Berufstätige Eltern, die wegen Schul- und Kitaschließung nicht arbeiten konnten, können Entschädigung beantragen. Hat man auch noch ältere Kinder, dürfte das zur Ablehnung des Antrags führen – sie werden als Betreuungsalternative angesehen.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Berufstätige Eltern, die wegen des Wegfalls von Kinderbetreuung in der Corona-Zeit Verdienstausfälle hatten oder haben, können einen Antrag auf Entschädigung stellen. Auch Arbeitnehmer, Selbstständige und Freiberufler, die von einer angeordneten Quarantäne oder einem Tätigkeitsverbot betroffen sind, haben laut dem Regierungspräsidium Stuttgart (RP) Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz. Ausnahme: der Betrieb wurde aufgrund der Corona-Verordnung geschlossen. Rückwirkend zum 1. Februar haben die vier Regierungspräsidien im Land die Zuständigkeit für die Anträge von den Gesundheitsämtern übernommen.

 

Allein das Regierungspräsidium Stuttgart, das für Nordwürttemberg zuständig ist, rechnet mit 100 000 Anträgen. Gestellt werden diese über das bundesweite Portal www.ifsg-online.de. Das RP Stuttgart bittet die Antragsteller um Geduld. Sobald das „ländergemeinsame Fachverfahren“ zur Verfügung stehe, könne mit der Bearbeitung der Anträge begonnen werden. Wer seinen Antrag bereits beim Gesundheitsamt gestellt hat, müsse ihn nicht erneut einreichen.

Wird der Antrag bewilligt, lohnt es sich

Wer in Quarantäne musste oder ein Tätigkeitsverbot hat, erhält für die ersten sechs Wochen den vollen Verdienstausfall als Entschädigung. Eltern können mit 67 Prozent des Nettoeinkommens rechnen – höchstens aber mit 2016 Euro. Das Bundeskabinett hat beschlossen, den Entschädigungszeitrahmen zu verlängern – von bis zu sechs auf zehn Wochen pro Elternteil, bei Alleinerziehenden auf 20 Wochen. Bundestag und Bundesrat müssen dieser Regelung aber noch zustimmen, das gilt aber als sicher.

Eine Stuttgarter Antragstellerin kritisiert nun die Kriterien, die die Eltern erfüllen müssen. Der Anspruch gilt, wenn die eigenen Kinder das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und Kita oder Schule wegen der Corona-Pandemie geschlossen wurde – es sei denn, es hätte „eine alternative zumutbare Betreuung“ gegeben. Dazu wird eine Notbetreuung gezählt, aber auch die Betreuung durch ältere Geschwister. „Man kann doch 14-Jährige, die selbst im Homeschooling sind, nicht auch noch die Betreuung der jüngeren Geschwister aufladen“, kritisiert die Alleinerziehende. Sie hat nur ein Kind. Doch auch für sich sieht sie wenig Chancen auf eine volle Entschädigung. Zwar habe sie seit der Schulschließung nicht arbeiten können, Homeoffice sei in ihrem Job ausgeschlossen. Doch bis auf wenige Tage zu Beginn hätte sie Anspruch auf Notbetreuung gehabt. Sie hat ihre Tochter nicht dorthin geschickt, aus Sorge vor Ansteckung (das Mädchen ist Allergikerin) und dass diese beim Lernstoff ins Hintertreffen geraten könnte. Ausschlaggebend war, dass die Notbetreuungszeiten ihre Arbeitszeiten bei weitem nicht abgedeckt hätten. Halbe Schichten seien in ihrem systemrelevanten Beruf nicht möglich. „Meine Tochter wäre den halben Tag alleine gewesen.“

Hoffnung auf den Sachbearbeiter

Was ist also, wenn die Notbetreuung begründet nicht in Anspruch genommen wird? „Eine Betreuungsmöglichkeit ist gegeben, wenn ein Anspruch auf eine sogenannte Notbetreuung in der Kindertagesstätte oder der Schule besteht“, heißt es beim RP. Ob die Betreuungsmöglichkeit zumutbar war, müsse jedoch im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, so eine Sprecherin. Pauschal lasse sich das nicht beantworten. Die Stuttgarterin muss auf ihren Sachbearbeiter hoffen.