Mit Kontrollen geht die Polizei gegen Handynutzung vor. Die Ertappten reagieren mit Verständnis. Die Zahlen der Ertappten bei den Kontrollaktionen schwanken stark.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Einer ist davongekommen: Der Fahrer am Steuer des silberfarbenen BMW bog nach rechts in eine Seitenstraße ein, nur wenige Meter vor den Polizeibeamten in gelben Warnwesten, die an der Nürnberger Straße stehen. Offenbar hat er trotz der Ablenkung durch das Smartphone noch gemerkt, dass ihm zwei Beamte in Zivil von der Stadtbahnhaltestelle Beskidenstraße aus ins Auto gelinst haben – und danach sein Kennzeichen unauffällig an die Kollegen weiter vorne am Kontrollposten weitergaben. „Die Haltestellen sind optimal, da können wir gut in die Fahrzeuge schauen“, erläutern Franziska Kästle und Uwe Deike von der Verkehrspolizei, die dort Posten bezogen haben. In Zivilkleidung stehen sie auf dem erhöhten Bahnsteig. Deike verbirgt ein Funkgerät unter seiner grauen Outdoorjacke. Er gibt Kennzeichen und Fahrzeugtyp durch und beschreibt noch, wie der Fahrer das Mobilfunkgerät bediente: „Gespräch geführt, weißes Smartphone in der linken Hand, schwarzes Handy in der rechten Hand, tippt darauf herum“, gibt der Polizist an seine Kollegen durch.

 

Nicht alle durchschauten das so wie der BMW-Fahrer. 200 Meter weiter wurden die Fahrer rausgewunken – und waren keiner Schuld bewusst. Bis sie den Grund erfahren: „Sie haben mit dem Handy telefoniert“, sagen die Beamten. 13 Männer und Frauen wurden am Dienstag an der Nürnberger Straße im Berufsverkehr zwischen 7 und 9 Uhr mit Telefon erwischt.

Die Polizei kontrolliert häufig

Die Polizei legt immer wieder ihr Augenmerk auf die Handytelefoniererei, auch wenn sie in ihrer Statistik nicht viele Unfälle aufweisen kann, bei denen das die Ursache war. „Im vergangenen Jahr haben wir acht Unfälle, bei denen Handygebrauch als Ursache genannt ist“, erläutert der Polizeisprecher Martin Schautz. Allerdings waren das vermutlich nicht alle: „Wenn jemand die Vorfahrt eines anderen Autofahrers nicht beachtet und er diesen Fehler gemacht hat, weil er durch das Handy abgelenkt war, ist dies – für die Statistik – dennoch ein Vorfahrtsunfall. „Wir gehen davon aus, dass das Handy sehr oft eine Rolle spielt, wenn Fahrer abgelenkt sind“, sagt Schautz.

Dass es gefährlich ist, sich vom Handy ablenken zu lassen, belegt einer der acht erfassten Unfälle. Mitte Juli 2017 fuhr ein 28-jähriger Mann mit dem Handy in der Hand die Wagrainstraße in Hofen entlang. Das Gerät fiel ihm herab. Er habe versucht, es aufzuheben. „Dabei geriet er in den Gegenverkehr“, schildert der Polizeisprecher. Mit drei Autos stieß er zusammen. So eindeutig wie in diesem Fall sei es aber nicht immer.

Uwe Deike arbeitet bei der Unfallaufnahme der Verkehrspolizei, und kennt die typischen Antworten der Verkehrsteilnehmer, wenn es gekracht hat: „Manche geben es zu und räumen den Fehler ein.“ Die Polizei könne auch die Daten auslesen und das Telefonieren zum Unfallzeitpunkt so nachweisen. Bei schweren Unfällen könne man auch das Telefon beschlagnahmen, so es der mutmaßliche Verursacher nicht freiwillig zur Prüfung hergebe, erläutert Deike.

Die Polizei macht immer wieder Schwerpunktkontrollen zu dem Thema. Ein Trend lässt sich dabei nicht ablesen – weder, ob mehr telefoniert wird, noch, ob die im vergangenen Jahr hochgesetzte Bußgeldzahlung abschreckt. „Mal kommt eine ganze Welle, mal nur ein paar, es schwankt“, sagen Deike und Kästle. Die Zahl der festgestellten Verstöße gegen das Handyverbot hänge nicht zuletzt von der Zahl der Kontrollen ab. 2014 wurden bei 73 Kontrollen 3551 Verstöße festgestellt. So viele Autofahrer mit Handy hat die Polizei in diesem Jahr schon bei 40 Kontrollen ertappt. 2015 waren es 5936 Verstöße bei 93 Kontrollen. Mit 72 Kontrollen ertappte die Polizei 2016 dann 1 3 telefonierende Fahrer mehr (5549). Die höchste Quote von Telefonierern pro Kontrolle war 2017 erreicht: Bei 55 Schwerpunktaktionen mussten 6513 Autofahrer ein Bußgeld zahlen.

Wer im Stau steht, wittert die Polizeikontrolle

Viele Faktoren würden das Ergebnis beeinträchtigen. So hat sich der Verkehr an der Stadtgrenze zu Fellbach am Dienstagmorgen auf der Nürnberger Straße gestaut. „Da bemerken die Leute die Kontrolle natürlich rechtzeitig“, sagt Deike und zeigt auf seine Kollegen in den gelben Warnwesten. Die Autofahrer müssen gestoppt werden, da gleich festgestellt werden muss, wer am Steuer saß – anders als bei Tempoverstößen, wo es reicht, das Kennzeichen zu haben, um den Halter feststellen zu können. „Die meisten sind einsichtig“, sagte Armin Hoffmann, der Einsatzleiter der Kontrolle am Dienstag.