In den Patch Baracks in Stuttgart-Vaihingen hat General Curtis Scaparrotti am Dienstag den Befehl über die amerikanischen Truppen in Europa übernommen.US-Verteidigungsminister Ashton Carter hat dabei scharfe Kritik am Verhalten Russlands geübt.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Vor drei Jahren im Mai ist Ashton Carter schon einmal in Stuttgart-Vaihingen gewesen, damals in der Funktion als stellvertretender Verteidigungsminister. Es hatte leicht geregnet, als Carter General Philip Breedlove das Kommando über die US-Soldaten in Europa übergab, das Medieninteresse war überschaubar. Am Dienstag ist Carter wieder nach Vaihingen gekommen, dieses Mal als Chef des Pentagon. Die Sonne schien, als das Kommando von Breedlove an General Curtis Scaparrotti überging und ein Tross von mitgereisten Journalisten aus Washington hörte, was der Verteidigungsminister dabei so zu sagen hatte.

 

Natürlich gab es den bei solchen Anlässen üblichen Austausch an Höflichkeiten. Es gab verbale Blumen an den scheidenden General, nette Anekdötchen von Carters Tochter, die Philip Breedlove einst bei einem Vortrag an der Uni hörte, und dem Papa begeistert davon am Telefon berichtete. Es gab Vorschusslorbeeren für den neuen Kommandanten, der sich mit heiklen Orten auf der Welt auskennt. Zuletzt befehligte er die US-Streitkräfte in Südkorea. Es gab den Dank an die Soldaten in den Patch Baracks, an die Angehörigen aller Waffengattungen in Europa. Und es gab sehr klare Worte an die Adresse von Russland gerichtet. Mit diplomatischer Freundlichkeit hatte das nicht mehr viel zu tun.

„Wir werden unsere Freunde verteidigen“

Mit ihrem aggressiven Verhalten in der Republik Moldau und in Georgien, vor allem aber mit der Annexion der Krim und den Aktivitäten im Donbass gefährde Russland den Frieden, sagte Carter und schickte eine unmissverständliche Warnung hinterher: Jeder, der einen Nato-Partner attackiere, egal ob militärisch oder mit Mitteln der hybriden Kriegsführung, werde das später bereuen. Zwar halte man die Tür zum Kreml offen und habe das Ziel, Russland als Partner zu gewinnen, sagte Carter, machte mit Blick auf die baltischen Staaten aber klar: „Wenn nötig, werden wir unsere Freunde und Alliierten verteidigen.“ Man sei an jedem Tag auf alles vorbereitet. Dem Vier-Sterne-General Curtis Scaparrotti kommt als Befehlshaber von mehr als 100 000 Mann eine entscheidende Rolle zu, wenn die Nato ihre Präsenz im Osten erhöhen wird. Anfang Juni wird der Nato-Gipfel in Warschau über Details entscheiden. Scaparrotti, der bereits die internationalen Truppen in Afghanistan befehligt hat, bekleidet in seinem neuen Amt eine Doppelfunktion. Als Chef des Europäischen Kommandos der US-Streitkräfte (Eucom) ist er für Europa zuständig, aber auch für große Teile Asiens und Nordafrika. Traditionell ist der Eucom-Chef zugleich Oberbefehlshaber bei allen militärischen Nato-Einsätzen, und zwar weltweit.

Ein wenig in Stuttgart, ziemlich lange in Mons

Einen Großteil seiner Arbeitszeit wird Scaparrotti daher nicht in Stuttgart, sondern im belgischen Mons, dem militärischen Hauptquartier der Nato, verbringen. Dort ist bei den östlichen Bündnispartnern mit Befriedigung registriert worden, dass Scaparrotti bei seiner Anhörung im US-Kongress ebenfalls deutliche Worte zu den russischen Aggressionen gefunden hatte.

Zuletzt ist am Freitag ein russischer Kampfjet über der Ostsee nur zehn Meter über ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug hinweggeflogen, zuvor gab es ähnliche Zwischenfälle mit russischen Fliegern und amerikanischen Kriegsschiffen. Das Pentagon spricht von Provokationen und ernsthaften Sicherheitsbedenken. Vorbei scheinen die Zeiten, an die sich der US-Verteidigungsminister am Dienstag in Stuttgart erinnerte: 1995 habe er zusammen mit Russland daran gearbeitet den Frieden nach Bosnien zu bringen, sagte Carter.