Die Bahn will, dass sich die Stadt an den Baukosten für die Eisenbahnüberführungen beim Bahnhof Feuerbach beteiligt. Die Stadt lehnt aber eine Mitfinanzierung der Brücken ab und will lediglich die Kosten für den Ausbau der Borsigstraße übernehmen.

Feuerbach - Seit Jahren sind die Bauarbeiten am Bahnhof Feuerbach in vollem Gange. Um die Station mit dem künftigen Tiefbahnhof in der Innenstadt verbinden zu können, sind auch in Feuerbach umfangreiche Baumaßnahmen für Stuttgart 21 nötig. Im Zuge dieser Arbeiten wurde bereits die Fernbahnüberführung über die Borsigstraße verändert und verbreitert. Unter den beiden dort verlaufenden Bahnbrücken für die S- und Fernbahngleise hat die Bahn zudem das Industriegleis entfernt.

 

Doch während am Bahnhof Feuerbach auf engstem Raum gebaggert, gegraben und gebaut wird, knirscht es derzeit zwischen der Stadt und der Bahn hörbar. Gestritten wird mal wieder um eine Kostenbeteiligung. Konkret geht es diesmal um zwei Eisenbahnüberführungen über die Borsigstraße, die eine für die Fernzüge, die andere für die S-Bahnen. Die Bahn will, dass sich die Stadt an den Bau-, beziehungsweise den Sanierungskosten für die Eisenbahnüberführungen beim Bahnhof Feuerbach beteiligt. Die Stadt lehnt eine Mitfinanzierung der Brücken ab.

Stadt will die frei gewordene Fläche als vierte Fahrspur nutzen

Doch der Reihe nach: Die Stadt plant für die nähere Zukunft fest damit, durch die Wegnahme der Industriegleise die frei gewordene Fläche der Bahn als vierte Fahrspur für die B 295 nutzen zu können. Die Verkehrsplaner wollen so ihr neues Verkehrskonzept für die B 295 umsetzen. Vorgesehen und bereits vom Gemeinderat abgesegnet ist, die Bludenzer-/Bregenzer- und Tunnelstraße vom B-295-Verkehr zu entlasten und den Durchgangsverkehr künftig über die Borsigstraße zu führen.

Dafür muss allerdings eine vierte Spur geschaffen werden. Doch das für die Umsetzung dieser Pläne notwendige Grundstück im Bereich der Unterführungen gehört der Deutschen Bahn. Deshalb muss eine Regelung im Rahmen des Eisenbahnkreuzungsgesetzes zwischen DB und Stadt getroffen werden. Doch über die Ausgestaltung der Vereinbarung gehen die Vorstellungen von Bahn und Stadt offenbar meilenweit auseinander.

Die Auffassung der Bahn ist in der Gemeinderatsdrucksache 912/2017 nachzulesen: „Die Deutsche Bahn braucht für ihre Zwecke nur Überführungen über drei Spuren. Sie hat nur wegen der Planungen und Beschlüsse der Landeshauptstadt Stuttgart eine größere lichte Weite hergestellt“, heißt es darin. Im wirtschaftlichen Ergebnis bedeutet dies für die Bahn: Die Stadt soll den Differenzbetrag bezahlen, den der Bau einer Fernbahnüberführung über vier statt über drei Fahrbahnspuren gekostet hat. „Im Falle der Eisenbahnüberführung Fernbahn ergibt sich nach bisherigem Kostenstand für die Landeshauptstadt Stuttgart ein Kostenanteil in Höhe von circa 40 Prozent aller kreuzungsbedingten Baukosten abzüglich eine Vorteilsausgleichs“, sagt ein Bahnsprecher. Laut städtischer Vorlage beziffert die Bahn den Anteil auf geschätzte eine Million Euro.

Die Stadt will sich aber auf einen solchen Deal nicht einlassen: „Die Bahn hatte bislang nie geäußert, die Fernbahnüberführung nur über drei Spuren bauen zu wollen. Auch der S21-Planfeststellungsbeschluss hat einen Querschnitt in der bisherigen Breite festgelegt“, heißt es in der städtischen Vorlage. Die Stadt vertritt die rechtliche Auffassung, dass sie nur die Kosten des Straßenbaus übernehmen muss: Im Übrigen sei „der Bau der Eisenbahnüberführung Fernbahn unter Beibehaltung des heutigen Lichtraumprofils auch Bestandteil des Finanzierungsvertrags von Stuttgart 21 vom 2. April 2009“ gewesen.

Verhandlungen sollen weitergeführt werden

Doch der Fall ist knifflig. Denn die Stadt ist auch auf das Wohlwollen der Bahn angewiesen, da ja der Grund und Boden für die dringend benötigte vierte Fahrspur der Bahn gehört. Die Verwaltung will daher die Verhandlungen für die notwendige Vereinbarung mit der Bahn weiterführen, um eine gütliche Einigung zu erreichen – allerdings ohne für die Brücken zu zahlen. Im Umwelt- und Technikausschuss des Gemeinderats steht das Thema am Dienstag auf der Tagesordnung. Die Verwaltung wird über den Sachstand berichten und die Position der Stadt darlegen, auch um sich vom Gemeinderat per Beschluss die notwendige Rückendeckung zu holen. „Wenn der UTA die bisherige Verkehrskonzeption bestätigt und die Stadt Stuttgart dies der Bahn mitteilt, dann hat die Landeshauptstadt ein Anrecht darauf, dass die vierte Spur zur Verfügung gestellt wird“, sagt Andrea Hermesmeier, die im Büro des Oberbürgermeisters für die rechtliche Steuerung und Koordinierung der Fragen im Zusammenhang mit S 21 zuständig ist.

„Die Projektpartner befinden sich im intensiven Austausch“, sagt ein Bahnsprecher. Man gehe davon aus, dass „eine einvernehmliche Regelung entsprechend der gesetzlichen Grundlagen gefunden wird“.

SPD-Stadträtin Susanne Kletzin hält den Weg der Stadt für richtig, die Verhandlungen weiter zu führen, aber gleichzeitig hart zu bleiben, bei der Ablehnung der von der Bahn geforderten Mitfinanzierung der Brücken. Dass die Bahn hier finanziell pokere, habe nämlich allein mit den Mehrkosten für S 21 zu tun.

Der Freie-Wähler-Stadtrat Jürgen Zeeb argumentiert ähnlich: „Wir wollen uns nicht auf die Winkelzüge der Bahn einlassen.“ Im Übrigen, sagt Zeeb, sei er Bürgermeister Dirk Thürnau und den entsprechenden Fachämtern dankbar, dass sie dieses Thema auf die öffentliche Agenda gesetzt und Ungereimtheiten bei dieser Angelegenheit rechtzeitig erkannt hätten. Dies müsse mal positiv erwähnt werden.