Die Deutsche Bahn erzielt vor dem Arbeitsgericht Frankfurt einen Vergleich mit der Gewerkschaft EVG, die daraufhin ihren 50-stündigen Warnstreik absagt. Für die Bahnkunden ist aber noch nicht wieder alles in der Spur.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Quasi auf den letzten Drücker ist der 50-Stunden-Warnstreik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG abgewendet worden. Wieder einmal ist die Deutsche Bahn (DB) vor das Arbeitsgericht gezogen, wie schon häufiger in der Vergangenheit – diesmal mit Erfolg. Die EVG stornierte den Streik, der von Sonntagabend um 22 Uhr bis Dienstag um 24 Uhr anhalten sollte.

 

Nachdem die Bahn zuvor die Einstellung des Fernverkehrs und weitgehend des Regionalverkehrs verkündet hatte, will sie nun zügig auf Touren kommen. „Wir haben schon begonnen, die Fahrpläne aufzubauen, die Schichten neu anzulegen und den Bahnbetrieb für Montag und Dienstag zu planen“, sagte Phillip Nagl, der Vorstandsvorsitzende der DB Netz AG, am Samstag. Es werde in den nächsten Tagen aber noch Einschränkungen im Zugangebot im Fern- und Nahverkehr geben, hieß es. Rund 50 000 Zugfahrten sowie die zugehörigen Einsatzpläne müssten neu geplant werden. Zudem müssen die Fahrplandaten in die Auskunftssysteme eingepflegt werden. Über das genaue Fahrplanangebot werde ab Sonntagmittag informiert.

Die EVG reagiert kurz angebunden auf den Vergleich

Ein Eilantrag der Bahnführung, eingereicht am Samstagmorgen beim Arbeitsgericht Frankfurt, hatte die Wende gebracht. Dieses Gericht stand schon in früheren Konflikten öfter im Brennpunkt von Bahnstreitigkeiten – meist ging es da aber um Arbeitskonflikte zwischen der DB und der Lokführergewerkschaft GDL. Am Nachmittag einigten sich die Vertreter des Schienenkonzerns und der EVG auf einen Vergleich. Im Interesse der Eisenbahnverkehrsunternehmen, deren Kunden sowie der Industrie habe man alles getan, um den Streik abzuwenden, betonte Personalvorstand Martin Seiler im Anschluss. „Zu einem solchen Kompromiss gehören selbstverständlich immer beide Seiten“, lobte er das Entgegenkommen der EVG.

Die Gewerkschaft gab sich nach dem Vergleich kurz angebunden: „Die DB AG hat am Samstag erklärt, dass sie unsere Forderungen zum Mindestlohn erfüllt“, teilte sie mit. „Auf Anraten des Arbeitsgerichts Frankfurt haben wir deshalb den Vergleich geschlossen, den Warnstreik bei der DB AG vorerst auszusetzen.“ Der Tarifkonflikt sei „damit keineswegs beendet“, hieß es trotzig. Demnach musste sich die Gewerkschaftsführung nach der Beinahe-Pleite vor Gericht erst noch sortieren. Offenkundig hatte die Vorsitzende Richterin dringend zum Vergleich geraten und zugleich signalisiert, dass sie den Streik verbieten könnte.

Lösung beim Knackpunkt Mindestlohn in Sicht

In den Tagen zuvor hatte es nach der Streikankündigung der EVG ein intensives Ringen um zentrale Punkte des Tarifkonflikts gegeben. Ein Ultimatum der Gewerkschaft ließ das Unternehmen am Freitagmittag verstreichen. Allerdings beteuerte die Bahn auch, die Bedingungen der EVG schon erfüllt zu haben.

Dabei ging es vor allem um den gesetzlichen Mindestlohn und etwa 2000 davon betroffene Beschäftigte. Diesen will die EVG im neuen Tarifvertrag unbedingt fest fixieren – die zwölf Euro sollen einen Sockel darstellen, auf dem jede weitere Lohnerhöhung aufgesetzt werden soll. Die Bahn hatte dies zwar prinzipiell zugestanden – sie wollte aber erst später in den Verhandlungen klären, ob die noch auszuhandelnden Lohnzuwächse weiter teilweise über Zulagen gezahlt werden. Vor Gericht hat sie nun die Aufnahme des Mindestlohns in die Tariftabellen zugesagt.

Bei einigen regionalen Unternehmen wird trotzdem gestreikt

Der juristische Kompromiss könnte auch den Weg für einen Gesamtabschluss ebnen: Teil des Vergleichs sei, „dass die Parteien sich darauf verständigt haben, nun zügig und konstruktiv zu verhandeln, mit dem Ziel eines baldigen Abschlusses“, teilte die Bahn mit. Auch das Thema Mindestlohn sei „Bestandteil des Vergleichs und von beiden Parteien als Lösung anerkannt“. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 23./24. Mai geplant – beide Seiten stehen aber schon von sofort an für neue Verhandlungen bereit.

Bei diversen regionalen Nahverkehrsunternehmen, die nicht von der DB betrieben werden, will die EVG allerdings ihren angekündigten Streik durchziehen.