Die Uhlbacherin Ruth Eisele wurde vor 60 Jahren zur Baden-Württembergischen Weinkönigin gekürt. Anlass genug, den Uhlbacher Herbst ins Leben zu rufen.

Uhlbach - Es ist das älteste Weinfest seiner Art in Stuttgart: Morgen wird der 60. Uhlbacher Herbst eröffnet. Auslöser war damals die Wahl der Uhlbacherin Ruth Eisele zur Baden-Württembergischen Weinkönigin. Ein großes Ereignis für den heute nach wie vor dörflich geprägten Wengerterort. Dabei kam die Wahl eher zufällig zu Stande. „Damit hatte niemand gerechnet, am allerwenigsten ich“, sagt die ehemalige Hoheit, die seit langem Ruth Eisenbraun heißt. Dennoch steht sie – wie vor 60 Jahren – am Sonntag beim Jubiläumsumzug durch den Ort wieder im Mittelpunkt.

 

Wahl der Weinkönigin 1958 in Stuttgart

Im Jahr 1958 war vieles noch anders: Die Rebflurbereinigung lag noch in weiter Ferne, die Genossenschaften hatten noch einige Chöre und Weinfeste in der heutigen Art und Weise gab es noch nicht. Hingegen wurde bereits seit einigen Jahren die Baden-Württembergische Weinkönigin gekürt. Und 1958 fand die Wahl in der Landeshauptstadt statt – allerdings ohne Kandidatin aus Stuttgart. Das schmeckte dem Weinbauverband überhaupt nicht. Auf der Suche nach einer geeigneten Jungwengerterin schlug der Ortsobmann für Landwirtschaft in Uhlbach, Hermann Eisele, seine Nichte vor. „Ihm fiel lediglich mein Name ein“, erinnert sich Eisenbraun. Gegen 19 Konkurrentinnen setzte sich die 20-Jährige bei der Wahl auf dem Killesberg durch. „So viel wie die Weinköniginnen von heute mussten wir damals aber nicht wissen“, erinnert sich die heute 80-Jährige. Und auch nicht so viele Termine wahrnehmen. „Es gab nur ein paar Fernsehauftritte und einmal musste ich mit dem Lebensmittelverband für einige Tage durchs Land fahren.“

Hingegen war die Wahl zur damals noch Baden-Württembergischen Weinkönigin für Uhlbach eine ganz besondere Sache – schließlich war sie die erste aus Stuttgart. Es war der entscheidende Impuls für den Weingärtner-Singchor um Dirigent Hermann Elisat und Vorstand Ernst Kurrle, ein großes Fest zu kreieren. Und so wurde im September 1959 der erste Uhlbacher Herbst gefeiert.

Großer Festumzug mit geschmückten Wagen

Das ganze Dorf war auf den Beinen. Ein großer Festumzug mit geschmückten Wagen und allen Vereinen rollte durch ganz Uhlbach bis zum Festzelt an der Turnhalle, die Weinkönigin als Höhepunkt im VW-Käfer-Cabrio. Die Festumzüge gab es allerdings nur die ersten zehn Jahre, da der Aufwand zu groß wurde. Und 1969 entschloss man sich, den Uhlbacher Herbst mit der Kirbe zusammenzulegen. Das hatte ganz banale Gründe: Zum einen kam kein Kirbe-Jahrgang mehr zu Stande, zum anderen ging man der Lese aus dem Weg, denn die Kirbe fand meist erst Ende September oder im Oktober statt.

Zwar hat sich seit den Anfängen auch sonst viel verändert. Die Weingärtnergenossenschaft fusionierte 2007 mit den Rotenbergern zum Collegium Wirtemberg, der Weingärtner-Singchor heißt nun Sängercollegium Uhlbach und inzwischen organisiert die Genossenschaft das Fest. Die „Traditionen wollen wir aber weiter bewahren“, sagt Collegiums-Vorstandsmitglied Martin Kurrle. Deshalb findet am Sonntag zum 60-jährigen Jubiläum wieder ein kleiner Festumzug statt. Zudem wurde eigens ein Trollinger Götzenberg Jubiläumswein kreiert, denn „Uhlbacher Wein gehört zu Stuttgart wie der Fernsehturm und das Neue Schloss“, ist Kurrle überzeugt.

Für Eisenbraun werden dann Erinnerungen wach: „Es war eine schöne Zeit.“ Dem Weinbau blieb sie bis vor wenigen Jahren treu, bewirtschaftete einen Weinberg. Der Lebensmittelpunkt ist aber die Familie: ihre 5 Kinder, 13 Enkelkinder und 7 Urenkel. Alle werden am Sonntag an der Strecke stehen. Und manchmal wiederholt sich Geschichte. Ruth Eisenbraun ist heute selbst 80 Jahre alt – diesen Geburtstag feierte ihre Großmutter beim ersten Umzug – und just an diesem Sonntag soll ihr achtes Urenkelkind auf die Welt kommen.