Muss man dem künftigen Arbeitgeber sagen, wenn man schwanger ist? Oder dass man psychische Probleme hat? Es gibt Fragen, die der potenzielle Chef im Bewerbungsgespräch gar nicht stellen darf. Und Notlügen, die erlaubt sind. Die wichtigsten Punkte im Überblick.

Düsseldorf - Wer sich um einen Job bemüht, hat meist viel Konkurrenz. Da liegt es nahe, beim Vorstellungsgespräch die eine oder andere unangenehme Frage mit einer Schummelei zu umschiffen. Teilweise ist das sogar erlaubt. Nur zulässige Fragen des potenziellen Arbeitgebers muss ein Bewerber vollständig und richtig beantworten. Entscheidend dafür ist ein berechtigtes Interesse. Für unzulässige Fragen hat das Bundesarbeitsgericht ein „Recht zur Lüge“ eingeräumt, so die ständige Rechtsprechung schon seit 1964 (Az: 1 AZR 251/ 63). Wo aber die Grenzen liegen, wurde in den vergangenen Jahren immer wieder neu definiert.

 

1. Krankheiten

Zulässig sind konkrete Fragen nach Krankheiten, die die Arbeitsfähigkeit bedeutend einschränken würden. Eine Allergie könnte zum Beispiel einer Friseurin ziemlich zu schaffen machen. Auf entsprechende Fragen ist wahrheitsgemäß zu antworten – sonst droht später die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Wer krank ist und deswegen möglicherweise den Job gar nicht antreten kann, muss das sogar ungefragt mitteilen. Es besteht dann eine so genannte Offenbarungspflicht.

2. Behinderung

Die Frage nach einer amtlich festgestellten Behinderung galt lange Zeit als zulässig (unter anderem Bundesarbeitsgericht Az: 2 AZR 380/99) und musste richtig beantwortet werden. Seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) mehren sich die Stimmen, die die Frage nun für unzulässig halten. Schließlich darf eine Behinderung laut AGG keine Rolle bei der Auswahl spielen. „Jedoch darf der Arbeitgeber fragen, ob der Stellenbewerber an gesundheitlichen, seelischen oder sonstigen Beeinträchtigungen leidet, durch die er für den beabsichtigten Job ungeeignet ist“, sagt Arbeitsrechtlerin Hildegard Gahlen von der Fachhochschule für Ökonomie und Management in Essen. Eine Behinderung wäre dann unter Umständen anzugeben.

3. Schwangerschaft

Ebenso galt früher die Frage nach einer Schwangerschaft zumindest dann als gerechtfertigt, wenn auf Grund der besonderen Anforderungen eines Jobs und der Mutterschutz-Vorschriften die schwangere Frau ihre Tätigkeit zunächst gar nicht aufnehmen konnte. Das Bundesarbeitsgericht entschied aber wegen des mittlerweile im Gesetz verankerten Benachteiligungsverbotes (Az: 2 AZR 621/01): Das Hindernis Schwangerschaft sei von „vorübergehender Natur“ und führe nicht zu einer dauerhaften Störung des Vertragsverhältnisses. Im verhandelten Fall durfte die betroffene Frau lügen. Das gelte selbst dann, wenn die gerade unbefristet eingestellte Arbeitnehmerin den Job wegen gesetzlicher Beschäftigungsverbote zunächst gar nicht antreten kann.

4. Persönliche Verhältnisse

Nach dem Familienstand und Kinder darf sich der potenzielle Arbeitgeber erkundigen, die weitere Familienplanung geht ihn nichts an. „Wird eine Frau gefragt, ob sie heiraten möchte, kann sie getrost das sagen, was dem Arbeitgeber vermutlich am besten gefällt“, so die Arbeitsrechtlerin Gahlen.

5. Finanzen

Die Frage nach den Finanzen – zum Beispiel nach eventuellen Schulden – ist nur dann zulässig, wenn es sich um eine Vertrauensstellung handelt, also etwa um einen Posten in der Bank. Mit Vorstrafen ist das so ähnlich: Sie müssen für den Job von Bedeutung sein. Wurde ein potenzieller Erzieher in der Vergangenheit wegen eines Sexualdeliktes verurteilt, so muss er das zweifellos erklären – allerdings nur so lange, wie die Vorstrafe im Bundeszentralregister eingetragen ist – maximal 15 Jahre.

6. Politische und religiöse Einstellung

Die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft oder einer Partei ist unzulässig. Ausnahmen gelten für Religionsgemeinschaften, unter Umständen auch deren Krankenhäuser und Kindergärten, sowie „Tendenzbetriebe“ wie Parteien oder Presseunternehmen. Eine gewisse Linientreue darf der Chef dann erfragen, allerdings nicht bei jedem Postboten. Der Bewerber muss ein „Tendenzträger“ sein, der das Unternehmen künftig repräsentieren soll.