Fällt es schwer, sich unter diesen Bedingungen ganz und gar auf Fußball zu fokussieren?

 

Nein, man kann sich bei den Spielern sogar besser Gehör verschaffen, die Anweisungen in einem leeren Stadion sind leichter verständlich.

Was bemerken Sie an den Spielern? Wie gehen die damit um?

Auch für sie ist das eine gänzlich ungewohnte Situation, auf die wir uns alle bestmöglich vorbereitet haben. Erst im eher isolierten Kleingruppen-Training, als die Spieler wie am Fließband auf den Platz gekommen und ihn hinterher innerhalb von 15 Minuten auch schnell wieder verlassen haben. Inzwischen ist das Teamgefühl besser, auch wenn wir uns nach wie vor beispielsweise in verschiedenen Umkleidekabinen umziehen müssen. Damit geht auch ein Stück Gemeinschaftlichkeit verloren. Sich vor und nach dem Training oder den Spielen Dinge um die Ohren zu hauen, das fehlt. Oder einen Spieler, der mit sich hadert, wieder aufzubauen und ihn einfach in den Arm zu nehmen. Fußball lebt vom Teamspirit.

Gewöhnt man sich so langsam an die Ausnahmesituation?

Vor dem ersten Pflichtspiel waren wir eine Woche lang in Quarantäne im Schlosshotel Monrepos in Ludwigsburg. Wir durften nicht raus, waren komplett kaserniert. Dort wurden wir dreimal getestet. Inzwischen passiert das nur noch zweimal, bei Englischen Wochen bleibt’s bei dreimal. Immer am Tag vor dem Spiel morgens, abends steht das Ergebnis fest und damit auch, wer für die Spiele berücksichtigt werden kann.

Ist das unangenehm?

Am Anfang vielleicht, da ist man noch etwas verkrampft. Inzwischen gehe ich lockerer damit um. Mit dem Stäbchen wird ein Abstrich in der Nase oder im Rachen genommen.

Geisterspiele, also unter Ausschluss der Öffentlichkeit, sind ein Bestandteil der Bestimmungen der Deutschen Fußball-Liga. Was macht das mit dem ursprünglichen Charakter des Fußballs und seiner gewohnten Atmosphäre?

Das sorgt für ein ganz komisches Gefühl. Zumal wir außerhalb des Spielfeldes auch noch Abstand untereinander halten müssen. Normalerweise ist man als Team ganz eng beieinander, auch auf der Bank. Aber klar ist, dass durch die Zuschauer eine ganz andere Stimmung, viel mehr Leidenschaft von den Rängen kommt. Auch wenn es letztlich die Gruppe auf dem Feld richten muss. Aber ohne Zuschauer wird das nicht einfacher.

Beschreiben Sie mal, was Ihnen in den zwei Stunden in einem großen Stadion vor leeren Rängen durch den Kopf geht, wo man jedes Wort hört und Gefühlsregungen eigentlich untersagt sind?

Das ist alles irgendwie unwirklich. Jetzt merkt hoffentlich jeder, dass die Zuschauer ein ganz wichtiger Bestandteil der Spiele in den Bundesligen sind. Deshalb bin ich den Fans unglaublich dankbar, wenn sie wieder kommen, mitfiebern und leiden mit ihrer Mannschaft. Das macht den Fußball aus.

Ein Stück Gemeinschaftlichkeit geht verloren

Fällt es schwer, sich unter diesen Bedingungen ganz und gar auf Fußball zu fokussieren?

Nein, man kann sich bei den Spielern sogar besser Gehör verschaffen, die Anweisungen in einem leeren Stadion sind leichter verständlich.

Was bemerken Sie an den Spielern? Wie gehen die damit um?

Auch für sie ist das eine gänzlich ungewohnte Situation, auf die wir uns alle bestmöglich vorbereitet haben. Erst im eher isolierten Kleingruppen-Training, als die Spieler wie am Fließband auf den Platz gekommen und ihn hinterher innerhalb von 15 Minuten auch schnell wieder verlassen haben. Inzwischen ist das Teamgefühl besser, auch wenn wir uns nach wie vor beispielsweise in verschiedenen Umkleidekabinen umziehen müssen. Damit geht auch ein Stück Gemeinschaftlichkeit verloren. Sich vor und nach dem Training oder den Spielen Dinge um die Ohren zu hauen, das fehlt. Oder einen Spieler, der mit sich hadert, wieder aufzubauen und ihn einfach in den Arm zu nehmen. Fußball lebt vom Teamspirit.

Gewöhnt man sich so langsam an die Ausnahmesituation?

Ja, aber immer in der Hoffnung und mit dem Wunsch, dass die Fans bald wieder ins Stadion kommen dürfen.

Sie müssen als Co-Trainer eine Maske tragen. Eigentlich surreal, oder?

Das stimmt, das alles ist sehr ungewohnt und hemmt auch in gewisser Weise. Man muss lauter sprechen, um sich verständlich zu machen. Jeder kennt das doch, wenn er beim Bäcker ist und zwei Laugenbrötchen will. Dabei steht man ja noch dicht an der Theke. Der Trainer ist dafür ein ganzes Stück weiter weg, der muss immer wieder herkommen. Aber wenn es hilft, dadurch den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten, muss das halt so sein. Es geht bei dem Ganzen ja auch um die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit der Vereine.

Wie war das beim späten 3:2-Siegtor gegen den HSV nach 0:2-Rückstand? Sind Sie cool geblieben, oder vergisst man in dem Moment die Abstandsregel?

