Apps als Versicherungsmakler gibt es inzwischen viele auf dem Markt – wie gut die Beratung ist, hat die Stiftung Warentest geprüft und die Schwächen offengelegt.

Berlin - Die Versicherungsunterlagen füllen ganze Aktenordner, den Überblick über Hausrat-, Haftpflicht-, Unfall- und Kfz-Versicherungen zu behalten fällt schwer. Zumal man die Ordner ohnehin nur dann aus dem Regal zieht, wenn es unbedingt nötig ist. „Alle Verbraucher haben Versicherungsbedarf, und im schlimmsten Fall geht es um die Existenz“, sagt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher beim Bund der Versicherten (BdV). Dennoch beschäftigt sich kaum jemand gerne damit.

 

Abhilfe schaffen Makler-Apps: Anbieter wie Knip, Clark, Feelix und Co. versprechen, alle Versicherungen ihrer Kunden papierlos zu betreuen. Alles, was der Kunde braucht, ist die entsprechende App. Und die steht gratis im jeweiligen App-Store zum Download bereit. Bestehende Verträge werden eingegeben, Versicherungslücken identifiziert und die dafür passenden Policen vermittelt – so lautet das Versprechen. Auch Schadensfälle sollen über die App abgewickelt werden.

„Knip“ und „Clark“ wurde insgesamt mit „Gut“ bewertet

Sieben solcher Versicherungs-Apps hat die Stiftung Warentest für die aktuelle Ausgabe ihres Magazins „Finanztest“ einem Test unterzogen, Get Safe bekam die Testnote „befriedigend“. Die Konkurrenz von Knip und Clark wurde zwar insgesamt mit „Gut“ bewertet, insgesamt hatten die Warentester aber bei sämtlichen Anbietern einiges auszusetzen am Datenschutz, an den AGB und insbesondere der Beratungsqualität – dem wichtigsten Prüfkriterium.

Vorsicht: Bestehender Vertrag mit richtigem Makler wird aufgehoben

Was viele Verbraucher nämlich nicht wissen: Ein Kunde, der seine Versicherungen per App verwalten will, muss dem jeweiligen Anbieter zunächst das Maklermandat übertragen. Das bedeutet, dass er seine kompletten Versicherungen mit persönlichen Daten wie Wohnort, Einkommen und Familienstand von seinem bisherigen Versicherungsvertreter auf das neue Unternehmen überträgt. Dadurch wird ein eventuell bereits bestehender Vertrag mit dem Makler vor Ort aufgehoben, der dann auch im Schadensfall nicht mehr zuständig ist. Darauf weisen die Apps laut Angaben der Stiftung Warentest oftmals auch nur im Kleingedruckten hin.

Beratung sollte lieber persönlich ablaufen

Grundsätzlich versprechen Get Safe, Clark und Co die gleichen Dienstleistungen, wie sie auch ein ganz normaler Versicherungsmakler erbringt: Ein Makler ist Bindeglied zwischen Kunde und Versicherern. Er berät den Kunden, ermittelt seinen individuellen Bedarf und empfiehlt ihm die passenden Versicherungen. Für die Vermittlung einer Police erhält er eine Vergütung vom Versicherer. Makler betreuen zudem bestehende Policen, kündigen oder optimieren sie. Und sie unterstützen ihre Kunden im Schadensfall. Diese Dienstleistungen in einer App zu bündeln ist ein durchaus anspruchsvolles Unterfangen. Denn gerade die Beratung muss sehr ausführlich und individuell sein, um die wirklich passenden Versicherungslösungen zu ermitteln, sagt nicht nur die Stiftung Warentest.

Und genau an diesem Punkt zeigten die getesteten Apps ihre Schwächen. Die Warentester stellten drei Beratungsfragen, in denen es beispielsweise um die Qualität einer bestehenden Privathaftpflichtpolice, die Wichtigkeit einer Unfallversicherung oder falsche Vorstellungen zur Leistung einer Hausratversicherung ging. Das Ergebnis: Keine einzige Makler-App beriet in allen Fragen sehr gut. Mal wurde die eine, mal die andere Beratungsanfrage zufriedenstellend beantwortet, Lücken gab es aber überall.

Mehrzahl der Verbraucher informieren sich per App

In der Versicherungsbranche stoßen die digitalen Neulinge nicht zuletzt aus diesem Grund auf Skepsis. Beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) betont man, der Löwenanteil der Policen werde immer noch auf Grundlage persönlicher Beratung durch einen Vertreter oder Makler abgeschlossen. Der Verband beruft sich dabei auf eine Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Demnach informieren sich zwar vier von fünf Deutschen (82 Prozent) online vor dem Versicherungskauf, abgeschlossen werden die Policen dann aber mehrheitlich klassisch auf Papier. Die Mehrzahl der Befragten (55 Prozent) kann sich demnach auch künftig nicht vorstellen, eine Versicherung via Internet oder Smartphone-App abzuschließen.

Die Ablehnung von Online-Abschlüssen zieht sich dabei durch alle Altersgruppen. Selbst bei den unter 30-Jährigen wollen 40 Prozent auch in Zukunft Versicherungen nicht im Internet kaufen. „Wir haben es – anders als man gemeinhin vermutet – somit nicht mit einer aussterbenden Zielgruppe zu tun, die den personellen Vertrieb nutzt“, sagt Christian-Hendrik Noelle, Geschäftsführer Digitale Agenda, IT und Services des GDV.

Unabhängige Beratung bietet auch die App „BedarfsCheck“

Um unabhängige Informationen über den jeweiligen Versicherungsbedarf zu bekommen, ist auch nicht unbedingt eine Makler-App notwendig. Auch Verbraucherschutzorganisationen wie der Bund der Versicherten (BdV) bieten kostenlose Beratungs-Apps an, die in Sachen Versicherungsschutz den persönlichen Bedarf analysieren, ohne dabei gleich als Makler neue Policen vermitteln zu wollen. „Mit der App ‚BedarfsCheck‘ wollen wir gerade junge Menschen motivieren, sich mit dem Thema Versicherung auseinanderzusetzen“, erklärt BdV-Vorstand Kleinlein. Mit wenigen Fragen zur persönlichen Lebenssituation skizziert die App die grundlegenden Lebensrisiken, bewertet diese in einem Ranking und gibt Hinweise auf die empfohlenen Versicherungsarten. Damit, so Kleinlein, könne jeder die Ratschläge seines Vermittlers überprüfen.