Der Obst- und Gartenbauverein in Münchingen sucht einen neuen Chef. Wenn dies nicht klappt, droht das Aus. Eine Alternative wäre die Fusion mit Korntal. Das gefällt aber nicht jedem.

Korntal-Münchingen - Akurat stehen sie da, die Bäume, Hecken und Sträucher. Das Haus ist aufgeräumt, im Geräteschuppen hat jedes Ding seinen Platz. Auf der Terrasse des Obst- und Gartenbauvereins Münchingen sitzen der Vorsitzende, sein Stellvertreter und der Kassierer. Sie berichten von Baumschnittkursen, Aktionen mit Kindern, Festen. Man sieht es nicht, aber über dem Ganzen schwebt das Damoklesschwert: Dem Verein droht die Auflösung. Trotz alarmierenden Worten und eines Brandbriefs will niemand Vorsitzender werden.

 

Bittere Enttäuschung

Peter Gruwe führt das Amt jetzt kommissarisch. Gruwe ist 78 Jahre alt, er war schon einmal acht Jahre lang Vorsitzender, und er ist bitter enttäuscht. Als im März die Auflösung des Vereins drohte, weil der komplette Vorstand nicht mehr antrat, übernahm er das Amt für ein Jahr – wie die bisherigen Vorstandsmitglieder. Er will den Verein mit seinen 350 Mitgliedern retten. „Ich bin davon ausgegangen, wir werden einen neuen Vorsitzenden finden. Aber es meldet sich niemand.“ 100 Briefe habe er geschrieben – keine einzige Rückmeldung. „Das ist frustrierend.“

Gruwes Stellvertreter Klaus Eckstein und Rainer Knoch, der Kassierer, haben keine Ambitionen, Vorsitzender zu werden. Neben dem Beruf schaffe man ein solches Amt nicht. Man brauche eine Frau oder einen Mann, der gerade im Ruhestand sei. „Der Vorsitzende muss Menschen begeistern können“, sagt Peter Gruwe. Personen, die die anderen Aufgaben übernähmen, gebe es genug. Das Trio, das den Verein retten will, hadert: „Die Leute wollen sich bedienen lassen“, sagt Eckstein. „Auch eine Doppelspitze ist möglich“, ergänzt Knoch.

Fusion als Lösung?

Falls sich in Münchingen niemand für das Amt des Vereinschef findet, geistert schon ein Wort zwischen Bäumen und Sträuchern herum: Fusion. Als Partner käme der Obst- und Gartenbauverein im benachbarten Korntal infrage. Dessen zweite Vorsitzende Gisela Sohnle lässt gegenüber unserer Zeitung die Katze aus dem Sack: „Auch wir werden bald ein Problem haben.“ Denn der langjährige Vorsitzende, zurzeit im Urlaub, wolle im nächsten Januar aufhören. Sohnle wird das Amt nicht übernehmen – sie bringt von sich aus die Fusion mit den Gartenfreunden in Münchingen ins Gespräch. Sie habe das schon einmal angeregt, „das Thema wurde aber abgebogen“. Die Gewerbevereine in beiden Stadtteilen überlegen dies zur Zeit.

Wie reagieren die Münchinger, wenn sie von der Zeitung auf dieses Thema angesprochen werden? Einer schüttelt spontan energisch das Haupt. Die unsichtbaren Schranken zwischen den beiden großen Stadtteilen sind noch immer in den Köpfen. Rainer Knoch sagt es diplomatisch: „Wenn Korntal bereit wäre, müssen wir uns die Option auf jeden Fall offenhalten.“

Altersproblem bei vielen Vereinen

Volker Godel, der Vorsitzende des Kreisverbandes Ludwigsburg der Obst- und Gartenbauvereine, bringt es auf den Punkt: „Die Vereine haben ein Altersproblem, die nächste Generation steht nicht zur Verfügung.“ Es sei schwierig, ein Vorstandsamt parallel zum Beruf auszufüllen, der Zeitaufwand betrage etliche Stunden oder Tage im Monat. Gleichwohl gebe es im Landkreis einige Vereine mit Vorsitzenden zwischen 40 und 50, „und die führen den Verein wie ein Unternehmen“.

Die Münchinger hätten noch nicht mit ihm gesprochen, der Geschäftsführer werde sich nun „der Sache annehmen“. Die Fusion sei „erst der übernächste Schritt“, so Godel, eine Auflösung manchmal nicht zu verhindern. Der Kreisverband habe auch anderen Obst- und Gartenbauvereinen Hilfe angeboten, eine oder zwei Auflösungen aber nicht verhindern können.

Organisation
Die örtlichen Vereine der Obstbau- und Gartenfreunde sind im Kreisverband Ludwigsburg organisiert. Dieser ist Mitglied im Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württemberg.

Stärke
In den 39 Kommunen des Kreises Ludwigsburg gibt es 52 Obst- und Gartenbauvereine. Sie haben 8200 Mitglieder. Der Kreisverband gilt als der größte im Landesverband, er wurde vor rund 100 Jahren gegründet. Er bildet unter anderem Fachwarte aus und bietet Lehrfahrten an.

Liegenschaften
Etwa die Hälfte aller Vereine bewirtschaftet ein Grundstück oder hat ein eigenes Vereinsheim zur Verfügung. kwa