Offenbar aus wahltaktischen Gründen greift der US-Präsident erneut seine Notenbank an: Ihre Geldpolitik sei eine „Gefahr“ für das Wirtschaftswachstum. Es ist nicht die erste Breitseite gegen die Fed und ihren Chef Jerome Powell, den Trump selbst ins Amt gehoben hatte.

Frankfurt - US-Präsident Donald Trump hat offenbar ein neues Feindbild entdeckt: die US-Notenbank. „Für mich ist die größte Gefahr die Fed“, sagte der Republikaner am Dienstag (Ortszeit) in einem Fernsehinterview zur Wirtschaftsentwicklung. Vor einer Woche hatte er die Notenbank Federal Reserve bereits als „verrückt“ bezeichnet. Grund für den präsidentiellen Unmut sind die Zinserhöhungen der Fed.

 

Im Wahlkampf vor zwei Jahren hatte Trump noch über zu niedrige Zinsen geklagt. Allerdings lag der Leitzins der Fed damals noch unter einem Prozent. Seither hat die Notenbank ihre Zielvorgabe für den Satz, zu dem die großen Banken einander kurzfristig Kredit geben, schrittweise auf zwei bis 2,25 Prozent angehoben. Die letzten drei Erhöhungen wurden unter Fed-Chef Jerome Powell beschlossen – den Trump zu Jahresbeginn zum Nachfolger von Janet Yellen berufen hatte.

Powell plant weitere Zinserhöhungen

Trump betonte im Interview mit dem Fernsehsender Fox Business, die Notenbank sei unabhängig. Deshalb führe er mit Fed-Chef Powell keine Gespräche über dessen Geldpolitik, „aber mir gefällt nicht, was er tut“. Er sei der Auffassung, „dass wir weniger hohe Zinsen zahlen sollten“, sagte der Präsident. Angesichts der „niedrigen Inflation“ sehe er keinen Anlass für weitere Zinserhöhungen, wie Powell sie bereits in Aussicht gestellt hat.

Tatsächlich ist die Inflationsrate in den USA zuletzt gesunken: Im September lagen die Verbraucherpreise 2,3 Prozent höher als im Vorjahresmonat, im August hatte die Teuerungsrate noch 2,7 Prozent betragen.

„Die Inflationsrate liegt im Zielbereich der Fed“, sagt der Analyst Rudolf Besch von der Deka-Bank. Angesichts der guten Arbeitsmarktentwicklung und des kräftigen Wirtschaftswachstums in den USA gebe es aber Grund zu der Annahme, dass die Preise künftig schärfer anziehen könnten. Die Fed tue deshalb gut daran, weitere Zinsschritte anzukündigen: „Sonst könnte die Inflation überschießen und die Fed zu abrupten Zinserhöhungen zwingen, die im schlimmsten Fall eine Rezession auslösen könnten.“

Die Märkte reagieren gelassen

Während Trumps frühere verbale Attacken an den Börsen Irritationen auslösten, zeigten sich die Märkte am Mittwoch unbeeindruckt. Die Wall Street eröffnete zwar im Minus, als Hauptgrund dafür führten Beobachter aber einen kräftigen Kurseinbruch beim IT-Riesen IBM an. Der US-Dollar legte ungeachtet des Trump-Interviews gegenüber dem Euro zu. Offenbar erwarten die meisten Anleger, dass die Fed trotz der Kritik des Präsidenten an ihrem Kurs festhält. Eine Straffung der Geldpolitik stärkt in der Regel die dazugehörige Währung, weil die höheren Zinsen die Attraktivität von Geldanlagen in Dollar steigern.

Mutmaßungen, die Fed könnte die Zügel sogar noch stärker anziehen, um ihre Unabhängigkeit unter Beweis zu stellen, hält Deka-Bank-Experte Besch für übertrieben: „Ich denke, die Fed ignoriert das einfach. Bislang ist Powell auf Trumps Äußerungen überhaupt nicht eingegangen.“ Hinter den wiederholten Attacken des Präsidenten vermutet Besch wahltaktische Motive. „Viele Volkswirte erwarten, dass sich die Konjunktur bis 2020 abkühlen könnte – ausgerechnet im Jahr der nächsten US-Präsidentschaftswahl. Also sucht Trump sich jetzt schon einmal jemanden, dem er die Schuld dafür in die Schuhe schieben kann“, erklärt Besch.

Die Fed als „Buhmann“

Auch der Währungsexperte Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank vermutet, „dass Trump die Fed als Buhmann für den Fall aufbaut, dass es konjunkturell den USA mal nicht mehr so glänzend geht“. Er sieht die Gefahr, dass Trump bei einer Abschwächung der Konjunktur noch weiter gehen und dann doch an der Unabhängigkeit der Fed kratzen könnte: „Rechtlich machbar scheint, dass er Powell von der Rolle als Chairman entbinden könnte“, schrieb Leuchtmann in einer Analyse.

In einem Punkt liegt Trump durchaus richtig: Bei einem niedrigeren Zinsniveau würde die US-Wirtschaft wohl noch schneller wachsen als ohnehin schon. „Damit bestünde aber auch die Gefahr einer Überhitzung, der die Fed vorbeugen will“, sagt Deka-Bank-Experte Besch. „Trump scheint das nicht zu sehen, für ihn zählt nur der Moment.“

Dass höhere Zinsen nicht nur Vorteile haben, ist unstreitig. Erst vor einer Woche wies der Internationale Währungsfonds (IWF) darauf hin, dass die Kombination aus Dollar-Aufwertung und dem Anstieg der Renditen auf US-Staatsanleihen zu Kapitalabflüssen aus großen Schwellenländern beigetragen habe. Gleichzeitig betonte der IWF allerdings, die Geldpolitik der Vereinigten Staaten sei, gemessen am Wirtschaftswachstum, noch immer „akkommodierend“, also locker.