Das war schon eine außergewöhnliche, ja extreme Situation. Natürlich versuchen wir alles, um die Vorgaben zu befolgen, aber die Spieler haben es sicher nicht alle geschafft, in diesem Moment die 1,50 Meter Abstand einzuhalten. Doch, ganz ehrlich, wer schafft das schon im ganz normalen Alltag? Mir ist in diesem Spiel versehentlich auch passiert, dass ich mit der Getränkeflasche in der Hand zu einem Einwechselspieler auf die gegenüberliegende Spielfeldseite gelaufen bin. Das hätte ich nicht tun dürfen. Immerhin hat am Ende das Ergebnis gestimmt.

Im Speisesaal am Einzeltisch

Beschreiben Sie doch mal Ihren Tagesablauf?

Wir waren ja nur die eine Woche vor dem ersten Spiel alle im Hotel, seither bewegen wir uns ganz normal in Stuttgart. Einmal Training am Tag, dazu Vor- und Nachbereitung der Spiele. Danach geht’s nach Hause. Das alles geht gerade ratzfatz, nur noch zwei Spiele, dann ist die Saison zu Ende. Ich hoffe, dass wir den zweiten Platz verteidigen, dann gibt’s vielleicht noch eine Aufstiegsfeier – wie auch immer die in Corona-Zeiten aussehen kann.

Das heißt also, Sie befinden sich wie die Mannschaft plus Trainer- und Betreuerteam nicht mehr in fußballerischer Quarantäne?

Nein, das galt nur für die eine Woche vor dem ersten Spiel, dem 1:2 in Wehen. Wobei das auch eine ganz besondere Erfahrung war, mit einem normalen Trainingslager nicht zu vergleichen. Dazu gehören in der Regel teambildende Maßnahmen, es geht auch mal raus. Das war diesmal alles nicht möglich. Nur ein Beispiel: Im Speisesaal saß jeder an einem Einzeltisch, eineinhalb Meter von den anderen weg. Sehr ungewöhnlich. Dabei hat doch jeder von uns eigentlich den Drang, mit anderen zusammen zu sein. Gerade im Fußball und in allen anderen Mannschaftssportarten.

Wurde das auch überprüft?

Natürlich. Und wir wollten uns nichts zuschulden kommen lassen, um die Fortsetzung der Saison nicht zu gefährden. Die ganzen Horrorszenarien, die sich dabei manche Kritiker im Vorfeld ausgemalt haben, sind übrigens alle nicht eingetreten. Das Konzept der Deutschen Fußball-Liga funktioniert, ist für mich auch ein Beweis für deutsche Gründlichkeit. Dafür werden wir im Ausland auch bewundert und inzwischen kopiert.

Wie oft haben Sie seither im eigenen Bett daheim in Malmsheim geschlafen?

Inzwischen mache ich das wieder regelmäßig.

Und was sagt Ihre Familie zu dem Ganzen?

Wir sind seit 25 Jahren verheiratet, meine Frau weiß genau, dass das zum Fußball gehört. Und die eine Woche ging auch schnell vorüber.

Was ist mit Freunden? Keine getroffen seither?

Das ist schwer, darauf müssen wir gerade verzichten. Ich besuche nur meine Eltern, nicht einmal meine Geschwister. Ansonsten bin ich daheim oder gehe raus in die Natur, mit dem Hund eine Stunde lang, das genieße ich.

Vereine und DFL haben super Job gemacht

Die Frage muss kommen: Wie haben Sie das mit Ihrem Friseur geregelt? Manche Profis lassen ja ihren Star-Coiffeur einfliegen oder zu sich nach Hause kommen, um danach Fotos auf den sozialen Medien zu posten.

Im eigenen privaten Bereich war das möglich, bei dem Friseur, zu dem man Vertrauen hat und zu dem man schon immer geht. Zeit war’s jedenfalls nach rund zwölf Wochen, so lange Haare hatte ich schon lange nicht mehr.

Und wie machen Sie das, wenn Zahnpasta oder Duschgel ausgehen? Heiko Herrlich, Trainer des FC Augsburg, ging selbst im Supermarkt einkaufen, wurde prompt für ein Spiel gesperrt.

Meine Frau macht das, sie kauft für mich ein. Und bei Auswärtsspielen bekommt man inzwischen alles in den Hotels an der Rezeption. Was Heiko Herrlich getan hat, war absolut unklug, vor allem, darüber auch noch in der Pressekonferenz vor dem Spiel zu erzählen.

Das heißt aber, die aufgestellten Regeln lassen fast keinen Spielraum.

Es ist ein sehr begrenztes Fenster, in dem man sich bewegen darf. Am Anfang wurde das auch noch sehr restriktiv durchgezogen, inzwischen sind vielleicht erste Lockerungen möglich. Auch die Rückkehr der Fans wird wieder überlegt. Ich finde, die Vereine haben zusammen mit der DFL einen super Job gemacht. Wir malen uns immer das Negative aus, was alles passieren kann, sind aber in diese Aufgabe reingewachsen.

Wissen Sie schon, was Sie als Erstes machen werden, wenn die Saison vorüber ist oder die ganzen Corona-Einschränkungen nicht mehr gelten?

Urlaub, wegkommen von allem, was ganz anderes sehen. Vorher die Saison hoffentlich erfolgreich abschließen, dann abschalten, die Jungs in Ruhe lassen. Ich bin gottfroh, wenn wir das unter diesen Bedingungen sauber und gemeinsam hinbekommen.

Und wo soll es hingehen?

Das steht noch nicht fest. Aber warum nicht in der Nähe? Wir sind ein so gut aufgestelltes Land – in allen Bereichen.