Vegane Burger, Eis und Pralinen: Die Essenststände waren der Renner beim Vegan Street Day in der Stuttgarter Innenstadt.

Stuttgart - Seit gut 15 Minuten stehen Philipp und Brigitte nun schon in der Warteschlange. Und wie es aussieht, wird es noch eine Weile dauern. Das Ziel ihres Wartens: Ein veganer Burger von „I love veggie Burger“, der aus einem kultigen, den Stil der sechziger Jahre aufgreifenden Foodtruck gereicht wird. Die beiden sind aus Tübingen und Heidelberg angereist,verzichten zwar für gewöhnlich nicht komplett auf tierische Produkte, ernähren sich aber vegetarisch. „Ich esse trotzdem gerne vegan“, sagt Brigitte. Ganz auf Milchprodukte und ähnliches zu verzichten, finde sie aber schwierig,da sie häufig auf Reisen sei. „Da möchte man auch mal die regionale Küche probieren.“ Die lange Wartezeit nehmen sie gerne in Kauf. Brigitte holt sich zwischendurch einen frisch gemixten grünen Smoothie vom Stand nebenan.

 

Der Foodtruck ist einer von rund dreißig Essensständen beim sechsten Vegan Street Day in Stuttgart. 2010 hat alles ganz klein auf dem Kronprinzplatz angefangen, der reicht aber schon lange nicht mehr aus. Am Marktplatz, entlang der Kirchstraße und auf dem Schillerplatz, drängen sich jetzt Menschenmassen an Informationsständen von Tierschutzorganisationen oder Gnadenhöfen sowie an solchen, die vegane Kleidung anbieten, Taschen oder Kosmetik. Am meisten los ist an den Essensständen. Auf zwei Bühnen wird außerdem musiziert, informiert oder live gekocht.

Früher waren Veganer Exoten

„In den vergangenen Jahren haben wir immer wieder an der zehntausender Marke gekratzt, heute haben wir die definitiv überschritten“, sagt Achim Stammberger, Vorsitzender von Animal Rights Watch. Sein Verein ist Organisator des Vegan Street Days. Der große Zulauf, vermutet Stammberger, liege sicherlich am Pfingstsonntag und dem schönen Wetter. Außerdem rücke gesunde und vegane Ernährung immer mehr ins Bewusstsein. „Die Menschen werden immer offener. Früher war man als Veganer ein Exot“, sagt Stammberger, der sich seit 2006 tierfrei ernährt. Heute würden viele umdenken, auch solche, von denen man es nicht erwartet hätte. Der Vegan Street Day finanziert sich über Kuchenverkauf, seit vergangenem Jahr aber auch über Standgebühren. „Sonst könnten wir die steigenden Kosten nicht stemmen“, sagt Stammberger. In diesem Jahr gibt es so viele Essensstände wie nie zuvor, betrieben werden sie überwiegend von Profis, etwa vom veganen Restaurant Coox & Candy aus Bad Cannstatt oder The Green Stream aus dem Stuttgarter Süden.

Auch Zsuzsanna Bánvölgyi-Stadler darf sich seit gut einem Jahr Profi nennen. Sie hat sich mit der Zubereitung von veganen Donuts und anderem Gebäck selbstständig gemacht und beliefert seither unter dem Namen „Leckerschmecker Küchenfee“ Lokale und Läden wie die Kichererbse und gibt Koch- und Backkurse. Beim Vegan Street Day steht sie mit einem kleinen Stand auf dem Marktplatz. Schon um die Mittagszeit sind fast alle Kuchen und Donuts auf der Tafel durchgestrichen. „Es läuft richtig gut“, sagt Bánvölgyi-Stadler, die jetzt nur noch mit Quarkbällchen und Schmalzgebäck dienen kann.

Beim Erdlingshof werden Patenschaften übernommen

Informationen über Tierschutz und vegane Ernährung gibt es etwa bei Peta oder Ärzte gegen Tierversuche. Am Stand vom Erdlingshof können die Besucher gleich Patenschaften für gerettete Tiere übernehmen. Der Hof ist im Bayerischen Wald beheimatet und gibt Tieren, die etwa aus Mastbetrieben aufgenommen wurden, ein neues Zuhause. Der Geschäftsführer des Hofs, Johannes Jung, zeigt am Stand auch, welches für die Tiere schmerzhafte Gerät in der Nutztierhaltung eingesetzt wird.

Nach knapp vierzig Minuten haben Brigitte und Philipp ihr Ziel erreicht. Während sie ihren Burger verspeisen, denken die beiden schon über das Dessert nach. Es wird entweder ein veganes Eis, ein Kuchen im Glas von Schneewittchens sieben Sterne oder Pralinen von Happy Herbi. „Wahrscheinlich gehen wir dorthin, wo die Warteschlange am kürzesten ist“, sagt Brigitte.