Der neue Kommandeur der US-Garnison Stuttgart, verantwortlich für 22 000 Angehörige der Army, wirbt für eine gute Zusammenarbeit mit den deutschen Nachbarn

Böblingen - Offen und freundlich tritt Glenn K. Dickenson, der neue Kommandeur der US-Garnison Stuttgart, den Journalisten bei der ersten öffentlichen Vorstellung gegenüber. „Wir legen Wert auf eine gute Nachbarschaft mit den Deutschen“, sagt er. Heikle Themen aber hat Slade Walters, der Chef der Presse- und Kommunikationsabteilung schon ausgeschlossen, bevor Dickenson den Raum betritt. „Der Colonel kann Ihnen keine Fragen zum Schießlärm beantworten, auch nicht zum Schulneubau nebenan. Dafür sind andere Abteilungen der US-Army in Wiesbaden zuständig.“

 

Also folgt eine halbe Stunde nettes Plaudern mit Colonel Dickenson und seiner Stellvertreterin Heidi Malarchik, einer Zivilangestellten des US-Militärs. Beide sind nicht zum ersten Mal in Deutschland stationiert, beide haben ihre Army-Laufbahn in Deutschland begonnen. Dickenson schwärmt von den deutschen Schlössern und Burgen, die er während seiner Dienstzeit von 1991 bis 1993 gemeinsam mit seiner heutigen Frau, damals auch Soldatin, besichtigt habe. „Ich bin ein Burgenfan“, bekennt er. Malarchik erzählt von ihrer deutschen Mutter und ihrer Hochzeit vor mehr als 30 Jahren in der Stuttgarter Robinson-Kaserne.

Fragen nach Konflikten mit den Nachbarn wegen des Lärms der Schießanlage, wo die US-Soldaten für ihre Einsätze im Nahen Osten trainieren, wiegelt Dickenson ab. „Beschwerden über Schießlärm gibt es auch an unseren Standorten in den USA.“ Auch dass die Amerikaner momentan wegen der NSA-Abhöraffäre ein schlechtes Image in Deutschland hätten, sieht er anders. Ressentiments habe er noch keine erfahren in den ersten vier Monaten seines Aufenthalts in Stuttgart. Im Gegenteil: „Ich mache viele Antrittsbesuche bei den Bürgermeistern der umliegenden Städte und werde überall freundlich empfangen.“

Der Colonel lobt die gute Zusammerbeit mit den Deutschen

Der Colonel betont die Zusammenarbeit mit den Deutschen, die es auf vielen Ebenen gebe. „Wir kooperieren sehr eng beim Thema Terrorismusbekämpfung.“ Lokale Projekte nennt sein Pressesprecher Walters: die jährlichen Notfallübungen etwa, die die lokalen Feuerwehren, Polizisten und Rettungsdienste gemeinsam mit denen der Kasernen durchführten. Oder den Anschluss der Böblinger Panzerkaserne an das Fernwärmenetz des Restmüllheizkraftwerks des Kreises. Das sei ein gutes Beispiel für eine Win-win-Situation, von der beide Seiten profitierten. Auch der gerade stattfindende Ausbau der Zufahrt zu den Stuttgarter Kelley Barracks gehöre dazu. „Das wird auch die Straßen rund um die Kaserne entlasten“, sagt Walters.

Und er nennt beeindruckende Zahlen: 113 Millionen Euro pro Jahr nähmen Hauseigentümer in der Region mit Mietern von der US-Army ein – immerhin leben fast 80 Prozent der Army-Angehörigen außerhalb der Kasernen. Auf 53 Millionen Euro beziffert Walters die Ausgaben der Amerikaner in Läden der Region. Insgesamt betrage der Gesamtumsatz der Armee-Angehörigen fast 250 Millionen Euro pro Jahr.

Die Army als Wirtschaftsfaktor

Die Botschaft dahinter: die US-Army ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. 22 000 Menschen an fünf Standorten in der Region Stuttgart gehören dazu. Davon sind nur 4000 Soldaten, der Rest Zivilangestellte und Familienangehörige. Allein 3000 Kinder und Jugendliche besuchen eine der amerikanischen Schulen und Kindergärten. Für alle ist der Colonel Dickenson verantwortlich: Er ist der Bürgermeister der US-Garnison Stuttgart.

Dass die Partnerschaft nicht einseitig sei, versucht seine Vertreterin Malarchik zu illustrieren. „Wir lernen von den Deutschen, etwa beim Umweltschutz.“ Und sie schwärmt vom deutschen Mülltrennungs-System. Der Colonel setzt noch eins drauf: Für die neue Highschool , die im September eröffnet werden soll, habe man sich das „intelligente Kühl- und Heizsystem“ des Stuttgarter Flughafens abgeschaut.

Neue Schule für US-Kinder

Kommando
Stuttgart gilt als einer der weltweit wichtigsten Standorte der US-Armee. Zwei von zehn Oberkommandos sind dort stationiert: das Eucom und das Africom. Die Armee verteilt sich auf fünf Stützpunkte: die Patch Barracks in Vaihingen, die Kelley Barrarcks in Möhringen, die Robinson Barracks im Stuttgarter Norden, den Army-Flughafen in Echterdingen und die Panzerkaserne in Böblingen, wo die Militärverwaltung mit Colonel Dickenson als Chef sitzt.

Schulen Bei der Panzerkaserne wird zurzeit die neue Highschool für die Region gebaut. Außerdem entsteht eine Grundschule für die Kinder der Panzerkaserne. Etwa 1200 Schüler sollen im September die beiden Neubauten beziehen.

Schießlärm Seit 20 Jahren kämpfen Anwohner gegen den Schießlärm – bisher erfolglos.