CDU-Fraktionschef Hans-Ulrich Spieth mahnt die Fellbacher Verwaltung: „Nicht alle werden aufs Auto verzichten können.“ ­Stadtrat Andreas Zimmer nimmt Baubürgermeisterin Beatrice Soltys ins Visier: Prioritäten würden falsch gesetzt.

Fellbach - Dass die Fellbacher Verwaltung sich um verbesserte Rahmenbedingungen für Radfahrer bemüht, ist kaum strittig – etwa durch breitere Radwege nach Straßensanierungen, eine neue Fahrradverbindung durch die Theodor-Heuss-Straße und Pfarrer-Sturm-Straße oder durch Tempo 30 in der nördlichen Bahnhofstraße – wobei allerdings die damit verbundene Sperrung des bisherigen Fahrradstreifens etlichen Radlern missfällt.

 

Aktuell jedoch sind mahnende Stimmen zu vernehmen. Nach Ansicht dieser Skeptiker legt speziell das Bauressort von Dezernentin Beatrice Soltys den Fokus zu stark auf die Pedaleure. „Wir tun viel für die Radfahrer, aber man muss auch für die Autofahrer was tun“, kritisierte CDU-Fraktionschef Hans-Ulrich Spieth kürzlich im Gemeinderat mit Bezug aufs Bahnhofsgebiet und dem künftigen Wohnareal an der Fellbacher Straße. Ebenfalls zugespitzt ist die Lage in der Schaflandstraße, wo die Firma Stihl ins Lechler-Haus eingezogen ist.

Beatrice Soltys reagierte auf diese kritischen Anmerkungen in der Sitzung mit dem Bekenntnis

Ganz allgemein sehen Beobachter das Verhältnis der Rathausspitze zu den Autofahrern kritisch. „Nicht alle werden aufs Auto verzichten können“, reagiert Spieth auf die Prognose der Baudezernentin, wonach die Bürger etwa in Neubaugebieten häufiger als bisher den öffentlichen Nahverkehr nutzen oder sich dem Carsharing anschließen. Der Individualverkehr werde auch weiterhin ganz oben stehen, ist Spieth überzeugt, „das Auto ist doch unser hauptsächliches Verkehrsmittel“.

Ulrich Lenk, Chef der Freien Wähler/Freien Demokraten, ist überzeugt: „Es wird auch in den nächsten Jahren noch Autos geben.“ Hintergrund für seine Prognose ist die baldige Situation mit den vielen hundert neuen Bewohnern im Schwabenlandtower, die ihre Vehikel ja irgendwo abstellen müssten. Dass deshalb aus Sorge „die Betreiber des Rems-Murr-Centers schon auf die Barrikaden gehen“, sei kaum verwunderlich. Deshalb, so Lenks Empfehlung für den Bereich unterhalb des Wolkenkratzers: „Wir müssen uns ein Parkdeck oder eine Parkgarage überlegen.“

Beatrice Soltys reagierte auf diese kritischen Anmerkungen in der Sitzung mit dem Bekenntnis, das Thema Autos, Parksuchverkehr und Parkplätze in Fellbach „steht bei uns ganz oben auf der Agenda“.

Das wiederum rief umgehend Stadtrat Andreas Zimmer (Unabhängige Fellbacher) auf den Plan. „Diese Erklärung hören wir seit Jahren – erfreulich wäre jedoch, wenn den beschwichtigenden Worten auch mal Taten folgen würden, denn geschehen ist seither – nichts!“

Offenbar setze das Baudezernat die Prioritäten falsch

Dieser kurzen Erklärung im Lokalparlament hat Zimmer – gemeinsam mit seinem UF-Stadtratskollegen Ingolf Sibert, der allerdings bei der anstehenden Kommunalwahl für die Freien Wähler/Freien Demokraten antritt – mittlerweile einen längeren „offenen Brief“ folgen lassen. Darin nimmt er auch die Begründung der Baubürgermeisterin aufs Korn, wonach Verzögerungen auf die arbeitsmarktbedingten Probleme bei der Neubesetzung der Stelle des Verkehrsplaners zurückzuführen seien. Trotz dieses Defizits habe Soltys’ Dezernat aber Kapazitäten frei für die Planung und den Bau von Radparkhäusern und Fahrradstraßen, für mangelhafte Modellphasen beim Tempo-30-Versuch in der Bahnhofstraße, für den Lärmaktionsplan oder das „fragwürdige Verkehrsleitprojekt des Landkreises“. Offenbar setze das Baudezernat die Prioritäten falsch.

Und ganz generell wittern Zimmer und Sibert „schon seit langem eine ausgesprochen einseitige Schwerpunktsetzung“ der Verwaltung mit Oberbürgermeisterin Gabriele Zull an der Spitze. Demnach werde „der Pkw-Verkehr ausschließlich und einseitig als Störfaktor wahrgenommen, den es einzuschränken und zurückzudrängen gilt“. Dabei werde der individuelle Autoverkehr auch in Zukunft bei den Fellbacher Bürgern eine wesentliche Rolle spielen, so Sibert und Zimmer im ähnlichen Wortlaut wie zuvor bereits Lenk und Spieth.