vergangenen Schuljahr hatten nur 46 Prozent der Lehrer an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen einen Vollzeitjob. Nach Auskunft des Statischen Landesamts sind das 1,7 Prozent weniger als im Schuljahr 2015/16. Allerdings zeigt der Vergleich mit dem Schuljahr 2012/13, dass auch vor fünf Jahren schon lediglich 46 Prozent der Lehrer an einer öffentlichen allgemein bildenden Schule einen vollen Lehrauftrag hatten.

 

Jetzt sind jedoch die Lehrer knapp, vor allem an den Grundschulen. „Angesichts der angespannten Unterrichtsversorgung ist die hohe Teilzeitquote ein Problem“, sagte Eisenmann dieser Zeitung. In Zukunft können Lehrer nicht mehr davon ausgehen, dass ihr Antrag auf Teilzeit auch genehmigt wird. „Wir prüfen aktuell jeden Antrag auf Teilzeit aus nicht gesetzlichen Gründen kritisch“, erklärte Eisenmann.

Jedes Jahr stellen laut Ministerium zwischen 30 000 und 40 000 der etwa 140 000 Lehrer im Land einen Antrag auf Änderung ihrer Unterrichtsverpflichtung, auf Ruhestand, Elternzeit oder Beurlaubung.

Aussichten auf Genehmigung von Teilzeit sinken

Die Aussichten auf Genehmigung der Teilzeit sinken, wenn es vorrangig um die Work-life-balance geht. Eisenmann betont andererseits, der Lehrerberuf biete bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf „eine Flexibilität, die wir uns von der Wirtschaft oft wünschen“. Auch die Lehrerverbände GEW und Philologenverband bewerten die Vereinbarkeit als positives Argument im Lehrerberuf. Im vergangenen Jahr waren 73 Prozent der Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen Frauen.

Im Vorbereitungsdienst weitet das Land die Möglichkeit der Vereinbarkeit sogar aus. Künftig kann das Referendariat in Teilzeit absolviert werden. Wer ein Kind groß ziehe oder einen Angehörigen pflege, könne das Referendariat auf fünf statt drei Schulhalbjahre ausdehnen, kündigt Eisenmann an.

Philologenverband findet Arbeitsbelastung zu hoch

Bernd Saur, der Vorsitzende des Philologenverbands findet, „das Arbeitsvolumen eines Gymnasiallehrers ist zu hoch“. Ein voller Lehrauftrag sei kaum zu bewältigen, vor allem nicht in den korrekturintensiven Fächern. Auch Neueinsteiger in den Beruf „packen eine vollen Lehrauftrag gar nicht“, sagte Saur. Er bilanziert: „Die Belastungen im Lehrerberuf sind stark gestiegen. Lehrer reduzieren auf eigene Kosten. Sie verzichten lieber auf Geld, als Abstriche bei der Qualität ihrer Arbeit zu machen“.

Matthias Schneider, der Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Land, regt an, für junge Lehrer Supervision anzubieten. Wenn Berufseinsteiger konsequent begleitet würden, könnten sie auch mehr Stunden unterrichten.

Freiwillige Erhöhung

Kultusministerin Eisenmann bemüht sich inzwischen auch, Teilzeitkräfte zur Aufstockung ihrer Lehraufträge zu bewegen um die Unterrichtsversorgung zu sichern. 1300 Lehrer seien zum Schuljahrsbeginn diesem Aufruf gefolgt. „Ihr Einsatz hat dazu beigetragen, die Unterrichtsversorgung zu stabilisieren“, lobt die Ministerin und hofft auf weitere Freiwillige.