Der ehemalige Finanzbürgermeister hat sich in seiner letzten Wirtschaftsausschussitzung eine besondere Erlaubnis abgeholt: Er kann städtische Flächen für rund 16 Millionen Euro verkaufen. Dazu gehört das Gesundheitszentrum im Osten.

Stuttgart - Der „Black Friday“ verspricht traditionell Rabattaktionen und Schnäppchenjagden. Vor zehn Tagen hatte sich dem scheidenden Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) in seiner letzten Wirtschaftssausschusssitzung vor dem Wechsel ins Kultusministerium noch einmal die Möglichkeit geboten, Grundstücke auf den Markt zu werfen. Er holte sich die Erlaubnis, Flächen für rund 16 Millionen Euro aus städtischer Hand zu geben. Darunter befand sich etwa ein Flurstück in der Rubensstraße in Degerloch (1,18 Millionen Euro), das im Rahmen einer Umlegung für den Bau eines Büro- und Geschäftsgebäudes an die Firma Minol Stuttgart W. Lehmann GmbH & Co. KG zum Verkehrswert veräußert wurde.

 

Verkaufssummen sind vertraulich

Ein Baufeld auf dem ehemaligen Feuerbach Schochareal ging an die Unmüssig Bauträgergesellschaft Baden für 3,5 Millionen Euro. Der Käufer wurde im Konzeptverfahren bestimmt, er entschied sich für den Kauf und gegen ein Erbbaurecht. Im Gebäude müssen zwei ambulant betreute Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige untergebracht werden, das Beratungszentrum Jugend und Familie sowie ein Blockheizkraftwerk. Die Verkäufe muss der Gemeinderat am 14. März beschließen. Dies geschieht wie im Wirtschaftsausschuss hinter verschlossenen Türen, weil die Verkaufssummen geheim bleiben sollen.

Gegen die Beschlussanträge stimmten nach Informationen unserer Zeitung nur SÖS/Linke-plus, die für eine strikte Bodenvorratspolitik sind, folglich Grundstücke nur auf Erbpachtbasis vergeben wollen und die städtische Wohnungsbautochter SWSG vorzugsweise bauen lassen wollen. Der Gemeinderat hatte in den Haushaltsberatungen eine Wohnraumoffensive im Umfang von 150 Millionen Euro beschlossen, um Grundstücke zu erwerben und den Wohnungsbau zu fördern.

Die Flüwo profitiert

Der genossenschaftlich organisierten Flüwo Bauen Wohnen eG war es vergönnt, drei bisher auf Erbbaupachtbasis bebaute Grundstücke in der Talstraße im Osten, am Leonhardsplatz in Mitte und in der Friedhofstraße im Norden zu erwerben. Die angesichts günstiger Kreditzinsen unattraktiven Erbbauverträge wären zwar noch Jahrzehnte gelaufen, die Sozialbindungen für zahlreiche Wohnungen hätten aber in nicht allzu ferner Zukunft geendet. In der Friedhofstraße 65 bis 69 bestehen Bindungen für Mietpreis und Belegung durch die Stadt für 27 der 41 Wohnungen nur noch bis 2031. Danach könnten sie frei vermietet werden, die Preise würden auf ein der Flüwo-Politik angemessenes Maß steigen. Die Flüwo wäre bereit, für 22 Wohnungen die Bindung um weitere 20 Jahre zu gewähren. Eine größere Zahl zu vereinbaren, wird als wenig sinnvoll erachtet, da in den Gebäuden 65 und 67 eine größere Zahl von Fehlbelegern vermutet wird, die von günstigen Mieten zu Unrecht profitieren würden. Der aktuelle Verkehrswert für die Gebäude beläuft sich auf 11,77 Millionen Euro, die Flüwo erhält sie im Gegenzug für die Gewährung der Belegungsrechte für 8,61 Millionen Euro. Die Subvention beträgt folglich 3,16 Millionen Euro. In den Büchern der Stadt waren die Grundstücke lediglich mit 3,54 Millionen Euro ausgewiesen.

Vier Gebäude, davon zwei unter Denkmalschutz, und zwei Scheunen, stehen auf acht städtischen Flurstücken in der Ernst-Kachel-Straße in Vaihingen. Die 9,33 Ar bekommt die Stuttgarter Zuhause Immobilien Handelsgesellschaft heute zum Verkehrswert aus dem Jahre 2015 (694 300 Euro). Der Buchwert beträgt 326 000 Euro. Die Stadt selbst hat offenbar kein Interesse an einer Wohnbebauung und schrieb den Komplex deshalb 2016 aus. Vier Interessenten meldeten sich, es blieb aber nur der mit dem geringsten Angebot übrig. Er will die Kulturdenkmale, ehemalige Weingärtnerhäuser sanieren. Die Scheunen sollen abgebrochen werden, um sechs Wohnungen zu bauen.

Hoffen auf Gesundheitscampus

In der endlos erscheinenden Geschichte um ein Gesundheitszentrum neben dem Mineralbad Berg im Osten steht ein weiteres Kapitel vor dem Abschluss. Das Grundstück am Schwanenplatz (29,65 Ar) wird an die Stuttgarter Projekt- und Betreibergesellschaft Plan Quadrat Projekt Gmbh & Co. KG zu angebotenen Preis von 3,4 Millionen Euro verkauft; der Verkehrswert beträgt 3,21 Millionen Euro, in den Büchern war das Areal mit 1,68 Millionen Euro bewertet. Begründung für die Akzeptanz des Angebots: Man wolle die Tragfähigkeit des Konzepts nicht gefährden. In der Bewerbungsphase 2016 hatte nur der Investor Plan Quadrat mit den Architekten Blocher Partners und dem Landschaftsarchitekten Planstatt Senner ein Gebot abgegeben.

Sie planen ein Ärztezentrum, bestehend aus Facharztpraxen und Apotheke, 40 „Health Suiten“ für Kurgäste sowie Patienten des Ärztezentrums und Schulungsräume, ein Therapiezentrum sowie ein Präventions- und ein Vitalitätszentrum mit Fokus auf Bewegungstherapie für Menschen mit Einschränkungen. Eine direkte Verbindung zum Mineralbad Berg ist ebenfalls vorgesehen.