Die USA wollen den Export von iranischem Öl komplett unterbinden. Im Mai läuft eine Übergangsfrist für die wichtigsten Großkunden des islamischen Staats ab. China hat gegen die US-Drohungen protestiert.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Benzin ist so teuer wie zuletzt Anfang Dezember – und es könnte noch schlimmer werden, denn die Ankündigung der US-Regierung, die Ausfuhr von Öl aus dem Iran komplett zu unterbinden, hat dem Rohstoff einen neuen Kurssprung beschert: Die Nordseesorte Brent verteuerte sich am Dienstag um drei Prozent auf über 74 Dollar pro Barrel (159 Liter). „Die USA verschärfen die Angebotsknappheit am Ölmarkt“, kommentierten die Rohstoffanalysten der Commerzbank.

 

US-Außenminister Mike Pompeo hatte am Montag erklärt, die Vereinigten Staaten wollten den Verkauf von Öl als wichtigste Einnahmequelle des Iran endgültig lahmlegen. Bereits im November hatte Washington mit Strafen für Unternehmen und Länder weltweit gedroht, die Geschäfte mit dem islamischen Staat tätigen. Den größten Abnehmern iranischen Öls wurde aber eine sechsmonatige Gnadenfrist gewährt, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich um neue Lieferanten zu bemühen. Diese Frist läuft nach Pompeos Worten am 2. Mai aus: „Wir werden keine Ausnahmen mehr zulassen.“ Nur so könne Teheran daran gehindert werden, militante Gruppen wie die Hamas in Israel oder die Hisbollah im Libanon zu unterstützen.

Peking hat gegen die Drohungen Washingtons protestiert

Von der US-Entscheidung unmittelbar betroffen sind China, Indien, Südkorea, die Türkei und Japan. Italien und Griechenland fielen zwar ebenfalls unter die Ausnahmeregel, haben die Einfuhr iranischen Öls aber bereits gestoppt. Gleichwohl droht die Verschärfung der US-Sanktionen auch Europa zu treffen. Denn wenn die iranischen Ölexporte komplett zum Erliegen kämen, „würde sich das Defizit am Ölmarkt auf bis zu zwei Millionen Barrel pro Tag ausweiten“, schreiben die Experten der Commerzbank. Die Folge wären weitere Preissteigerungen. Allerdings sei fraglich, ob China als mit Abstand größter Kunde des Iran der Aufforderung der USA Folge leisten werde.

Peking hat bereits gegen die Drohungen Washingtons protestiert. Einseitige Sanktionen seien nicht akzeptabel, erklärte das Außenministerium. Die USA hatten sich zuletzt um eine Entschärfung des Handelskonflikts mit China bemüht – ob Washington bei einer Fortsetzung chinesischer Ölimporte aus dem Iran tatsächlich mit Strafen reagieren würde, ist daher ungewiss.

US-Regierung setzt darauf, dass Saudi-Arabien die Förderung hochfährt

Auch die US-Verbraucher leiden unter steigenden Ölpreisen. Zwar wird ein Großteil des amerikanischen Energiebedarfs mittlerweile aus heimischen Quellen gedeckt, gänzlich unabhängig vom Weltmarkt sind die Vereinigten Staaten aber nicht. Erst vergangenen Freitag griff US-Präsident Donald Trump deswegen die Organisation Erdöl produzierender Länder (Opec) scharf an: „Sieht so aus, als wäre die Opec schon wieder am Werk. Die Ölpreise sind künstlich sehr hoch!“, schrieb Trump auf Twitter. Tatsächlich hatte das Kartell im Dezember, als sich der Ölpreis im Sinkflug befand, eine Förderkürzung beschlossen. Der starke Rückgang der Opec-Produktion seit Herbst 2018 gehe aber nicht allein auf diese Entscheidung zurück, schreibt LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert in einem Kommentar. Vielmehr hätten auch die bisherigen US-Sanktionen gegen den Iran sowie das politische und wirtschaftliche Chaos in Venezuela dazu beigetragen.

Die US-Regierung setzt nun offenbar darauf, dass ihr enger Verbündeter Saudi-Arabien seine Förderung wieder hochfährt. Nach Einschätzung der Commerzbank kann das Land seine Produktion aber lediglich um 0,5 Millionen Barrel pro Tag erhöhen, wenn es seine Partner in der Opec nicht verprellen will. Ein Totalausfall der iranischen Exporte wäre damit nicht zu kompensieren. Bleibt noch die Hoffnung auf die USA selbst: Dort wird laut Außenminister Pompeo in diesem Jahr ein Anstieg der Ölproduktion um 1,5 Millionen Barrel pro Tag erwartet.