Die CDU prescht vor und fordert Millionen für Betreuungsangebote außerhalb der verbindlichen Ganztagsschule. Damit setzt sie den grünen Koalitionspartner unter Druck.

Stuttgart - Beim Thema Ganztagsschule zeichnen sich neue Differenzen in der grün-schwarzen Koalition ab. „Unser Fokus liegt klar auf der Stärkung der Ganztagsschule“, erklärt Sandra Boser, die Bildungsexpertin der Grünen, unserer Zeitung. Indes prescht die CDU-Fraktion bei der Unterstützung freiwilliger Angebote vor. Ihr bildungspolitischer Sprecher Karl-Wilhelm Röhm sagte unserer Zeitung: „Eltern dürfen nicht bevormundet werden.“ Acht bis zehn Millionen Euro will die Fraktion für die flexiblen freiwilligen Betreuungsangebote in den Nachtragshaushalt einstellen. Dann könnten diese vom Schuljahr 2019/20 an finanziell unterstützt werden.

 

CDU wirft Grünen Scheuklappenhaltung vor

Damit werde man dem Elternwillen gerecht, sagt Röhm und teilt in Richtung der Grünen aus: „Eltern wissen am besten, was für ihr Kind gut ist. Ideologisch begründete Scheuklappen darf es es im Interesse der Eltern nicht geben.“ Röhm geht auf Konfrontationskurs: „Unserem grünen Koalitionspartner empfehle ich dazu dringend, dass er endlich hört, was die Menschen im Land tatsächlich wollen.“ Es könne „noch so gut sein, dass Kinder den ganzen Tag in der rhythmisierten Ganztagsschule gefördert werden, wenn Eltern das aber für ihr Kind ablehnen, dann müssen wir als verantwortliche Politiker hören, akzeptieren und dem Wunsch der Eltern gerecht werdende alternative Lösungen finden.“

Die CDU-Fraktion macht sich dafür stark, auch an bereits bestehenden verbindlichen Ganztagsschulen neue flexible Angebote von Kommunen, also etwa Horte, mit Landesgeld zu bezuschussen. „Eine Begrenzung solcher Angebote auf Grundschulen ohne rhythmisiertes Ganztagsangebot ist mit uns als CDU-Landtagsfraktion nicht zu machen“, unterstreicht Röhm und rät den Grünen: „Unseren Koalitionspartner fordere ich auf, sich dieser pragmatischen Lösung im Interesse der Menschen in unserem Land nicht zu verschließen.“

Grüne reagieren reserviert

Der Koalitionspartner gibt sich reserviert. Man habe den Wiedereinstieg des Landes in die Finanzierung der kommunalen Betreuung im Koalitionsvertrag vereinbart, ruft Sandra Boser in Erinnerung. Demgemäß werde man ihn auch mittragen. Bisher habe das Kultusministerium aber noch keinen Vorschlage vorgelegt, wie dies umgesetzt werden solle. „Erst dann können wir über den finanziellen Bedarf reden“, tritt Boser auf die Bremse. Ansonsten sehen die Grünen die Ganztagsschule als „kostenloses und allgemein zugängliches Angebot des Landes als zentrales Instrument für mehr Bildungsgerechtigkeit“.

Zwei Drittel wollen freiwillige Angebote

Die CDU-Fraktion beruft sich auf eine Umfrage des Erfurter Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzendenkonferenz. Darin hatten sich bereits im Januar bundesweit 70,5 Prozent der Befragten dafür ausgesprochen, dass Ganztagsangebote freiwillig sein sollten. In Baden-Württemberg waren es 69 Prozent. Verpflichtende Ganztagsschulen begrüßen im Bund 20,3 Prozent und im Südwesten 22,5 Prozent der Befragten. Damit spiegle die Umfrage das Ergebnis der beiden Ganztagsgipfel, die Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) in den Jahren 2016 und 2017 abgehalten hatte, meint die CDU-Fraktion.

Fraktionen am Zug

Als Ergebnis der Gipfel hatte die Kultusministerin mitgenommen, dass es neben den rhythmisierten Ganztagsgrundschulen künftig auch ein verstärktes finanzielles Engagement des Landes für die flexiblen kommunalen Betreuungsangebote geben solle. Dies bedürfe, so Eisenmann aber noch „der Abstimmung innerhalb der Landesregierung und der sie tragenden Landtagsfraktionen“.

Nach den Vorstellungen der CDU soll es künftig die verbindliche Ganztagsschule, eine klassische Halbtagsschule und die Halbtagsschule mit flexiblen freiwilligen Betreuungsangeboten am Nachmittag geben. Die Angebote sollen auch an einem Schulstandort parallel möglich sein.