Der vom Baulöwen zum Präsidentschaftskandidat gewandelte
Donald Trump will keine Muslime mehr in die USA einreisen lassen. Über seine Tiraden sind sogar seine republikanischen Mitbewerber entsetzt.

Washington - An einem symbolträchtigen Datum stand der Kandidat an einem symbolträchtigen Ort. Es war der 74. Jahrestag des japanischen Angriffs auf Pearl Harbor, und der Ort war der ausgemusterte Flugzeugträger USS Yorktown, der im Hafen von Charleston als Museumsschiff dient. Der Kandidat fragte ins Publikum hinein: „Wollt ihr die Erklärung hören?“ Natürlich verlangte das Publikum lautstark danach, und so gab Donald Trump, der so gerne US-Präsident werden möchte, einen Vorschlag zum Besten. Der Immobilienmilliardär aus New York forderte ein „totales und vollständiges“ Einreiseverbot für alle Muslime in die USA. Da johlten die etwa 2000 Zuhörer noch ein bisschen lauter.

 

Es war der wahrscheinlich extremste Vorschlag in einer langen Reihe bizarrer Wortbeiträge, die der republikanische Präsidentschaftsbewerber bisher unters Volk gebracht hat. Donald Trump hat Frauen pauschal beleidigt und Latino-Einwanderer als Vergewaltiger und Kriminelle bezeichnet. Er will eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen und er will Moscheen unter Dauerbeobachtung stellen. In Mitteleuropa hätte jede einzelne dieser Ideen und Attacken mit großer Wahrscheinlichkeit zum Ausscheiden eines Kandidaten aus dem Wettbewerb geführt. Anders in Amerika, dort ist das politische Klima vergiftet, und Trumps Umfragewerte sind gestiegen und gestiegen. Mittlerweile führt der Mann, der einen Großteil seiner Beliebtheit aus der Tatsache zieht, dass er ein erklärter Nicht-Politiker ist, deutlich vor seinem größten Konkurrenten Ben Carson.

US-Präsident Obama dringt nicht durch

Derzeit spricht wenig dafür, dass sich Trumps Vorsprung wegen der Forderung nach einem Einreisestopp für Muslime verringern könnte. Denn nach dem Massaker von San Bernardino, bei dem in der vergangenen Woche ein muslimisches Ehepaar 14 Menschen tötete, hat sich die Angst vor islamistischen Anschlägen rasant verbreitet. Präsident Barack Obama appellierte zwar an die Nation, Muslime in den USA nicht unter Generalverdacht zu stellen.

Für Donald Trump aber waren das die falschen Worte. Während der Wahlkampfveranstaltung attackierte er den Präsidenten als Schwächling, dem die Sicherheit des Landes nicht ausreichend am Herzen liege. Und dann zitierte der Kandidat ausgiebig aus einer Umfrage, die belegen soll, dass eine große Zahl der Muslime Gewalt gegen Amerikaner in den USA befürworte. „Solange wir dieses Problem und die damit verbundenen Gefahren nicht verstehen, darf unser Land kein Opfer von Attacken werden, die an den Dschihad glauben. Wir müssen herausfinden, woher all dieser Hass kommt“, brüllte er ins Publikum und erhielt dafür tosendem Applaus. Da spielte es auch keine Rolle mehr, dass Trump die Umfrage freihändig interpretiert, und der Auftraggeber der Erhebung ein rechtsradikaler Verschwörungstheoretiker ist.

Mitbewerber finden Trump haarsträubend

Die Konkurrenten um die republikanische Präsidentschaftsnominierung beeilten sich, den Vorschlag Donald Trumps in Grund und Boden zu kritisieren. Der Präsidentensohn und Präsidentenbruder Jeb Bush, weit abgeschlagen in den Meinungsumfragen, nannte Trump „komplett verwirrt“. Die frühere Chefin des Computerkonzerns HP, Carly Fiorina, sprach von einer „gefährlichen Überreaktion“. Senator Marco Rubio, einer der wenigen republikanischen Kandidaten, die sich in den Umfragen halbwegs gegen Trump und Carson behaupten können, fand die Idee des Baulöwen „haarsträubend“. Muslimische Verbände sahen die Religionsfreiheit bedroht, und Experten sagten, Trumps Vorschlag dürfe schon alleine deswegen nicht umgesetzt werden, weil sie vom ersten bis zum letzten Buchstaben gegen die US-Verfassung verstoße.

Trumps Anhänger auf dem Flugzeugträger freilich sahen das ganz anders. Zwischenzeitlich riefen einige Zuhörer: „Schmeißt sie alle aus dem Land. USA, USA!“ Die Rhetorik des Kandidaten aus New York schien einmal mehr zu verfangen. Trumps Sprache ist nach Analyse von Wissenschaftlern die Sprache der Demagogen aus dem 20. Jahrhundert. Trumps Worte spalteten.