An einigen Stellen in Steinenbronn ist es zu laut. Der gemessene Lärm liegt über den Grenzwerten. Die Konsequenz dürften nun Temporeduzierungen auf zwei Straßen sein.

Steinenbronn - Das ist eine Rennstrecke“ ereifert sich ein Herr im Bürgersaal des Bürgerhauses. „Es ist ein Unding, was da gemacht wird.“ Was den Steinenbronner Bürger so aufbringt, ist die Temporegelung an der Ausfahrt zum Bauhof an der Schönaicher Straße. 70 km/h sind derzeit erlaubt. Erst kurz darauf gilt es, den Fuß vom Gas nehmen, wenn das Ortsschild Tempo 50 fordert.

 

Zwei separate Beschlüsse nach Sitzungsunterbrechung

Temporegelungen sind Teil des Lärmaktionsplan Stufe 3, der am Dienstagabend auf der Tagesordnung des Gemeinderats von Steinenbronn stand. Die Rapp Trans AG präsentierte ihre Erkenntnisse aus ihrer Untersuchung für die Kreisstraße K 1051 und die Umgehungsstraße L 1208. Reaktionen von Behörden und Öffentlichkeit inklusive.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Die Stadt Stuttgart soll mehr gegen den Lärm tun

Das Gremium hatte das Büro selbst beauftragt, zeigte sich nun jedoch überraschend uneins in der Bewertung. Nach einer Sitzungsunterbrechung wurden zwei separate Beschlüsse gefasst: Während weitgehende Einigkeit darüber herrscht, dass eine Ausweitung der Tempo-30-Bereiche an der Schönaicher Straße sinnvoll ist, gehen die Ansichten in Sachen L 1208 weit auseinander: Sieben Ja-Stimmen standen hier am Ende sechs Nein-Stimmen und einer Enthaltung gegenüber.

Anwohner sagt, er halte es kaum auf dem Balkon aus

Vorgesehen ist für die Landesstraße, die laut Verkehrsmonitoring von 2019 täglich von 13 370 Fahrzeuge genutzt wird, eine Verlängerung der Tempo-50-Zone in Richtung Norden. So soll unter anderem der Geschosswohnbau an der Ludwigstraße hinsichtlich des Verkehrslärms entlastet werden. Während Wolfgang Miller (CDU) unter Berufung auf die verhaltenen Statements der Behörden mutmaßte, über den Lärmschutz solle durch die Hintertür eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingeführt werden, berichtete ein Anlieger in der Sitzungspause, er halte es kaum auf seinem Balkon aus.

Schallschutzexperte Jacomo Helbig (Rapp Trans) verwies auf die gesundheitliche Gefährdung durch Überschreitung der durch das Verkehrsministerium des Landes vorgegebenen Auslösewerte in den untersuchten Bereichen. Tagsüber liegt die Schwelle zur bedenklichen Lärm-Immission bei 65 dB(A). Die Kartierung durch Rapp habe Werte von 70 dB(A) und mehr ergeben. Die nachts geltenden 55 dB(A) wurden um 5 dB(A) und mehr überschritten.

Auswirkung der Temporeduzierung auf den Verkehrsfluss

Den Hinweis des Regierungspräsidiums Stuttgart auf die Geringfügigkeit der Überschreitung ließ Helbig nicht gelten: Ein Auslösewert sei eine klare Grenze. Wie weit Werte darüber lägen, sei zweitrangig, stellte er fest. Entschieden widersprach er Vermutungen, eine Temporeduzierung könne den Verkehrsfluss negativ beeinflussen. Das Gegenteil sei der Fall.

Die Neuregelung der Fahrgeschwindigkeit soll als Sofortmaßnahme greifen. Bauliche Schritte, etwa ein lärmoptimierter Fahrbahnbelag für einzelne Streckenabschnitte, bleiben zu prüfen. Letztlich stimmte der Gemeinderat einer Beauftragung der Umsetzung des Lärmaktionsplans Stufe 3 mit deutlicher Mehrheit zu. Die Chancen für eine Realisierung der Maßnahmen stehen laut Jacomo Helbig gut. Die Forderung nach Versetzung des Ortsschildes zugunsten einer Temporeduzierung am Bauhof muss aufgrund der Zuständigkeiten allerdings anderweitig verhandelt werden.