Einem 34-Jährigen wird vorgeworfen, er habe eine heute 31-Jährige im Juni 2015 zum Oralsex in seinem Auto gezwungen. Er bestreitet dies vehement und erklärt vor Gericht, er habe die Frau noch nie persönlich getroffen.

Esslingen - Hat der 34-jährige Angeklagte die heute 31 Jahre alte Frau im Juni 2015 in seinem Auto zum Oralverkehr gezwungen, oder bezichtigt sie ihn der schlimmen Tat, um sich an ihm und seiner Familie zu rächen? Diese schwierige Frage hat das Schöffengericht des Amtsgerichts Esslingen zurzeit zu beantworten. Am zweiten Verhandlungstag war das wiederum nicht möglich, denn das mutmaßliche Opfer erschien – wie schon zum Prozessauftakt – erneut nicht vor Gericht. Sie sei psychisch krank, begebe sich deshalb in Behandlung und sei nicht verhandlungsfähig, teilte die Frau dem Gericht per E-Mail mit. Ein entsprechendes Attest liefere sie nach. Die Verhandlung wird später fortgesetzt.

 

Es steht Aussage gegen Aussage

Am erste Prozesstag hatte der Vorsitzende Richter Andreas Arndt ein Ordnungsgeld von 200 Euro gegen die Frau verhängt und angeordnet, dass sie zum zweiten Verhandlungstermin an diesem Freitag von ihrem jetzigen Wohnort Frankfurt abgeholt und in Esslingen vorgeführt wird. Doch nun hat er beides aufgehoben und neue Termine angesetzt. Sie sollen Licht in das Dunkel des Falls bringen, bei dem Aussage gegen Aussage steht.

Die junge Frau hat den 34-Jährigen angezeigt, weil er sie am 14. Juni 2015 bei ihrem ersten Treffen vergewaltigt haben soll. Mit dem Mann aus Ulm hatte sie laut ihrer Aussagen bei der Polizei zuvor nur über sozialen Medien und am Telefon Kontakt. An jenem Sonntag habe sie ihn erstmals getroffen. Nach ein paar netten Stunden in Esslingen sei er auf der Heimfahrt zu ihrem damaligen Wohnort Filderstadt in einen Feldweg eingebogen und habe sich mit den Worten „das kann doch nicht alles gewesen sein“ entblößt. Trotz ihrer Gegenwehr habe er sie im Nacken gepackt, zu sich gezogen und sie – auch mit Todesdrohungen – dazu gezwungen, ihn oral zu befriedigen. Danach habe er angekündigt, ihren Bruder und ihre Mutter umzubringen, sollte sie mit jemandem darüber reden.

Als sie ihn später über Facebook auf den vermeintlichen schweren Übergriff angesprochen habe, habe er geantwortet: „Ich weiß nicht, wem du geschrieben hast, ich habe dich nie getroffen.“ Genau dies erklärte der Angeklagte auch vor Gericht. Nach dem Besuch eines Betriebsfußballturniers in Mannheim sei er an jenem Sonntag mit seinem damaligen Kollegen – dieser bestätigt das – zurück nach Ulm gefahren und habe ihn zuvor in Dornstadt abgesetzt. Die Frau habe er nie persönlich kennen gelernt. Er vermutet, diese sei mit dem Ex-Gatten seiner Schwester bekannt sei, der sich auf diese Weise an seiner Familie rächen wolle, erklärte der 34-Jährige. Dass sie sein Auto und seine Tätowierungen beschreiben könne, sei kein Wunder, so der Angeklagte, denn er habe entsprechende Fotos in sozialen Medien eingestellt.

Polizistin glaubt der Frau

Eine Kriminalkommissarin im Zeugenstand hatte am ersten Verhandlungstag ausgesagt, sie sehe keinen Grund, weshalb sie der Frau nicht glauben sollte. Als diese in ihrer Vernehmung über die Tat berichtet habe, sei sie kurzatmig geworden, habe aufstehen müssen und um Fassung gerungen. Es sei zwar stets schwer zu beurteilen, ob solch ein Verhalten „ echt oder gespielt“ sei, sagte die Polizistin. „Aber erfahrungsgemäß sind das Reaktionen, die typisch sind nach solch traumatischen Erlebnissen.“

Im weiteren Verlauf der Verhandlung, die sich bis in den März hineinziehen wird, soll nun doch noch das mutmaßliche Opfer gehört werden. Zudem sollen weitere Facebook-Einträge und Whatsapp-Nachrichten ausgewertet werden, um eine Antwort darauf zu finden, wer in diesem Fall lügt.