Er ist der republikanische Präsidentschaftsbewerber mit dem Jungengesicht. Aber sein Aussehen trügt. Marco Rubio ist alles andere als ein Weichei. Er weiß, was er will. Und was er will, geht er zielstrebig an.

Washington - So stellen sich wohl viele einen idealen Schwiegersohn vor. Gut sieht Marco Antonio Rubio aus mit seinen flinken Augen und dem ordentlich gescheitelten braunen Haar. Immer wie aus dem Ei gepellt, auch im Pulli. Und wenn er lacht, dann wird sein jungenhaftes Gesicht noch um ein paar Jahre jünger.

 

Nicht, dass er das nötig hätte. Der republikanische US-Präsidentschaftsbewerber und Senator aus Florida ist erst 44. Daher meinen manche auch, dass er gut noch etwas hätte warten können, bevor er das Weiße Haus ansteuert. Aber sich Zeit lassen - das war nie Rubios Stärke.

Hinter dem „Babyface“ verbirgt sich ein Mann, der extrem ambitioniert ist und vor Selbstbewusstsein strotzt - das alles gepaart mit Eloquenz, rascher Auffassungsgabe und einem scharfen politischen Verstand. Auch Kritiker sind sich einig: Rubio hat viel Talent.

„Mein ganzes bisheriges Leben bin ich in Eile gewesen, meine Zukunft zu erreichen“, beschreibt Rubio in seinen Memoiren „An American Son“ sein Tempo. Es ist ein Ehrgeiz, der nicht immer gut ankommt. „Marco war der Prinz - er war der Auserwählte“, schildert ein einstiger Unterstützer im Magazin „The New Yorker“. „Du konntest förmlich sehen, wie er darüber entschied, was sein nächster Schritt auf der Leiter nach oben ist.“

Bisher hat es sich ausgezahlt. Sechsmal hat Rubio in der Vergangenheit für einen politischen Posten kandidiert - und immer gewonnen, zuletzt 2010 bei der Senatswahl. Und jetzt könnte er sich als der einzige Bewerber herauskristallisieren, der den Populisten Donald Trump im republikanischen Rennen noch stoppen kann.

Rubio selber betrachtet sich als ein Brückenbauer, jemand, der die gespaltene Partei zusammenführen kann. Eben als das frische Gesicht, wie es sich viele republikanische Anti-Establishment-Wähler wünschen, aber nicht so extrem wie Trump oder Senator Ted Cruz. Ein Mann für alle, von der Tea Party bis zur alten Parteigarde.

So etwas erfordert einen Spagat, und Rubio kann das. Der „New Yorker“ hat eine andere Bezeichnung dafür: „The Opportunist“ überschrieb er einen Bericht über Rubios „politische Fingerfertigkeit“. Darin wird aufgezeigt, wie Rubio seine Positionen verwässert oder verschoben hat, um sie Stimmungen und seiner politischen Karriere anzupassen. Tatsächlich hat er manchmal sogar versucht, es gleich zwei Seiten auf einmal Recht zu machen.

So stimmte er im Januar für eine Senatsresolution, in der es heißt, dass der Klimawandel „real“ sei. Aber dass er von Menschenhand verursacht wurde, daran äußert Rubio gern und häufig Zweifel. Ähnlich taktiert er, wenn es um das Thema Abtreibungen bei Inzest und Vergewaltigung geht. Oft - sicher ist sicher - fügt er in Antworten seinem politischen Standpunkt einen abweichenden persönlichen hinzu.

Wird Rubio immer noch häufig als moderat bezeichnet, ist er inzwischen zunehmend nach rechts gerückt, in den meisten Punkten stramm konservativ. Er ist gegen die Ehe von Homosexuellen, verschärfte Waffengesetze, würde bei einem Wahlsieg Obamacare - die Gesundheitsreform - rückgängig machen und die Unternehmenssteuern kräftig senken.

In Sachen Immigration distanzierte er sich nach innerparteilicher Kritik von einem von ihm selber mitinitiierten Gesetzentwurf im Senat, der für illegale Immigranten einen Weg zur US-Staatsbürgerschaft vorsah. Das Gesetz scheiterte am Ende, und Rubio räumt nun der Befestigung der US-Grenzen Priorität ein. In der Außenpolitik zählt er klar zu den Falken, will ein deutlich stärkeres Auftreten gegen Nordkorea, Russland und den Iran. Den Atomdeal mit Teheran lehnt er ab.

Das gilt auch für die von Präsident Barack Obama eingeleitete Normalisierung der Beziehungen zu Kuba. Er selber wurde am 28. Mai 1971 als Sohn kubanischer Einwanderer geboren, die Mutter arbeitete als Putzfrau, der Vater als Barkeeper, wie er immer wieder schildert.

Marco studierte Jura, aber interessierte sich schon frühzeitig für die Politik. Zuerst arbeitete er für eine Kongressabgeordnete, dann 1996 im Wahlkampf des damaligen Präsidentschaftskandidaten Bob Dole. Vier Jahre später zog er in den staatlichen Kongress in Florida ein, arbeitete sich dort - gefördert vom seinerzeitigen Gouverneur Jeb Bush - zum Parlamentspräsidenten hoch und zog schließlich in den Washingtoner Senat ein.

Bereits 1998 heiratete er seine Jugendliebe Jeanette, die kolumbianische Wurzeln hat. Zusammen haben sie vier Kinder. Rubio, ein Katholik, ist ein Familienmann, seine Kinder sind manchmal tagelang im Wahlkampf mit dabei. Einholen könnte ihn der Vorwurf, dass er offenbar schlecht mit Geld umgehen kann, Buchhaltung nicht seine Stärke ist, wie er selber in seinem Memoiren einräumt.

So häufte er früher hohe Schulden an, unter anderem, indem er sich ein Schnellboot leistete. Allerdings hat er seine Finanzen mittlerweile in Ordnung gebracht.

Seine Präsidentschaftskandidatur hat auch damit zu tun, dass ihm die Arbeit im Senat nicht behagte - wie es heißt, war sie zu langsam für ihn. Und dann hatte er auch wenig Erfolg bei seinen Gesetzesinitiativen. Dennoch waren viele überrascht, als er seine Kandidatur erklärte - trat er doch damit auch gegen seinen früheren Mentor Bush an.

Aber wieder einmal setzte sich die Ungeduld durch. Einem Freund soll Rubio gesagt haben: „Ich habe keine Angst, zu früh anzutreten. Ich habe Angst, zu lange zu warten.“