Beim Verkehrsgerichtstag in Goslar geht es um Aggressivität auf der Straße und die Sicherheit von E-Scootern. Rund 2000 Fachleute debattieren in Goslar über Empfehlungen an die Verkehrspolitiker.

Goslar - Pläne für eine Abwanderung nach Leipzig hat die alte Kaiserstadt noch einmal abwenden können: der 58ste Deutsche Verkehrsgerichtstag mit rund 2000 Juristen, Vertretern aus Ministerien, der Polizei und der Versicherer findet – wie seit der Gründung – wieder in Goslar statt. Nicht offiziell auf dem Programm, aber ein Debattenthema wird die vom ADAC angekündigte „Neutralität“ in Sachen generelles Tempolimit auf Autobahnen sein. „Man wird die laufende Diskussion nicht abwürgen können. Aber wir sind strikt gegen ein Tempolimit“, sagt Herbert Engelmohr vom Automobilclub für Deutschland (AvD), der seit dem ADAC-Paukenschlag binnen weniger Tage einen Mitgliederzuwachs im dreistelligen Bereich hat. Über Geschwindigkeit wird sicher im Arbeitskreis Aggressivität im Straßenverkehr debattiert. Er wird sich mit Dränglern und Lichthupern befassen. „In unserer Diskussion wird das Tempolimit eine Facette sein, die Aggressivität bei 180 auf der Autobahn ist ja eine andere als die in einer Tempo-30-Zone“, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin Birgit Hess.

 

Generelles Tempolimit – der Präsident findet es gut

Der neue Präsident des Verkehrsgerichtstages, Ansgar Staudinger, will am Donnerstag in seiner Eröffnungsrede in der Kaiserpfalz ein Statement zum generellen Tempolimit geben – wie es ausfällt, hat er vorab schon deutlich gemacht: Er ist dafür. Nach ihm als Redner kommt übrigens Grünen-Politiker Cem Özdemir.

Von den acht Arbeitskreisen am stärksten nachgefragt bei den Experten ist der über den „fiktiven Schadensersatz“: Bei Autoschäden zahlen Versicherungen eine Erstattung, selbst wenn die Beule nicht repariert wird. Das Prinzip wird in Rechtskreisen zunehmend angezweifelt, bei Personenschäden gelte es ja auch nicht, sagte Rechtsprofessor Staudinger: „Wenn mir einer einen Zahn ausschlägt, und ich lasse ihn nicht ersetzen und laufe mit der Zahnlücke rum, erstattet mir auch keiner was.“

Wie sicher sind Kreuzfahrtschiffe?

In Goslar wird es noch bis Freitag um die Sicherheit von Elektrokleinstfahrzeugen – also E-Scooter und Pedelecs – sowie auf Kreuzfahrtschiffen gehen. Auch die Entschädigung bei Terroranschlägen mit Fahrzeugen, wie am Berliner Breitscheidplatz geschehen, wird erörtert. Ein anderes aktuelles Ereignis – der Verkehrsunfall mit sieben Toten in Südtirol – spielt ebenso hinein in die Agenda: Es geht um die Unfallregulierung über Grenzen hinweg. Ist der „Tatort“ Italien, greift bei Verjährungszeiten und Anwaltskostenübernahme ein anderes Recht als in Deutschland.

Der Verkehrsgerichtstag spricht am Ende „Empfehlungen“ für die Politik aus: bei der Gurtpflicht, Promillegrenze und Abbiegeassistenten für Lkw ist die Politik dem schon gefolgt. Beim Verkehrsgerichtstag im Januar 2109 hatte Ansgar Staudinger übrigens vor einer „Unterversicherung“ von Pleiten bei Airlines und Reiseanbietern gewarnt. Wenig später trat der Fall mit der Pleite von Thomas Cook ein, für die der Steuerzahler mit hohen Summen aufkommen muss. Staudinger sprach den Fall an. Er fühlt sich bestätigt.