Skurriler Gerichtsfall im US-Bundesstaat Michigan: Ein 40-jähriger Amerikaner verklagt seine Eltern auf mehr als 82 000 Dollar Schadensersatz , weil sie seine umfangreiche Sammlung an Pornofilmen und Sexspielzeug – ohne ihn vorher zu fragen – weggeworfen haben.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Grand Rapids - Ein skurriler Fall beschäftigt derzeit ein Zivilgericht in Grand Rapids, der zweitgrößten Stadt im im US-Bundesstaat Michigan. Ein 40-jähriger Mann, der in Medienberichten nur „Charlie“ genannt wird, hat seine eigenen Eltern verklagt, weil sie seine umfangreiche Kollektion an Pornofilmen und Sex-Spielzeug weggeworfen haben.

 

Zahlreiche US-Medien – darunter auch die angesehene „The New York Times“ – berichten in ihren Online-Ausgaben über den ungewöhnlichen Justizfall. Demnach sollen die entsorgten nicht jugendfreien Gegenstände einen Einkaufswert von insgesamt 29 000 Dollar (25 600 Euro) haben.

Nach seiner Scheidung zog der Sohn zu den Eltern

„Charlie“ war nach der Scheidung von seiner Ehefrau im Jahr 2016 für zehn Monate in das Haus seiner Eltern in der 10 000-Einwohner-Stadt Grand Haven gezogen, wo er statt Miete zu zahlen Hausarbeit verrichtete. Nachdem er trotz mehrmaliger Aufforderung das elterliche Haus nicht verlassen wollte, riefen Vater und Mutter schließlich die Polizei zu Hilfe.

Drei Monate später, im November 2017, brachten sie die Habseligkeiten ihres Sohnes in dessen neues Heim im Bundesstaat Indiana. Doch es fehlte den Berichten zufolge seine Sammlung mit exquisiten Sex-Filmchen und diversen erotischen Accessoires.

Zwölf Umzugkartons mit Pornofilmen entsorgt

Laut „Fox 5 News“ haben die Eltern in einer E-Mail an ihren Sohn zugegeben, dass sie zwölf Umzugkartons mit Filmen und Magazinen sowie zwei Kisten mit Sex-Spielzeug entsorgt hatten. „abc 13-News “ berichtet, die Eltern hätten in der E-Mail geschrieben, dass sie es nur gut gemeint und an die „psychische und emotionale Gesundheit“ ihres Sohnes gedacht hätten.

Für die Entsorgung des Schmuddelkrams hätten sie „ziemlich lange gebraucht“. Sie hätten dasselbe getan, wenn es bei dem Fund um „ein Kilo Crack-Kokain“ gehandelt hätte. Eines Tages würde er sie verstehen.. „Ich habe dir einen Gefallen getan“, soll der Vater der britischen Zeitung „The Guardian“ zufolge geschrieben haben.

Sohn wirft Eltern „rachsüchtiges“ Verhalten vor

Nach der Entrümpelungsaktion wollte „Charlie“ Strafanzeige gegen das Elternpaar bei der Polizei stellen. Doch die zuständige Staatsanwaltschaft des von Ottawa County weigerte sich, Anklage zu erheben.

Später entschied sich „Charlie“ für eine Zivilklage. „abc 13-News“ zitieren ihn mit den Worten: „Wenn Sie ein Problem mit meinen Sachen hatten, hätten Sie das damals sagen müssen und ich wäre woanders hingegangen.“ Stattdessen hätten sie beschlossen, sich „rachsüchtig zu benehmen“.

Forderung nach 82 822,16 Dollar Schadensersatz

„Charlie“ gibt gegenüber den Medien an, die Sammlung habe jahrzehntealte, seltene Filme aus dem Erotik-Genre enthalten. Sie seien teilweise von Studios produziert worden, die inzwischen nicht mehr existierten.

Der 40-Jährige verklagt seine Eltern laut Medienberichten auf insgesamt 82 822,16 Dollar (umgerechnet 73 284,97 Euro) Schadensersatz – also quasi den dreifachen Kaufpreis der Schmuddel-Sammlung.

Zu der Sammlung gehören nach Angaben der Nachrichtenagentur „Associated Press“ und „News 4 Tuscon“ Filme wie „Big Bad Grannys“ und „Friskey Business“, ein Sex-Film aus dem Jahr 1984 mit der ehemaligen Erotik-Darstellerin Kimberly Carson, die 1985 für ihre Rolle in „Girls on Fire“ („Mädchen im Feuer“) den XRCO Award – den Filmpreis der US-Porno-Branche – gewann.

Info: Porno-Branche

Das feucht-fröhliche Gewimmel, das endlose Gestöhne, die obsessive Bilderauswahl – all das macht vor allem Männer an wie sonst nichts auf der Welt – mit Ausnahme vielleicht von Fußball. Pornografie im Netz ist ein Multi-Milliarden-Geschäft. Nach Schätzungen von Marktforschern belaufen sich die Umsätze mit Internet-Pornos allein in Deutschland auf jährlich über 4,5 Milliarden Euro. In den USA sind es mehr als elf und weltweit bis zu 100 Milliarden Euro.

Die Verkaufsmasche der Branche ist so simpel wie erfolgreich: Kostenlose „Appetit-Filmchen“ in oft mieser Bildqualität sollen Nutzer auf den Geschmack bringen, so dass sie einen Vertrag für Premium-Angebote abschließen. Für den erhalten Website-Betreiber eine Prämie. Da die meisten Clips und Filmchen im Netz gratis zugänglich sind, ist die Branche vor allem auf Werbeeinnahmen angewiesen.

Das britische Marktforschungsunternehmen SimiliarWeb erstellt jedes Jahr ein weltweites Ranking der Top-Websites, das auf dem Web-Traffic basiert. 2018 waren demnach in den USA unter den 20 beliebtesten Websites vier Porno-Portale. In Großbritannien lag eine Sex-Website sogar vor Wikipedia und Instagram.