Vor allem in Backnang, Waiblingen und Schorndorf ist in den kommenden Wochen ein reichhaltiges Bühnenprogramm geplant. Eigentlich war ein gemeinsamer Kultursommer vorgesehen, aber dieser hat sich zerschlagen.

Rems-Murr-Kreis - Am 23. Oktober 2020 hat die Band Sloe Paul das letzte Präsenz-Konzert in der Schorndorfer Manufaktur bestritten. Nun sind die fünf jungen Musiker die ersten gewesen, mit denen die Kultureinrichtung am Freitag nach mehr als sieben Monaten Pause ihren Livebetrieb wieder aufgenommen hat: „Das war aber reiner Zufall“, sagt der Programmmacher Werner Hassler, der vor dem Neustart richtig aufgeregt war.

 

Das Konzert im Hof der Manufaktur war der Auftakt für einen Sommer mit ganz viel Kultur im Kreis. Eigentlich sollte es eine Art Gemeinschaftsveranstaltung an Rems und Murr geben. Aus einer vorgesehenen konzertierten gemeinsamen Bewerbung der Großen Kreisstädte auf ein entsprechendes Förderprogramm der Bundeskulturstiftung wurde ein Dreierantrag – doch letztlich ein erfolgloser: Backnang, Waiblingen und Schorndorf kamen mit ihrem angedachten „Kultursommer an Rems und Murr“ nicht zum Zuge. Gestorben ist die Idee, Kulturschaffenden und -rezipienten nach der langen coronabedingten Pause ein geballtes Angebot zu machen, deshalb aber nicht. Die Städte wollen das nun alleine stemmen.

Backnang startet schon am kommenden Freitag

Am konkretesten ist die Sache in Backnang gediehen. Dort startet der „Erste Backnanger Kultursommer“ bereits am kommenden Freitag mit „On Broadway“, einer Musical-Gala, die gleich zweimal an diesem Abend, um 19 und um 21.30 Uhr, auf der Marktplatzbühne aufgeführt wird. Insgesamt erwarten die Besucher vom 18. Juni bis zum 1. August mehr als 60 Veranstaltungen, die in Kooperation mit dem Bandhaus Theater und vielen Kulturakteuren realisiert werden. Zu sehen gebe es auf sechs Bühnen „die ganze runde, bunte, muntere Vielfalt Backnangs“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt: „Theaterproduktionen von höchst aktuellen Stücken wie ,Die letzte Sau’ bis zu Märchen für Kinder, Konzerte von Rock und Musical über Chanson bis Klassik, Lesungen und Lyrikwanderung, Kunstausstellungen und Workshops, Kasperltheater und Schlagerabend, Filmnächte und philosophische Sternstunden – damit ist für alle Kulturinteressierten etwas dabei.“

Spielorte für die Backnanger Kultur sind die Marktplatzbühne, der Stiftshof, der Markgrafenhof, der Biolandhof Adrion, die Barockscheune in Oberschöntal sowie die Spinnerei Außenstelle und das Hofgut Hagenbach. Eintrittskarten zwischen 22 und 38 Euro sind bereits online erhältlich.

Waiblingen plant lokal und überregional hochkarätig

In Waiblingen ist am Donnerstagabend im zuständigen Gemeinderatsausschuss darüber beraten worden, ob die Stadt für eine eigene Veranstaltungsreihe vom 3. bis zum 12. September mehr als 800 000 Euro locker machen soll. Das Gremium ist einstimmig dafür und empfiehlt dem Gemeinderat in der kommenden Woche den Beschluss – obwohl außer dem Team um den Fachbereichsleiter Thomas Vuk noch keiner weiß, wer genau auf den Bühnen stehen soll. Geplant ist laut der Gemeinderatsvorlage „ein hochkarätiges und vielfältiges Programm für Jung und Alt, präsentiert von Künstlerinnen und Künstlern aus Waiblingen, der Region und darüber hinaus.“ Man sei bereits mit lokalen, aber auch überregionalen Künstlern von hohem Rang im Gespräch, sagt Vuk, bittet auf Nachfrage aber um Verständnis, dass man erst nach einem Gemeinderatsbeschluss konkrete Namen nennen könne.

