Die russischen Wähler sollten eigentlich in einem Referendum über eine Reform der Verfassung ihres Landes abstimmen. Nun hat die Regierung eine Verschiebung angeordnet.

Moskau - Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine Volksabstimmung über Verfassungsänderungen unter anderem zu weiteren möglichen Amtszeiten verschoben. Wann das ursprünglich für den 22. April geplante Referendum schließlich stattfinde, hänge von der weiteren Entwicklung der Coronavirus-Pandemie ab, sagte Putin am Mittwoch. „Gesundheit, Leben und Sicherheit des Volkes haben die absolute Priorität für uns.“

 

Nächste Woche sollten nach dem Willen der Regierung nur diejenigen in unverzichtbaren Bereichen zur Arbeit gehen, sagte Putin. Geschäfte, Apotheken und Banken würden geöffnet bleiben. Russische Behörden vermeldeten am Mittwoch einen Anstieg der Sars-CoV-2-Fälle um 163 seit dem Vortag auf jetzt 658. In den Tagen zuvor hatte die Zahl der Neuinfektionen jeweils bei einigen Dutzend gelegen.

Zweifel an Fallzahlen zum Coronavirus

Russlands verhältnismäßig niedrige Zahl von Fällen, gerade was die Größe des Landes und die gemeinsame Grenze mit China angeht, hat Fragen und Zweifel aufkommen lassen. Moskaus Bürgermeister Sergej Sojanin sagte Putin am Dienstag, Grund für die niedrige Zahl sei möglicherweise eine unzureichende Überprüfung - und spiegele nicht das tatsächliche Ausmaß wider. Die Situation sei ernst. Der Chefarzt des wichtigsten Moskauer Krankenhauses mit Corona-Patienten äußerte sich ähnlich: Russland müsse sich auf das „italienische Szenario“ vorbereiten, sagte Denis Protsenko Putin.

Putin hatte in der vergangenen Woche noch angeordnet, dass die Volksabstimmung stattfinden soll - hielt sich aber eine Tür offen, falls die Pandemie sich verschlimmern sollte. Die Verfassungsänderungen würden ihm erlauben, noch zweimal für je sechsjährige Amtszeiten zu kandidieren und das Präsidentenamt weiter stärken. Verankert werden soll zudem ein Nein zu gleichgeschlechtlichen Ehen und ein „Glaube an Gott“ als traditioneller Wert in Russland.