Mit Streiks an diversen Amazon-Standorten versucht die Gewerkschaft Verdi, das Weihnachtsgeschäft des Versandriesen zu beeinträchtigen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Pforzheim - Der zum Jahresschluss neu entbrannte Arbeitskampf beim Onlinehändler Amazon kann dessen Weihnachtsgeschäft bisher nicht offensichtlich beeinträchtigen – doch die Nervosität auf Seiten des Unternehmens wächst zusehends. So beklagt Verdi im Pforzheimer Versandzentrum neuerdings „massive Verletzungen von Grundrechten“.

 

Konkret wurde betrieblichen Vertrauensleuten gerade unter Androhung arbeitsrechtlicher Folgen verboten, die üblichen Sicherheitswarnwesten gegen Westen der Gewerkschaft zu tauschen. Ein gewisses Maß an Beschriftungen sei erlaubt, erläuterte ein leitender Angestellter den Betroffenen nach StZ-Informationen – nicht jedoch die Schriftzüge Verdi oder Pegida. Für den Verdi-Fachbereichsleiter Bernhard Franke zählen diese Vorkommnisse zu einer Reihe von Angriffen auf Persönlichkeitsrechte und Gewerkschaftsfreiheiten. Im September war Amazon damit vor Gericht gescheitert, eine Flugblattverteilung vor dem Personaleingang zu untersagen. Wenig später wurde das Unternehmen vom Arbeitsgericht erneut gestoppt: Verdi durfte nicht verboten werden, für Streikmaßnahmen den Betriebsparkplatz vor dem Personaleingang zu betreten.

Erst ein Streik in Pforzheim

Anders als etwa die Standorte Bad Hersfeld oder Leipzig ist das Logistikzentrum in Pforzheim für Verdi ein schwieriges Betätigungsfeld. Die Gewerkschaft stellt im Betriebsrat nur eine Minderheit – ein Grund dafür, dass es dort erst einen Streik gab. Mitte September legten an die 70 von mehr als 1000 Beschäftigten zwei Tage lang die Arbeit nieder. Andernorts treten mehrere hundert Mitarbeiter in den Ausstand. Seit eineinhalb Jahren beschäftigt Verdi einen Betreuungssekretär für das 2012 errichtete Auslieferungslager und hofft dadurch, aktionsfähiger zu werden. Erst am Wochenende wurde auf einer Versammlung über mögliche Streiks diskutiert. Ziel von Verdi in dem Dauerstreit ist eine Anerkennung der Tarifverträge im Einzel- und Versandhandel – Amazon lehnt jeden Tarifvertrag ab.

Nicht zuletzt wegen der Streiks behilft sich das Unternehmen im Vorweihnachtsgeschäft mit Aushilfen – allein in Pforzheim mit 200 Kräften. Zudem weicht Amazon verstärkt auf ausländische Verteillager aus – speziell auf die drei im September eröffneten Logistikzentren in Polen. In den Häusern bei Breslau und in Posen verpacken Mitarbeiter die Pakete zu einem Viertel des deutschen Amazon-Lohnniveaus.