Er legte Feuer und warf Molotowcocktails in der Marbacher Altstadt – laut dem Landgericht Heilbronn handelte der heute 43 Jahre alte Angeklagte dabei mit „enormer krimineller Energie“. Wegen Brandstiftung und versuchten Mordes wurde er zu neun Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

Heilbronn - Er legte Feuer in seinem eigenen Wohnhaus in der Marbacher Altstadt und warf zwei selbst gebastelte Molotowcocktails gegen die Eingangstüre der Stadtkirche sowie die Türe des Polizeireviers – laut dem Landgericht Heilbronn handelte der heute 43 Jahre alte Angeklagte dabei mit „enormer krimineller Energie“. Der vorsitzende Richter sprach zudem von einem geplanten und extrem heimtückischen Vorgehen, weshalb selbst eine lebenslange Freiheitsstrafe im Raum gestanden habe. Wegen Brandstiftung und versuchten Mordes in vier Fällen wurde der Mann schließlich am Freitag zu neun Jahren und drei Monaten Haft verurteilt – damit fiel die Strafe sogar höher aus, als beim Plädoyer von der Staatsanwaltschaft gefordert. Diese hatte acht Jahre beantragt.

 

Nur knapp waren vergangenes Jahr in der Nacht zum 3. Oktober – dem Tag der Deutschen Einheit – in der Marbacher Altstadt mehrere Menschen den Flammen entkommen. Wie dramatisch die Lage war, hatten Rettungskräfte und Ersthelfer im Laufe des Prozesses durch ihre Erzählungenverdeutlicht. Dass die Rettungskräfte überhaupt mitten in der Nacht zu dem Brand gerufen wurden, sei nur einem glücklichen Zufall – einer Gruppe feiernder Kumpels auf ihrem Weg zum Bahnhof – zu verdanken gewesen. „Man kann sich nicht vorstellen, was alles hätte passieren und wie viele hätten sterben oder schwerer verletzt werden können“, so der Richter. Auch bei der Stadtkirche sei nur durch das beherzte Eingreifen zweier Passantennicht mehr passiert.

Die Antworten des Angeklagten haben das Gericht „fassungslos“ gemacht

Was jemanden zu so einer Tat veranlasst? Verzweiflung? Überforderung? „Wir haben uns die Frage gestellt, aber die Antworten, die Sie gegeben haben, haben uns fassungslos gemacht, zeigen sie doch die Brutalität in Ihrem Denken“, sagte der Richter in Richtung des Angeklagten. Gezahlte Steuern habe dieser als „Schutzgeld an den Staat“ bezeichnet, das Grundgesetz als Märchenbuch. „Die Kirche machten Sie für 100 Millionen Tote verantwortlich und Sie sagten, sie würde nur Kinderfickerei betreiben – und Polizisten seien für Sie ebenso wie Soldaten nur Berufsmörder“, so der Richter.

Ein Blick auf ähnliche Urteile habe ergeben, dass man das Strafmaß höher ansetzen müsse. Denn anders als bei diesen Fällen habe der Angeklagte keine Reue, sondern Gleichgültigkeit gezeigt. Auch das planerische Vorgehen – Benzin besorgen, Molotowcocktails basteln, Feuermelder abschrauben und den Schlüssel im Schloss abbrechen –, wiege schwer.

Strafmildernd wirkte sich aus, dass der Angeklagte geständig war und bislang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist. Eine schizotype Störung könne man zudem nicht ausschließen, erklärte das Gericht.

Der Mann hatte zu Prozessbeginn gestanden

Nachdem der Mann die Taten zu Beginn des Prozessesgestanden hatte, war ihm danach nichts mehr zu entlocken. Als Erklärung für die Brandstiftung in seiner Wohnung hatte er zum Prozessauftakt angegeben, er habe den Geist seiner Oma vertreiben wollen, der ihn ärgere. Mit ihr hatte er bis 2018 in der Wohnung in der Marbacher Altstadt gelebt.