Urlaubsreisen sind in Corona-Zeiten ein Problem. Die Stadt Waldenbuch will das italienische Lebensgefühl deshalb auch zu Hause verbreiten. Auf der Suche nach dem süßen Leben in der schwäbischen Kleinstadt.

Waldenbuch - Ein Selfie mit dem schiefen Turm von Pisa, ein Sonnenbad vor der Kulisse der Piazza San Marco oder ein eisgekühlter Aperol-Spritz an der Strandbar – italienische Lebensart gibt es jetzt gleich um die Ecke. Damit die Enttäuschung über die geplatzten Urlaubsträume im Corona-Sommer 2020 erträglicher wird, hat die Schönbuchstadt Waldenbuch im August „La dolce vita“ ausgerufen. Wer sich darauf einlässt, das süße Leben in der schwäbischen Kleinstadt zu entdecken, begegnet Menschen, die auf ihre ganz besondere Art und Weise versuchen, ihr Leben in schwierigen Zeiten ein wenig leichter und bunter zu gestalten.

 

Die Suche nach dem süßen Leben beginnt auf dem Parkdeck eines Bekleidungsmarktes in Waldenbuch. Temperatur und Wetter stimmen, die Sonne brennt vom Himmel. Das Thermometer zeigt 34 Grad Celsius. Das Schild vor der Ladentür lockt mit 20 Prozent auf Bademoden und einer Packung Nudeln für die ersten 1000 Kunden. Rundherum herrscht dichter Feierabendverkehr – allerdings ohne das vielstimmige Hupkonzert italienischer Automobilista. Im Grünstreifen zirpen die Grillen – für den Anfang also alles nicht schlecht.

In der Eisdiele steht ein Experte hinter dem Tresen

Der Weg führt in die Innenstadt. Auf der Bank vor der örtlichen Sparkasse sitzen Senioren, die sich – wie bestellt – auf Italienisch unterhalten. Man tauscht sich gestenreich über die politische Lage aus: „Porca miseria!“ La dolce vita? Ja, davon hat sie gehört, sagt die Dame mit dem kleinen Hund und weist in die verwinkelten Gassen der Altstadt. Kleine weiße Wimpeln wippen im Wind und zeigen an, welche Gastronomen und Einzelhändler die Italo-Wochen unterstützen. Die Metzgerei bietet neben Maultaschen jetzt auch Spezialitäten wie Coppa morbida aus dem Schweinenacken. In der Eisdiele nebenan steht mit Antonio Santoro ein Experte für italienische Lebensart hinter dem Tresen. Seine Familie stammt aus Polla, der Partnerstadt von Steinenbronn. Natürlich ist er mit von der Partie, wenn Waldenbuch das italienische Lebensgefühl beschwört und liefert auf Wunsch mit dem Pizzaexpress die landestypischen Teigfladen zur Pop-up-Strandbar neben der Stadtkirche St. Veit. „Das ist eine gute Sache. Da fehlt nur noch das Meer“, schwärmt er.

Als Ersatz für das Rauschen der Wellen gibt es das Lächeln von Maria. Die Gastgeberin der Osteria an der Marktstraße trägt die Sonne Siziliens im Herzen und hat auch in Waldenbuch Ecken entdeckt, in denen sie das Lebensgefühl der südlichen Gefilde findet. „Die Bank am Hirschbrunnen ist für mich so ein Ort und auch das Tal, das zur Seitenbachmühle führt“, verrät sie. La dolce vita – das sei eine Stimmung, die von innen komme. „Dazu gehören die Sonne, nette Menschen, gutes Essen und ein guter Wein, Strand und Meer. Man muss mit sich selbst im Gleichgewicht sein“, erzählt sie.

Was das betrifft, hat es Michaela Ruckh mit ihrer Familie im Hof des Waldenbucher Schlosses schon weit gebracht. Die Kinder stützen den schiefen Turm von Pisa, während sie sich mit ihrem Mann gegen das bekannte Bauwerk lehnt. Schnell ein Selfie machen und mit den Freunden teilen. „Das macht riesig Spaß“, jubeln die Jungs und Mädchen, die noch zwei Wochen bis zum Familienurlaub an der Atlantikküste warten müssen.

In Waldenbuch unter Palmen sitzen

Und weil man im Moment nicht weiß, ob das tatsächlich klappt, gehen sie mit dem Museum der Alltagskultur auf eine Reise ins Land der Fantasie. Vor haushohen Kulissen beliebter Touristenziele kann man sich über den Brenner träumen. Elke Seidita und Annemaria Pirolo sind sofort mit dabei. „An allen Urlaubsorten, die hier hängen, waren wir schon“, erzählen sie. Den geplanten Besuch bei der Familie in Italien haben sie abgesagt. Sie nehmen die Dinge, wie sie nun einmal sind und machen das Beste daraus. Die Liegestühle in der Pop-up-Strandbar gleich um die Ecke haben sie schon reserviert und freuen sich darauf, unter Palmen zu sitzen und mit den Zehen im feinen Sand zu spielen. „Jetzt fehlt nur noch das Essen von Mama“, sagt Annemaria mit Bedauern.

Auf kulinarische Genüsse aus der eigenen Küche muss Franz Nagel nicht verzichten. Das Waldenbucher Urgestein hat es sich zwischen Scheunentor und Traktor auf einer Bank vor der ehemaligen Schmiede der Familie in der Marktstraße bequem gemacht und zeigt mit seinem Sohn, dem Schwiegersohn und den Enkeln, dass das süße Leben auch in der schwäbischen Variante funktioniert. „Die Füße hochlegen, im Schatten sitzen, relaxen und ein Feierabendbier trinken“, mehr brauche es dazu nicht. Und wenn das nicht hilft, dann greift Plan B: Der Schwiegersohn arbeitet in der örtlichen Schokoladenfabrik.

La dolce vita – das Programm

Unter dem Titel „La dolce vita – Urlaubstage in Waldenbuch“ bietet die Stadt vom 31. Juli bis 30. August 2020 für Ausflügler und Daheimgebliebene einen Kurzurlaub mit italienischem Flair. 20 Unternehmen und neun Gastronomen beteiligen sich an der Aktion.

Liegestühle zum Relaxen und eine große Auswahl an Getränken gibt es an der Stadtkirche St. Veit. Die Pop-up-Strandbar ist donnerstags, freitags und samstags von 17 bis 22 Uhr geöffnet. Neben 30 Liegestühlen gibt es auch 60 Sitzkissen, mit denen die Stufen vor der Kirche zum gemütlichen Sitzplatz werden. Eine Online-Reservierung ist nötig. Die Infos dazu stehen unter www.waldenbuch.de. Tagsüber ist der Sandplatz ein familienfreundlicher Treffpunkt.