Deutschland rangiert im Sektor Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinenbau weltweit auf Rang eins. Rund 40 Unternehmen der Branche haben sich in Schwäbisch Hall in dem Verein Packaging Valley zusammengeschlossen.

Stuttgart - Ihre Produkte bestimmen unseren Alltag, aber die Branche blüht eher im Verborgenen. Und doch rangiert Deutschland im Sektor Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinenbau weltweit auf Rang eins. Eines der Zentren der Spezialisten liegt im Kreis Schwäbisch Hall und in Hohenlohe. Schon vor 150 Jahren wurden hier erste Verpackungsmaschinen hergestellt. Ehemalige Mitarbeiter der Pioniere haben sich mit immer wieder neuen Unternehmen selbstständig gemacht. Heute beliefern die ansässigen Maschinenbauer Anlagen für Konzerne wie Nestlé, Aldi, Kraft, Proctor & Gamble und Ratiopharm. Ihre Maschinen verpacken nahezu alle Produkte: Pharmazeutisches, Lebensmittel oder Kosmetika, flüssige oder feste Stoffe.

 

Rund 40 Unternehmen der Branche haben sich in dem Verein Packaging Valley zusammengeschlossen – eine Selbstbewusstsein dokumentierende Wortschöpfung in Anlehnung ans kalifornische Silicon Valley. Messeauftritt etwa auf der Pack Expo in Chicago oder der Interphex in Tokio sowie Weiterbildungsangebote und Workshops zahlen sich für die meist familiengeführten Unternehmen offenbar aus. Die Mischung aus Kooperation und Konkurrenz funktioniert. „Der unmittelbare Wettbewerb auf engstem Raum motiviert bis heute, immer noch besser sein zu wollen als der Kollege in der Nachbarschaft“, sagt Bernd Hansen, Vorstand von Packaging Valley, Chef der Hansen Gruppe und der Firma Kocher-Plastik Maschinenbau in Sulzbach-Laufen.

Eine Verpackungsanlage kostet nicht selten eine Million Euro

Mit rund 5000 Mitarbeitern erwirtschaften die im Verbund zusammengeschlossenen Unternehmen – insgesamt sind mehr als 8000 Fachkräfte allein im Landkreis Schwäbisch Hall in der Verpackungsindustrie beschäftigt – einen Umsatz von rund einer Milliarde Euro, der Exportanteil liegt bei mehr als 80 Prozent. Größter im Verpackungsverbund ist die Optima Packaging Group Schwäbisch Hall mit etwa 1800 Mitarbeitern weltweit und einem Umsatz von rund 250 Millionen Euro. Der Optima-Chef Hans Bühler ist ein Enkel von Gründer Otto Bühler, der 1922 Waagen für die Abfüllung von Lebensmitteln baute. Mit der Umstellung der Produktion auf Verpackungsmaschinen stieß das Unternehmen in eine Marktlücke.

Ganz unterschiedliche Unternehmenszweige machen deutlich, wie breit der Spezialmaschinenbauer aufgestellt ist. Kraft verpackt Suppen und Soßen auf Optima-Maschinen, Aldi Kaffeepads, Alpecin Haarpflegemittel. Andere Konzerne verpacken Wattepads oder sterile Arzneimittel und Wundauflagen. Der Prozess ist höchst komplex, praktisch jede Maschine eine Einzelanfertigung.

Eine Maschine, die individuelle Parfums mischt

Den Wünschen der Kunden entsprechend entwickeln die Unternehmen – viele in ihrem Spezialsegment Weltmarktführer – ein individuelles Produktionskonzept. Verpackungsingenieure und -techniker konfigurieren die Maschine entsprechend, etwa mit Technologien zum Füllen, Transportieren, Falzen, zum Greifen und Verschließen der Produkte. Die aufwendigen Verfahren haben ihren Preis. Eine komplette Verpackungsanlage kostet nicht selten eine Million Euro oder mehr.

Und die Herausforderungen an die Branche sind immens. Das wurde beim Kongress „Verpackung 2020“ des Verbands mit rund 240 Teilnehmern aus 20 Ländern in dieser Woche in Schwäbisch Hall deutlich. Stefan Brünner von Proctor & Gamble forderte „automatisierte und maßgeschneiderte“ (Transport-)Verpackungen je nach Abnehmer – seien es Hypermarkets wie Metro, Discounter wie Lidl oder Tante-Emma-Läden.

Wie die anspruchsvolle Logistik oder der Wunsch nach Individualisierung von Produkten umgesetzt werden können, zeigte Wolfgang Wahlster vom Deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz auf: „Der Austausch von Informationen unter den Maschinen“, unter dem Schlagwort Industrie 4.0 ein zentrales Thema auf der Hannover Messe, werde die Produktion verändern. Hans Bühler sieht sein Unternehmen schon auf dem besten Weg in die Zukunft. Optima hat eine Maschine konstruiert, die individuelle Parfums mischt.