Werden Stadträte, die auch ein Unternehmen haben, von der Stadt bevorzugt? Dies vermuten zwei Grünen-Stadträtinnen in Ludwigsburg indirekt – und lösen damit heftige Reaktionen der Freien Wähler aus.

Ludwigsburg - Es gehört zu den Ritualen der Kommunalpolitik: Nach der Sitzung, in der man sich zünftig gestritten hat, sitzt man gern noch zusammen. Bei einem Glas Apfelschorle schmilzt dann mancher politischer Gegensatz dahin. So wollte es auch der Baubürgermeister Michael Ilk (Freie Wähler) im Bauausschuss anregen, nachdem es hoch hergegangen war. Eigentlich hatten sich die Räte, so erzählen es Teilnehmer, schon auf ein Lokal geeinigt. Da erklärte die Grünen-Rätin Elfriede Steinwand: „Ich gehe mit.“ Und plötzlich wollte niemand sonst mehr einkehren.

 

Das Klima ist vergiftet

Die kleine Szene steht sinnbildlich für das vergiftete Klima im Bauausschuss und in Teilen des Gemeinderates. Es sind vor allem die Grünen-Vertreterinnen Elfriede Steinwand und Christine Knoß, die mit ihren Wortmeldungen die Freie-Wähler-Stadträte Andreas Rothacker und Bernhard Remmele auf die Palme bringen. Worum geht es dabei? Remmele etwa ist Inhaber der Bäckerei Luckscheiter. Dass vor seinem Laden im Schlösslesfeld einst Parkplätze geschaffen wurden, sorgte bereits vor einigen Jahren für einen Disput. Vonseiten der Grünen-Rätinnen wurde vermutet, er genieße eine Sonderbehandlung – dabei hatte sich der Ausschuss mit großer Mehrheit darauf verständigt. Andreas Rothacker wurde unterstellt, von der Sperrung des Ehrenhofes für private Veranstaltungen zu profitieren.

Eine Frage oder eine Unterstellung?

Ende Februar ging es um die Untere Stadt: Die Stadtverwaltung erließ einen Bebauungsplan, wonach private Grundstücke nicht mehr mit Neubauten zugepflastert werden dürfen. Die Freien Wähler stellten den Antrag, eine Ausnahme für die Schreinerei von Martin Braun zu erlauben, damit dieser sein Geschäft im Innenhof erweitern oder umbauen kann. Auch Bernhard Remmele setzte sich dafür ein – und musste sich empörte Fragen gefallen lassen. „In welcher Verbindung stehen Sie denn zu dem Handwerker, dass Sie sich so vehement für ihn einsetzen?“, fragte ihn Knoß. Und Elfriede Steinwand fand diesen Vorgang „ungeheuerlich“. Für den genauen Wortlaut dieses Disputes wird inzwischen sogar das Gemeinderatsprotokoll bemüht. Der SPD-Stadtrat Dieter Juranek stimmte übrigens mit den Freien Wählern – und ermöglichte so der Schreinerei Braun eine Ausnahme vom Bebauungsverbot.

Ende März kam es in nicht öffentlicher Sitzung erneut zum Eklat, wie Teilnehmer berichten. Remmele soll erklärt haben, er fühle sich als Geschäftsmann von den ständigen Vorwürfen diskriminiert. Er habe eben „Verständnis“ für die Lage der Handwerker. Was wiederum Knoß ihm so ausgelegt haben soll, dass er eine Querverbindung zugegeben habe. Ein Vermittlungsversuch von Baubürgermeister Michael Ilk schlug fehl.

CDU-Stadtrat Noz: Das ist eine Unverschämtheit

Nun ist die Stimmung im Keller. Der CDU-Fraktionsvize Reinhold Noz spricht von einer „Unverschämtheit“, den Unternehmern im Gemeinderat zu unterstellen, sie würden bevorzugt. Christine Knoß bestreitet, dies behauptet zu haben: „Ich sehe keinen Hinweis darauf, ich habe nur Fragen gestellt.“ In einer ungemütlichen Rolle ist der Grünen-Fraktionschef Michael Vierling. Denn auch in der Ökopartei ist, wie zu hören ist, nicht jeder glücklich über die ständig neu vorgebrachten Vorwürfe.

Vierling spricht von „unterschiedlichem Temperament“ und stellt sich hinter Knoß und Steinwand: „Die Frage ist durchaus berechtigt, warum in der Unteren Stadt ein einzelner Handwerker bevorzugt wird.“ Ansonsten setzt er auf Deeskalation: „Ich würde das Ganze nicht so aufgeregt sehen.“