Die vergleichsweise hoch angesetzten Kosten für die Veranstaltungsreihe seien nicht nur darauf zurückzuführen, sondern auch der Tatsache geschuldet, dass man einen Ort wie die Brühlwiese in den Talauen bespielen müsse. „Dort braucht man Ton, Licht, Bühne, Absperrung, Infrastruktur, Security et cetera. Das ist nicht billig zu machen.“ Nicht nur er, auch sein Chef ist überzeugt davon, dass es sich lohnt: „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass die Kultur zurück in die Stadt kommt“, sagt der Oberbürgermeister Andreas Hesky. Um die Finanzierung ist ihm da nicht bange. 200 000 Euro hatte die Stadt ohnehin für das Altstadtfest eingeplant, das man wegen der Coronapandemie lieber frühzeitig abgesagt hatte. 100 000 Euro steuert die Eva-Mayr-Stihl-Stiftung bei. Den Rest will man über Sponsoren, aber auch Eintrittsgelder abdecken.

Bei letzteren wolle man sich am unteren Rand der Marktpreise orientieren, versichert der OB, allerdings sei auch ein gewisser Rahmen einzuhalten. „Wir können für ein Konzert der Rolling Stones, das normalerweise vielleicht 50 Euro kostet, nicht einfach nur 20 verlangen“, macht Hesky eine Musterrechnung auf – ohne dabei freilich den ersten Top-Act verraten zu haben. Mick Jagger und Keith Richards am Remsufer wäre wohl auch zu utopisch gewesen.

Schorndorf will ein gemeinsames Dach bieten

Schorndorf war erst einen Tag vor Abgabe des Antrags auf den Kultursommer-Zug aufgesprungen. Entsprechend wenig weit gediehen seien die inhaltlichen Pläne damals gewesen – zumal der dortige Kulturbetrieb anders aufgestellt sei als etwa in Waiblingen und Backnang: „Wir haben viele verschiedene Kulturtreibende, die ihr eigenes Programm erarbeiten“, sagt Lars Scheel, der Leiter des Eigenbetriebs Tourismus und Citymanagement. Nun soll es zwar auch in Schorndorf einen Kultursommer geben – allerdings ist dieser eher als ein gemeinsames Dach für das umfangreiche Bühnenprogramm in der Stadt zu sehen. „Wir koordinieren und greifen gerne bei spontanen neuen Ideen finanziell unter die Arme“, sagt Lars Scheel. Neben den Livekonzerten der Manufaktur wird es ein Open-Air-Programm des Kulturforums geben, zudem eine Freiluftbühne vor der Barbara-Künkelin-Halle sowie klassische Musik im Röhm-Areal. „Mit einer kleinen Wanderbühne in der Innenstadt möchten wir die Gastronomie fördern“, sagt Scheel.

Er rechnet mit einem Start Mitte, Ende Juli. In der Manufaktur geht es bereits am Freitag mit dem nächsten Konzert weiter. Werner Hassler freut sich, dass Mitte August mit Kikagaku Moyo sogar eine japanische Band auf der Bühne steht: „Das ist der Knaller, da sind wir stolz drauf“, sagt Hassler, der als Höhepunkte aber auch die heimischen Bands Kafvka und International Music benennt. Für einige Konzerte müssen Tickets gekauft werden, andere funktionieren auf Spendenbasis und ohne Reservierung: „Das hat vergangenes Jahr gut funktioniert, wir mussten nie jemanden wegschicken.“

