Der Gemeinderat diskutiert seit Jahren die Verkehrsplanung für die nächsten 15 Jahre – mit wissenschaftlicher Hilfe. Nun sind die Bürger um ihre Meinung gefragt.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Herrenberg - Ganz obenan auf der städtischen Mitteilung steht eine Frage: „Was ist der Imep?“ Das Kürzel steht für das Wortungetüm „integrierter Mobilitätsentwicklungsplan“, das sich allerdings auch nicht jedem Herrenberger erschließen dürfte. Soll es aber. Die Stadt tüftelt an ihrer Vision für die Mobilität der Zukunft, dies bereits seit Jahren und mit wissenschaftlicher Begleitung. Seither hatte sich überwiegend der Gemeinderat in Erhebungen rund ums Thema Verkehr vertieft. Nun soll jeder mitdiskutieren dürfen, der sich berufen fühlt. Am 6. Februar ruft die Stadt deshalb zur Bürgerversammlung auf. Wer teilnehmen will, muss sich anmelden. Dies spätestens bis zum nächsten Mittwoch, 31. Januar.

 

Zwar zufälliger-, aber auch passenderweise wird sich einen Tag zuvor offenbaren, welche Kontroversen zu erwarten sind. Am Dienstag übergibt eine Bürgerinitiative dem Oberbürgermeister Thomas Sprißler eine Liste mit Protestunterschriften. Die Gruppe fordert eine Verkehrsberuhigung der Horber Straße, einer Hauptverkehrsader, dies ausdrücklich nicht erst, wenn Imep in Kraft ist. Allerdings ist, wenn der Verkehr auf einer Straße behindert wird, zu erwarten, dass er sich auf eine andere verlagert. Weshalb als oberstes Ziel der Zukunftspläne gilt, die Zahl der Autofahrten in Herrenberg zu senken. Ein Minus von sieben Prozent ist Diskussionsgrundlage.

63 Prozent der Herrenberger sind beruflich aufs Auto angewiesen

Ob diese Meinung in den anstehenden Bürgerversammlungen mehrheitsfähig ist, bleibt abzuwarten. Gemäß Umfragen geben 63 Prozent der Herrenberger an, dass sie auf dem Weg zum Arbeitsplatz auf das Auto angewiesen seien. Dementsprechend erklärte die Mehrheit der Befragten, dass sie Bus und Bahn allenfalls im Ausnahmefall nutzen. Ähnliches gilt für den Radverkehr. Zwar hat rechnerisch jeder Herrenberger ein Fahrrad im Keller stehen, aber im Alltag wird es nur für elf Prozent der Wege als Fortbewegungsmittel genutzt.

Wer mitdiskutieren will, muss Zeit haben. Vier Stunden sind für die Versammlungen angesetzt, die sich formal Planungscafé nennen. Die erste Runde beginnt um 17.30 Uhr. Der Abend wird professionell moderiert. Für höchstens 90 Teilnehmer ist Platz. Sie sollen in Arbeitsgruppen mit bis zu 15 Köpfen sechs unterschiedliche Aspekte des Themas diskutieren. Alle 20 Minuten wechseln die Teilnehmer den Tisch, damit jeder von allen Teilaspekten zumindest einmal gehört hat.

Die Debatte ist nur ein Baustein für die Zukunftspläne

Das Ergebnis der Debatte soll in die Überlegungen zur Zukunft des Verkehrs einfließen, sie aber nicht bestimmen, denn Gleiches gilt für Untersuchungen der Universität Stuttgart und des Fraunhofer-Instituts, Empfehlungen der städtischen Planer und letztlich die Mehrheitsmeinung im Gemeinderat. Hinzu kommen Ergebnisse weiterer Arbeitsgruppen, die bereits zusammengekommen sind. In ihnen haben sich geladene Vertreter unterschiedlichster Interessensverbände auseinandergesetzt – wenn auch nicht unbedingt geeinigt. Insbesondere zur angepeilten Reduzierung des Autoverkehrs „herrschten unterschiedliche Meinungen“, teilt die Stadt mit.

Zum Jahresende soll der Imep bis zur Beschlussreife ausgearbeitet sein. Der Plan soll als Leitlinie für die nächsten 15 Jahre dienen, und „ist untrennbar mit der Stadtentwicklung verknüpft“, heißt es aus dem Rathaus. Schließlich kosten Straßen und Parkhäuser genauso Platz wie Radwege oder Bushaltestellen.