Die Corona-Pandemie hat das Leben im vergangenen Jahr über weite Strecken lahmgelegt. Aber offenbar hat das Virus auch Extremisten gehemmt. Der Innenminister warnt dennoch vor neuen Gefahren.

Stuttgart - Extremisten haben in Baden-Württemberg im Corona-Jahr 2020 deutlich weniger Straf- und Gewalttaten verübt. Das geht aus dem neuen Verfassungsschutzbericht hervor, der am Donnerstag in Stuttgart veröffentlicht wurde. Der Geheimdienst verzeichnete im vergangenen Jahr 455 linksextremistische Straftaten, 2019 waren es noch 486. Die Zahl linksextremistischer Gewalttaten ging demnach sogar fast um die Hälfte zurück - von 112 auf 59. Der Verfassungsschutz verzeichnete auch weniger Straftaten im Bereich des Rechtsextremismus und des islamistischen Extremismus. Im Bund ist die Entwicklung allerdings gegenläufig.

 

Trotz des Abflauens der Corona-Krise muss der Staat nach Meinung von Innenminister Thomas Strobl (CDU) weiter ein scharfes Auge auf die Protestbewegung um die Querdenker haben. „Praktisch von Anfang an hat der Verfassungsschutz dabei eine unheilvolle Allianz von „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“, Verschwörungsideologen sowie Rechtsextremisten beobachtet, die sich auf diesen Veranstaltungen zusammenfanden, um - zumindest vordergründig - gegen die staatlichen Maßnahmen zu demonstrieren“, schreibt Strobl in dem Bericht.

„Querdenken“-Bewegung unter Beobachtung

In Baden-Württemberg beobachtet das Landesamt für Verfassungsschutz bereits seit Ende vergangenen Jahres die Organisationsebene der „Querdenken“-Bewegung. Einige Länder sind dem Beispiel gefolgt, aber längst nicht alle. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet seit Ende April Personen und Gruppen innerhalb der Bewegung.

Fast alle Extremismusbereiche hätten auf die Pandemie reagiert und mitunter versucht, diese für ihre Zwecke zu nutzen, schreibt Strobl. Eine besondere Bedeutung hätten etwa anonyme Internetplattformen gespielt, auf denen Inhalte in Gruppenchats oder Informationskanälen ungeprüft und ungezügelt verbreitet worden seien. Rechtsextremisten hätten gezielt versucht, „ihre Ideologie unterschwellig unter den Nutzerinnen und Nutzern zu streuen, die zumeist dem bürgerlichen Spektrum zuzurechnen sind“.