Fellbach feiert sein Jubiläum

Dass die Stadt Fellbach sich, anders als Waiblingen, Backnang und Schorndorf, nicht am gemeinsamen Konzept für einen Rems-Murr-Kultursommer beteiligt hat, ist die Folge gewisser Tempofähigkeiten. Denn die Stadt hatte sich um die Gelder des Programms „Kultursommer 2021“ der Bundeskulturstiftung schon deutlich früher bemüht – und sie anders als die anderen Großen Kreisstädte auch erhalten, wie Kulturamtsleiterin Maja Heidenreich berichtet. 107 000 Euro flossen aus Berlin ins vordere Remstal – Geld, mit dem Theaterprojekte unterstützt oder ausfallende Gagen abgefedert wurden. Für eine erneute Förderrunde konnte sich Fellbach dann natürlich nicht mehr bewerben. Die Stadt am Fuße des Kappelbergs konzentriert sich ansonsten auf die mit vielen Kulturveranstaltungen garnierte 900-Jahr-Feier. Es gibt Vorträge zum Fellbacher Dialekt („Wo man Riebele, Luckeleskäs und Schnitzbrot isst“ am 23. Juni), die Ausstellung „Wort – Ort – Wein“ im Stadtmuseum (ab 17. Juli) und am selben Abend die lange Kulturnacht im Rathaus-Carrée.

Winnenden wägt derzeit noch ab

Das kulturelle Leben in Winnenden liegt zurzeit noch weitgehend brach: Der Citytreff ist abgesagt, und ob die Weintage stattfinden werden, wird erst noch entschieden. Eigentlich sei geplant gewesen, die Weintage zu vergrößern und das Angebot dieses Jahr auszuweiten, sagt Tanja Trefz vom Kulturamt der Stadt. Doch ob das klappt, ist noch nicht sicher. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Das gleiche gilt auch für den Kunsttreff am Marktbrunnen, mit dem die Kunstinitiative Winnenden (Kiwi) seit Jahren die Woche ausklingen lässt: Jeden Freitag gibt es hier normalerweise Livemusik – und zwar umsonst. Die Reihe hätte unter normalen Umständen längst begonnen, doch aufgrund der Pandemie wurden zumindest die Auftritte im Juni gestrichen. Wie es im Juli weiter geht, werde zurzeit beraten, sagt Tanja Trefz. Auch beim Förderverein Alte Kelter hat man das für Juni geplante Theaterstück aus der Reihe „Kultur trotzt Corona“ abgesagt. Dafür wurden zwei zusätzliche Jazz-Matineen am 1. August und 5. September ins Programm genommen. Veranstaltungen zu planen, seufzt Gudrun Obleser vom Förderverein, sei gerade ganz schön schwierig. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, tröstet indes der Verein „Winnenden goes metal“ seine Anhänger. Man tüftle noch an einer Lösung für das Festival, das vom 16. bis 18. September, also direkt nach den Sommerferien, stattfinden soll.

Umso mehr werden sich die Winnender auf ein Sonderkonzert mit dem Cellisten Claudio Bohórquez freuen, das bereits einmal verschoben worden ist, nun aber definitiv stattfindet: Am Mittwoch, 30. Juni, spielt der Cellist um 20 Uhr in der Hermann-Schwab-Halle alle fünf Cellosonaten von Ludwig van Beethoven. Begleitet wird er von dem Pianisten Peter Nagy.

JAK-Sommer-21 und Jazzfest

In Weinstadt sind zwar der leuchtende Weinberg zum Start der Sommerferien und die Nacht der Keller im September definitiv abgesagt. Dafür steht der Jazzclub Armer Konrad in den Startlöchern, um sein lange darnieder liegendes Programm noch im Juni wieder zu beleben. Den Auftakt zum JAK-Sommer 21 macht voraussichtlich am Donnerstag, 24. Juni um 19.30 Uhr, die Band „Jo Ambros – bread and roses“. Am Freitag, 2. Juli, folgt der Auftritt von Matthias Frey und Büdi Siebert. Vom 15. bis zum 17. Juni geht das diesjährige Jazzfest des JAK weiter mit Boda Janke, dem Meeting zum diesjährigen Jazzpreis Baden Württemberg, Omar Sosa und Joo Kraus sowie mit „The Swing Thing feat. Fola Dada“. Die Hot Damn Horns (29. Juli), Silou&Hell (5. August), Laura sings (19. August), Tolyqin (21. August), Feeling Good Blues Band (3. September) sowie das Gregor Hübner Quartett (Samstag, 4. August) vervollständigen die bisherige Planung in Weinstadt.